Bauwerk

Auditorium Parco della Musica
Renzo Piano - Rom (I) - 2002
Auditorium Parco della Musica, Foto: Andreas Secci / ARTUR IMAGES
Auditorium Parco della Musica, Foto: Matteo Rossi / ARTUR IMAGES

Raum für Roms musikalische Zukunft

Eröffnung des „Auditoriums“ von Renzo Piano

23. Dezember 2002 - Hanno Helbling
Das Wochenende vor Weihnachten wird in die Baugeschichte Roms als wichtiges Datum eingehen; ob es auch in der Musikgeschichte der Stadt für eine Epoche steht, muss sich noch zeigen. In einem nördlichen Randgebiet, das der öffentliche Verkehr nur andeutungsweise berücksichtigt, liegt der «Parco della musica di Roma»: dreissigtausend Quadratmeter, vierhundert Bäume - die drei Konzertsäle von Renzo Piano sind, wie jetzt schon versichert wird, «immersi nel verde», in ein Grün getaucht, das indessen noch wachsen muss und den monumentalen Komplex wohl nie überschatten wird. Er gehört auch nicht zu den Bauten, denen man eine solche «Immersion» wünscht. Dem Architekten ist hier ein Wurf gelungen, dessen äussere Grossartigkeit jedenfalls ausser Zweifel steht.

Die Anlage, die der Presse am letzten Donnerstag vorgestellt worden ist, entfaltet sich in klug gedämpfter Symmetrie um einen Platz, auf den man entlang einem niedrigen Vorgebäude (Restaurant, Bar, Buchhandlung, Ausstellungsräume) zugeht. Drei Baukörper bilden einen Halbkreis: die grau gepanzerten Gehäuse oder Behälter des kleinen, des mittleren und des grossen Saals - 700, 1200, 2800 Plätze; ihr Umfang differiert von aussen gesehen etwas weniger, als es dem ungleichen Fassungsvermögen entspräche; die Steigerung ist aber sichtbar, sie führt den Blick von dem Vorgebäude zur Rechten über einen grossen und einen sehr grossen zu dem riesigen Rundbau, der zur Linken, Ruhepunkt und Hauptakzent zugleich, den Bogen schliesst. Ein langes Vestibül verbindet die drei Teile, in Abschnitten, die eine Leuchtschrift-Installation von Maurizio Nannucci - Sentenzen zur Kunst, zur Musik, zur Sprache, von Platon bis Lennon - verdeutlicht. Und über diesen Rundgang, nach aussen gewandt, ziehen sich Sitzreihen: Das Halbrund des Vorplatzes dient für Freilichtkonzerte.

Die Innenräume lassen sich bei einer blossen Besichtigung weniger leicht beurteilen. Im Bestreben, die Grössenunterschiede nicht zu dramatisieren, mag der Architekt es in Kauf genommen haben, dass die Säle, je grösser sie sind, umso niedriger wirken; das gibt dem grössten, der Sala Santa Cecilia, auf den ersten Blick etwas Bedrückendes. Am Konzertabend wird dieser Eindruck möglicherweise korrigiert, wenn sich das Publikum um die Musiker schart in einer Anordnung, die an die Berliner Philharmonie erinnert; auch kann bei günstiger Beleuchtung das Zusammenspiel von Kirschholz- und Stahlkonstruktionen, das in dem harten Arbeitslicht und in der Hektik der letzten Zurüstungen seinen Rhythmus noch nicht recht erkennen liess, nur gewinnen. Wie die Akustik sein wird? Wunderbar, erklärt der musikalische Oberleiter der Santa Cecilia, Myung- Whun Chung; er hört es voraus. Was man auch gern voraushören würde, ist ein wirklich gutes Orchester mit einem Chef, der vielleicht nicht gleichmässig alles, aber dafür auch nicht alles gleich mässig dirigiert.

Der Bau des Auditoriums ist (seit 1986) nicht ohne Verzögerungen und Unterbrechungen vonstatten gegangen; unter anderem deshalb, weil auf dem Terrain - wie könnte es anders sein - eine frührömische Siedlung und eine spätere repräsentative Villa zum Vorschein gekommen sind. In den Konzertpausen kann man die Ausgrabung und die Fundgegenstände an Ort und Stelle betrachten; der genius loci ist gegenwärtig auch in der Zukunft.

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroomoffice[at]nextroom.at

Bildagentur

ARTUR IMAGES