Bauwerk

Klein-Wohnanlage im Pitztal
Hanno Parth - Arzl im Pitztal (A) - 2002

Natürlich gefilterter Ausblick

Neue Häuser

Eine kompakte Klein-Wohnanlage im Pitztal verbindet das Bedürfnis nach dem Wohnen im Grünen mit einem sehr sparsamen Umgang mit Bauland.

5. Oktober 2002 - Franziska Leeb
Die Siedlung Osterstein liegt auf einer Anhöhe über dem Ort Arzl im Pitztal. Mächtige Einfamilienhäuser mit großen Gärten und roten Giebeldächer bestimmen das Ortsbild. Nur ein Gebäude bricht dem ersten Anschein nach die Idylle. In seiner Ausdehnung ist es zwar kaum größer als die Nachbarhäuser, aber seine mit grauen Faserzementplatten verkleidete Straßenfront mit vier kleinen Fenstern hat so gar nichts mit den drallen Residenzen rundherum gemeinsam.

Hinter den vier Fenstern, die mit schwarzen Einfassungen konturiert sind, liegen die Badezimmer der vier Wohnungen, die der recht kompakte Baukörper beherbergt. Alle anderen Räume orientieren sich zu den seitlichen Grünstreifen oder zur Aussicht ins Tal. Die Lage an der steil abfallenden Hangkante zwingt nämlich fast dazu, diesen Ausblick zu thematisieren.

Deshalb liegen hier auch die Wohnräume, die sich mit raumhohen Fenstertüren auf die Terrassen unter dem weiten Dachvorsprung öffnen. Ein bereits bestehender Föhrenhain filtert den Talblick, spendet etwas Schatten und verleiht dem Grundstück eine natürliche Fassung, die in dieser Exponiertheit Schutz gibt. Von den Wohnräumen gibt es jeweils noch eine zweite Austrittsmöglichkeit auf Terrasse oder Balkon an den Seitenfassaden. Sogar alle Schlafzimmer verfügen über das Privileg eines direkt zugänglichen Außenraums.

Architekt Hanno Parth thematisierte diese zwei Gesichter des Wohnhauses - wehrhaft geschlossen und großzügig offen - auch in den Materialien. Als Gegensatz zu den hart wirkenden Faserzementplatten an der Straßenseite sind alle anderen Seiten mit unbehandelten Sperrholzplatten verkleidet. Durch den breiten Dachvorsprung und die Balkone sind sie witterungsgeschützt.

Im Obergeschoß, das durch das ansteigende Dach mit höheren Räumen aufwartet, läuft die äußere Verkleidung der Dachuntersicht mit sägerauen, ebenfalls unbehandelten Platten aus Douglasfichte im Inneren weiter. Die Geländer sind aus verzinktem Stahl, Stützen und Balkonplatten blieben in nacktem Sichtbeton. Raue Materialien als Reaktion auf die raue Gebirgswelt lautet das Konzept für die Materialwahl. Nur die Außenwände der Küchen im Süden erhielten eine rote Verschalung als Farbtupfer.

Abgesehen von den größeren Raumhöhen im Obergeschoß und individuellen Eigentümerwünschen sind die vier Dreizimmerwohnungen mit jeweils 82 m² Wohnnutzfläche gleichwertig. Bedingt durch die Hanglage liegt der Wohnbereich zwei Stufen höher als die Zimmer. Die Gebäudeform ergibt sich aus der Übersetzung des Grundstückszuschnitts in die dritte Dimension. Die Außenwände folgen der sich nach Süden weitenden Trapezform, die an der Hangkante einen leichten Knick aufweist. Das Dach mit seinen sieben Grad Neigung verläuft parallel zum Hang.

Diese direkte Übersetzung des Geländes in die Hausform wäre pure Willkür. In diesem Fall war der Grundstückszuschnitt der Funktion jedoch förderlich, wie Architekt Parth betont. Dort wo der Bauplatz am weitesten ist und am höchsten liegt, breiten sich die Wohnräume aus, dort wo der Platz enger und die Aussicht unattraktiv ist, liegen im Kellergeschoß beiderseits des Zuganges Autoabstellflächen und Kellerräume und in den überirdischen Geschoßen die Stirnseiten der Schlafzimmer und die Bäder.

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