Bauwerk

Seehaus Zell am See
Steiner Architecture f/f - Salzburg - 2022
Seehaus Zell am See, Foto: Florian Holzherr
Seehaus Zell am See, Foto: Florian Holzherr
Seehaus Zell am See, Foto: Florian Holzherr
14. November 2022 - Initiative Architektur
Der Ausgangspunkt für das versteckt am Zeller See liegende Haus war formal und postmodern: Louis Kahns Trenton Bath House (New Jersey, 1955). Wie bei diesem sitzt ein pyramidenförmiges Walmdach über einem quadratischen Sockel. Auch die Aufteilung des Erdgeschosses sowie der Innenhof orientieren sich an diesem Vorbild. Die gesamte Ausbildung des Seehauses in Zell erforderte allerdings Kräfte, die die Betonziegel des Hauses in Trenton nicht bieten würden. So bestehen die Mauern des Sockelgeschosses aus fünfzig Zentimeter starkem monolithischem Beton – allerdings mit einer nachhaltigen Wendung. Herkömmlicherweise würde man ein zweischichtiges System zur Anwendung bringen, bei dem ein nicht wieder verwendbarer Dämmstoff zwischen der äußeren und der inneren Betonschicht liegt. Hier wurde stattdessen Isolierbeton verwendet, bei dem wiederverwendetes Material zur Wärmedämmung in die Mischung gestreut wurde. Die gesamte Struktur kann im Fall eines Abbruchs umweltfreundlich wieder zerfallen. Ohne die herkömmliche Dämmschicht konnten die Fenster- und Türrahmen innerhalb der Laibungen frei platziert werden.

Die massiven Wände vermitteln den Eindruck von Stabilität, zu der gestalterische Kontrapunkte gesetzt wurden: ein üppiger gelber Vorhang im Keller, bunte Vorhänge im Erdgeschoss, ein fröhlicher Teppich im Flur darüber, Badezimmer mit bunten Fliesen. Eine weiße Wendeltreppe aus Stahl, so dünn wie möglich, verbindet alle drei Ebenen. Während der Sockel an Kahn erinnert, weist der hölzerne erste Stock nach Fernost. Die filigranen Fensterläden gleichen den schweren Beton darunter aus und bieten einen Ausblick, der sich deutlich von dem des Erdgeschosses unterscheidet. Trotz dieser Gegensätze wirkt das Gebäude klassisch in der Art und Weise, wie es das Gewicht verteilt, so dass es stattlich auf den unberührten See und die Altstadt von Zell am See auf dem gegenüberliegenden Ufer blickt. Klassisch in seiner Form, mit allseitig identen Ansichten und zentralen Portiken wirken diese Symmetrien geradezu palladianisch. Abgesetzt von diesem strengen Baukörper wirkt die Garage mit dem wasserdichten Vorhang, der sie umgibt, wie eine elegante Lounge – ein Pavillon für das Auto. Die Spannung zwischen den beiden Volumen bestimmt den Eingang zum Haus.

Es ließen sich selbstverständlich noch andere architektonische Bezüge wie zu Frank Lloyd Wrights Westcott House (1908) und dem DeRhodes House (1906) herstellen, die beide hölzerne Obergeschosse besitzen, die auf massiven Sockeln ruhen. Kahn, Wright und die Architektur Japans sind bewusst gewählte Bezüge, die dem Projekt, die regionale Sprache, ja den Zeller Dialekt jedoch nicht genommen haben. Es wurde der Versuchung widerstanden, das elaborierte Wissen und die Architekturgeschichte zu zitieren und zu rezitieren. In der Auseinandersetzung mit ikonischen Bauten der Moderne entstand etwas Neues, das in manchen Elementen, wie dem auskragenden Dach mit den darunter liegenden, paraventartigen hölzernen Fensterländen und durch die Feinheit der Handwerkskunst wie eine natürliche Weiterentwicklung der halb im Alpenwald versteckten Nachbarhäuser erscheint. (IA, nach einem Text der Architekten)

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Für den Beitrag verantwortlich: Initiative Architektur

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