Bauwerk

Streckhof reloaded
freistil - Burgenland - 2022
Streckhof reloaded, Foto: Martin Fülöp
Streckhof reloaded, Foto: Martin Fülöp
Eine zwar ausreichend große, aber aufgrund ihres Zuschnitts vermeintlich nicht bebaubare Parzelle mitten im Ortskern von Schützen am Gebirge erweckte zu Beginn des Projekts das Interesse der Bauherrenschaft. Nach Abstimmungen mit der Gemeinde und den Nachbarn konnte eine Lösung für die etwas verzwickte Zufahrtsituation gefunden und die Eignung als Bauplatz somit sichergestellt werden.

Streckhöfe - für die Bebauungsstruktur eines Angerdorfs im Burgenland typisch - prägen die Nachbarschaft. Die feine städtebauliche Körnung der schmalen Parzellen und das Spiel der historisch gewachsenen, unregelmäßigen Dachlandschaften entlang der Hauptstraße tragen wesentlich zum Ortsbild bei und gelten als schützens- und erhaltenswert.
Die typische Struktur der traditionellen Streckhöfe sieht einen starken Bezug aller Räume zum angrenzenden Innenhof vor. Bei den langgestreckten, schmalen Proportionen der Grundstücke diente der Innenhof als geschützter Freiraum und der Durchwegung und ermöglichte die Belichtung aller Innenräume. Die Erschließung der einzelnen Gebäudeteile erfolgte entlang der Häuserzeile geschützt unter einem Vordach, die sich mitunter in kleine Arkaden weiterentwickelte.
Die Grundideen der Streckhof-Typologie sollten trotz der äußerlich beengten Platzverhältnisse aufgenommen und in ein individuelles Konzept für diese Baulücke umgelegt werden.

Der ursprüngliche, langestreckte Hof wurde in mehrere, kleinere Innenhöfe zerteilt, um punktuell Platz für breitere Volumina zu schaffen. Als Analogie zur traditionellen Erschließung wurden die Arkaden ins Innere des Baukörpers geholt und in eine „rue interieur“ übersetzt. Entlang dieser „internen Gasse“ entfaltet sich nun ein offenes, vielschichtiges Gefüge aus Innen- und Aussenräumen. Enge und Weite wechseln sich genauso ab, wie niedrige und überhöhte Räume. Die differenzierte Höhenstaffelung der Baumasse hilft punktuell zu verdichten und das geforderte Raumprogramm trotz der Linearität des Bauplatzes in eine funktionale und alltagstaugliche Grundrissgestaltung überzuleiten.
Verbindendes Element aller räumlichen Operationen ist das Bestreben möglichst viel natürliches Tageslicht in die Innenräume und Innenhöfe zu holen. Beim Durchschreiten des Hauses offenbart sich somit ein lichtdurchfluteter, großzügiger Raumeindruck, der sich aus den Überlagerungen vieler unterschiedlicher Szenen des Tagesablaufs zusammensetzt.

Von der Straße kommend, finden nur aufmerksame Besuchende auf Anhieb den Weg durch die verwinkelte schmale Einfahrt zu Garage und Haupteingang. Dem großzügigen Entrée mit Treppe ins Obergeschoß und Blick in den Patio folgt ein niedriger Schwellenraum, der die Sofa-Ecke und die Küche aufnimmt und in den massiv überhöhten Essbereich führt, der vor allem morgens von der Sonne durchflutet wird. Vom Wohnbereich geht es weiter in die privateren Bereiche des Hauses mit Masterbedroom, Bad, Wellness und Fitnessraum. Die große Terrasse mit Pool im Innenhof grenzt an alle Wohnbereiche im Erdgeschoß und lässt als Herzstück des Hauses die Grenzen zwischen Innen- und Außenraum verschwimmen. Im Obergeschoß bietet eine kleine Einlieger-Einheit Rückzugsraum für Gäste oder zukünftige Kinder.

Entsprechend der baulichen Tradition im Burgenland wurde das Gebäude in Massivbauweise errichtet. Das Ziegelmauerwerk wurde, wo statisch notwendig, durch eine Stahlbetonkonstruktion ergänzt. Die Schrägdächer wurden als Betonsargdeckel-Konstruktion ausgeführt und mit Kunststoffabdichtungsbahnen gedeckt. Als Gegenpol zur eigenständigen, extrovertierten räumlichen Ausformulierung der Baumasse, nimmt die Fassadengestaltung starke Anleihen bei ihrer Umgebung und so fügt sich der Baukörper mit seinen schlichten, weißgeputzten Flächen nach außen hin scheinbar unaufgeregt ins Ortsbild ein. (Architekt:innen, bearbeitet)

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Für den Beitrag verantwortlich: ARCHITEKTUR RAUMBURGENLAND

Ansprechpartner:in für diese Seite: Nikolaus Gartnerng[at]raumburgenland.at

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