Bauwerk

Temporärer Ausstellungspavillon «Arco»
2b Architectes - Madrid (E) - 2002

Schweizerkreuz im Barockpalast

Zwei junge Romands bauen in Madrid

2. August 2002
Nicht erst seit Herzog & de Meuron auf Teneriffa und in Barcelona an Grossprojekten arbeiten, geniesst die zeitgenössische Schweizer Architektur in Spanien einen guten Ruf. Dafür sorgte auch die Zeitung «El País», die immer wieder Texte zur helvetischen Baukunst publiziert. Diesem Renommee ist es wohl auch zu danken, dass unsere Architektur im kommenden Jahr ganz offiziell in Madrid gefeiert wird. Im Hinblick auf die nächste «Arco», die wichtigste Kunstmesse der lateinischen Welt, können nämlich Philippe Béboux und Stephanie Bender vom jungen Lausanner Team 2b Architectes im barocken Nordhof des Centro Cultural Conde Duque einen temporären Ausstellungspavillon errichten. Möglich wurde dieser für unser Land fast kostenlose Kulturexport dank einer im vergangenen Februar anlässlich der «Arco 02» vom Ministerio de Fomento ergriffenen Initiative und dem spontanen Engagement der Abteilung für Visuelle Künste und Film von Pro Helvetia. Mit diesem Auftrag, der es der Schweiz als offiziellem Gastland der «Arco 03» ermöglichen wird, in Madrid eine architektonische Visitenkarte zu präsentieren, lanciert Spanien für rund 600 000 Euro ein Pilotprojekt, das wenn immer möglich in den kommenden Jahren vom jeweiligen «Arco»-Gastland fortgeführt werden und die Besucher über junge architektonische Tendenzen informieren soll.

Da die Eröffnung des Neubaus am 11. Februar 2003, dem Vorabend der «Arco»-Vernissage, stattfinden soll, war Handeln angesagt. Pro Helvetia berief sofort ein wissenschaftliches Komitee, das im März fünf junge Schweizer Architektenteams - 2b Architectes aus Lausanne, Baumann und Roserens aus Zürich, Francesco und Britta Buzzi aus Locarno, Conradin Clavuot aus Chur sowie Sab Architekten aus Basel - vorschlug. Diese wurden von den Spaniern zu einem Wettbewerb eingeladen, dessen Resultate, den kulturellen und temperamentmässigen Unterschieden der Teilnehmer entsprechend, kaum vielfältiger hätten ausfallen können: Sie reichen von Clavuots kargem Holzpavillon bis hin zum exzentrischen, eine urbane Schweiz verkörpernden Turmbau von Baumann & Roserens. Dieser auffällige Entwurf wäre vom Publikum gewiss begeistert angenommen worden, doch entschied sich die spanisch-schweizerische Jury vor kurzem für die ebenso durchdachte wie konstruktiv und materiell solide Arbeit von 2b Architectes. Ihr bestechend einfaches Projekt, in dem sich Abstraktion und Sinnlichkeit die Waage halten und das intelligente Bezüge zum architektonischen Kontext aufzeigt, entsprach wohl am ehesten dem Klischee der «Schweizer Kiste». Zudem verspricht die Konstruktion aus vorfabrizierten Platten neben einer kurzen Bauzeit auch jene Stabilität, die für eine zehnmonatige Beanspruchung nötig ist.

Für den roten Innenhof der einstigen Kaserne schlagen 2b Architectes ein Gebäude in Form eines Schweizerkreuzes vor, bei dem rechtwinklig über einem ebenerdigen Balken ein zweiter, fachwerkartig versteifter Schwebebalken liegt. Beide Baukörper sind vertikal mit weissem Acrylglas verkleidet, so dass sie nachts den Hof erhellen. Das Erdgeschoss besteht aus zwei zum Himmel offenen Patios und einer zentralen Halle, von der aus man über zwei Treppen in den variabel unterteilbaren Ausstellungssaal hinaufsteigt. Hier werden zur Eröffnung die fünf Wettbewerbsteilnehmer ihr Schaffen präsentieren. Danach sind weitere Veranstaltungen geplant, bevor der Bau Ende 2003 wieder zerlegt wird.

Roman Hollenstein

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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