Bauwerk

Gemeindebau Aspern H4
WUP architektur - Wien (A) - 2023
Gemeindebau Aspern H4, Foto: Luiza Puiu
Gemeindebau Aspern H4, Foto: Luiza Puiu
7. Juli 2023 - Az W
Der Gemeindebau Neu in der Seestadt Aspern beruht auf einem innovativen System, das Offenheit, Großzügigkeit und Veränderbarkeit der Wohnungen bietet – bei unschlagbaren Mietpreisen von derzeit € 7,90 pro Quadratmeter.

Im wirtschaftlich engen Kostenkorsett des geförderten Wohnbaus spielt Beton als Baumaterial nach wie vor eine zentrale Rolle. Wird er intelligent eingesetzt, kann er durchaus zur Nachhaltigkeit beitragen: durch einen sparsamen und auf die technisch notwendigen Elemente reduzierten Einsatz und eine durchdachte Systematik, die ein Gebäude über Generationen hinweg flexibel nutzbar macht.
Das Tragsystem des Asperner Gemeindebaus besteht aus lediglich zwei tragenden Mittelmauern, einer in schlanke Wandscheiben aufgelösten Außenwand und Decken mit minimierter Deckenstärke. Die tragenden Mittelmauern erlauben den Einbau der geforderten WK3-Türen, die aufgelöste Außenwand den Einbau von großen, raumhohen Fenstern und an den Betondecken sind umlaufende Balkone mit großen Auskragungen (stützenfrei) ausführbar.
Durch den minimalen Einsatz von Beton wird eine maximale räumliche Flexibilität erzielt. Die Wohnungen sind leicht anpassbar an unterschiedliche Lebenssituationen, und in fünfzig Jahren kann das Haus vielleicht als Großraumbüro genutzt werden. Die wenigen, sinnvoll platzierten tragenden Elemente räumen eine zukunftsfähige Flexibilität ein, die scheinbar simple Hülle kann Umbauten und Umnutzungen leicht aufnehmen, dies gewährleistet eine lange Lebensdauer des Gebäudes.

Der Wiener Gemeindebau übernimmt seit jeher eine Vorreiterrolle in Sachen Wohnbau. Um auf zukünftige gesellschaftliche Entwicklungen zu reagieren und um möglichst lange für seine Bewohner:innen ein gut nutzbarer Lebensraum zu bleiben, muss er anpassungsfähig und flexibel sein und so neue Wohntypologien und unterschiedliche Formen des Zusammenlebens ermöglichen.

Schiebewände – die in einem Drittel der Wohnungen umgesetzt werden konnten – und Zimmer mit zwei Zugängen gewährleisten hohe Flexibilität und rasche Anpassbarkeit. Die Bewohner:innen können dadurch die Wohnung entsprechend ihren individuellen Bedürfnissen gestalten und frei interpretieren. So kann zum Beispiel eine Typ-B-Wohnung mit 2 Zimmern leicht adaptiert und wie eine 4-Zimmer-Wohnung genutzt werden. Damit kann selbst in den durchwegs kleinen Wohnungen kurz- oder langfristig Platz geschaffen werden für das Homeoffice, das Wochenendkind oder die Pflegerin. Die Wohnung kann in kleinteilige Nutzungsbereiche gegliedert oder einfach als Loft genutzt werden. Die Rundum-Begehbarkeit der Wohnungen und die großzügigen Außenräume stellen spezielle Qualitäten dar.

Die Farbgebung der Fassade orientiert sich an jener der klassischen Wiener Gemeindebauten: großflächige Farbfelder unterteilen die Fassade - damit wird mit vergleichsweise geringen budgetären Mitteln eine abwechslungsreiche strukturelle Gestaltung erzielt. Dieses Prinzip wird auch im Inneren fortgeführt.
Kunststofffenster ohne Deckschalen, verzinkte Geländer, Wärmedämmverbundsystem – der Gemeindebau reagiert auf die wirtschaftlichen Bedingungen des Marktes. Der Fokus liegt damit nicht auf der Materialität des Gebäudes, sondern auf der Qualität der Wohnungen: umlaufende Balkone, große, raumhohe Fenster, Schiebewände und Gliederung in Nutzungsbereiche statt fix vorgegebene Zimmeraufteilung – die Gebrauchstauglichkeit steht im Vordergrund. Erst im Gebrauch erfährt das Konzept seine volle Entfaltung. Ein offenes, zugleich pragmatisches Konzept, das der Lebendigkeit, Dynamik und Vielfältigkeit der modernen Gesellschaft gerecht wird. (Text der Architekten, bearbeitet und ergänzt von Maria Welzig)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

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