Bauwerk

Einfamilienhaus - atrium cube
Bruno Sandbichler, Werner Krismer - Grub (A) - 2001

Ritterlich gemeistert

Neue Häuser

Moderne Raumkonzeptionen und handwerkliche Sorgfalt bilden bei einem Haus im Wienerwald eine glückliche Symbiose.

28. September 2002 - Franziska Leeb
Schon lang wünschte er sich, einmal ein Gebäude mit Klinkerfassade zu bauen, erzählt Architekt Werner Krismer.

Der Backstein war in der Geschichte der modernen Architektur ein Liebkind vieler Architekten wie Alvar Aalto, Louis I. Kahn oder Mies van der Rohe. Letztgenannter verwendete ihn zum Beispiel als Hülle für seine Häuser Lange und Esters in Krefeld sowie bei den Bauten am Campus des IIT in Chikago. „Der Backstein ist ein anderer Lehrmeister. Wie geistvoll ist schon das kleine, handliche, für jeden Zweck brauchbare Format. Welche Logik zeigt sein Verbandsgefüge. Welche Lebendigkeit sein Fugenspiel. Welchen Reichtum besitzt die einfachste Wandfläche, aber welche Zucht verlangt dieses Material“, zollte er dem „armen“ Material Respekt. Gemeinsam mit Architekt Bruno Sandbichler hat Krismer nun seinen ersten Bau mit vorgeblendeter Klinkerfassade in Grub im Wienerwald realisiert:

Nach außen geschlossen, zum Garten hin offen und zentral gelegen ein Atrium als sicht- und windgeschützter Außenraum. Warum der Typ des Atriumhauses nicht öfter anzutreffen ist, kann man nur schwer nachvollziehen. Schließlich ist dies die beste Möglichkeit, sich beim frei stehenden Einfamilienhaus einen Außenraum von hoher Intimität zu schaffen. Bei den Baubehörden stieß der Plan anfänglich auf wenig Gegenliebe. Eine geschlossene Straßenfassade, keine Fenster an der Schauseite und - oh Graus - noch dazu Flachdächer, das darf nicht sein.

Mit einiger Zähigkeit schafften es die beiden gebürtigen Tiroler gemeinsam mit der voll hinter dem Projekt stehenden Bauherrschaft schließlich doch, das Haus in der gewünschten Form umzusetzen. Eine „moderne Burg“ war sein Wunsch, erzählt der Bauherr. Dazu gehört ein geräumiger Wohnbereich mit großer Küche, wo es sich vorzüglich tafeln lässt, ein geschützter Hof, ein Graben, und ein „Bergfried“, von dem aus man den Überblick in die Umgebung hat.

Die Wohnräume des Hauses und die Garage sind also U-förmig um den Hof gruppiert. Der weitläufige Eingangsbereich im zweigeschoßigen Mittelteil dient zugleich als Verteilerzone und Garderobe. Viel Stauraum birgt eine lange Schrankwand, die von zwei Seiten beschickbar ist und gleichzeitig den Gang zu den Schlafräumen im hinteren Teil des Hauses abschirmt. Vom privaten Rückzugsbereich auf der Galerie gibt es Aus- und Überblick sowie einen Zugang auf die Dachterrasse.

Zum Hof und zum grünen Hang an der Südseite hin sind alle anschließenden Bereiche mit Fixverglasungen oder Schiebefenstern versehen. Die modernen Burgherren leben also in einem höchst kommoden, lichtdurchfluteten Ambiente.

Eine gewisse Wehrhaftigkeit nach außen rührt von den fensterlosen Außenmauern her. Aggressiv zur Umgebung ist das Haus dennoch nicht. Der Klinker, den man nach längerer Suche bei einem Schweizer Hersteller fand, ist von ansprechender Haptik. Es handelt sich dabei um einen Backstein mit grober Oberfläche.

Damit wurde die geschleckte, sterile Wirkung vermieden, die von den völlig glatten und irgendwie immer viel zu neu aussehenden Klinkern ausgeht. Dennoch wirkt das Raue hier nicht unangebracht archaisch oder pathetisch, sondern ist von lebendiger Stofflichkeit. Nicht nur das Ziegelgefüge, auch alle anderen Details wie die Holzfenster oder das Kupferdach auf dem erhöhten Trakt sind handwerklich sorgfältig gearbeitet. Krismer und Sandbichler zeichnen nicht nur für die Planung verantwortlich, sondern übernahmen auch das gesamte Baumanagement. Ihr Honorar haben sie durch professionelles Arbeiten sicher doppelt oder dreifach wieder eingespielt, sagt der Bauherr. Genau neun Monate dauerte es vom Aushub bis zum Einzug. Wieder einmal ein Beleg dafür, dass gut geplant bereits halb gebaut ist.

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