Bauwerk

Einfamilienhaus Eser
Peter Märkli - Hünenberg (CH) - 2001

Die Kunst des Bauens am Hang

Peter Märklis Einfamilienhaus Eser in Hünenberg

5. Oktober 2001 - Beat Aeberhard
Im zugerischen Hünenberg findet sich gut schweizerischer Durchschnitt: etwas Landwirtschaft, etliche Dienstleistungsbauten und Einfamilienhäuser aller Art, die den Hang mit Aussicht ins Reusstal dominieren. Am Siedlungsrand, wo das Quartier in ein Wäldchen übergeht, liegt das Haus Eser in einer dreieckigen Parzelle, fest verankert im Nordwesthang.


Ausdruck der Gelassenheit

Auf den ersten Blick fällt das mit einem braunen Kalkputz versehene Haus nicht sonderlich auf. Um das Wesen des Baus in seiner ganzen Tiefe zu ergründen, bedarf es einer gewissen Hartnäckigkeit, und bei genauem Hinsehen offenbaren sich jene äusserste Präzision und Lebendigkeit, die Peter Märklis Projekte kennzeichnen. Zunächst fällt auf, dass das steile Terrain nicht ausnivelliert wurde. Im Gegenteil, das Haus sucht den Bezug zur Topographie und antwortet auf das Gefälle, indem es sich aus dem Querschnitt entwickelt. Bergseitig liegt das oberste Geschoss frei, während das Haus von der Strasse aus zweigeschossig in Erscheinung tritt. Der kompakte Körper springt an der nördlichsten Stelle zurück und wird zudem im Erdgeschoss von der lediglich durch ein Scherengitter abgetrennten Garage und der Eingangsnische eingeschnitten. Diese weiss ausgestrichenen Nischen finden ihr Pendant bergseitig in der im Obergeschoss tief ins Haus eingezogenen, mit einem Oberlicht versehenen Terrasse. Grosszügige Fenster in ausgewogenen Proportionen sind exakt im Volumen placiert und unterstreichen den harmonischen und selbstverständlichen Gesamteindruck des Hauses im aufgeplusterten Allerlei der Nachbarschaft.

Ein überhohes Treppenhaus, das Licht bis ins Souterrain eintreten lässt, weist den Weg nach oben. Hier befindet sich das eigentliche Hauptgeschoss, das der alleinstehende Besitzer bewohnt. Entlang einer Wand aus Glasbausteinen, welche die Küche abtrennt, gelangt man ins Wohnzimmer. Immer wieder entdeckt das Auge über die Diagonalen durch verschiedene Raumschichten neue spannende Ausblicke, mal in einen anderen Raum, mal auf die Landschaft. Die einzelnen Räume - obwohl klar ausgebildet - sind alle miteinander verbunden: Wände aus Glasbausteinen treten häufig auf, dabei kommt ihnen durch die in ihrer Materialität begründete diffuse Halbtransparenz bisweilen eine trennende wie verbindende Rolle zu. Unterstrichen wird die Kontinuität des Raumes durch den im ganzen Haus gleich gehaltenen dunkelroten Hartbeton des Bodens, dessen Fugen als Muster figurieren. Gemeinhin verwendet Märkli die Materialien in ihrer ursprünglichen Gestalt: Sämtliche Wände sind mit weiss eingefärbtem Kalkputz überzogen, die Einbauschränke bestehen aus lackierten Holzwerkstoffplatten, und die Fenster sind aus Aluminium. Die Präzision der Arbeit lässt sich am Bau Schritt für Schritt ablesen. Überall sind die Entscheide, die zur richtigen Lösung geführt haben, deutlich nachvollziehbar.

Der Garten, der in Zusammenarbeit mit den Landschaftsarchitekten Rotzler Krebs Partner entstanden ist, widerspricht zunächst jeder Vorstellung des privaten Raumes. Von Nordosten dringt das Wäldchen ins Grundstück ein. Kontrastiert wird das Gehölz durch die im Westen der Parzelle gepflanzten Weiden, die in strengen geometrischen Bändern dem Hang folgen und das Haus distanziert von der Strasse abrücken lassen. Der eigentliche private Aussenraum findet sich kohärent auf der Rückseite des Hauses, begrenzt von einer nackten Stützmauer aus Beton und dem Obergeschoss. Der mit Zementplatten belegte und mit einem Wasserbecken versehene schmale Raum erzeugt - so klein dieser Garten ist - eine Weite, die wiederum die Dichte des Hauses verstärkt. Obwohl auf der Hinterseite des Hauses gelegen, muss auf die Aussicht nicht verzichtet werden: Von der als Fortsetzung in den Baukörper fliessenden Terrasse schweift der Blick durch das Haus hindurch über das Reusstal. Die Aussicht wird einem Bild gleich gerahmt durch die beiden im Wohnraum sich gegenüberliegenden identischen Öffnungen.


Prinzipien der Baukunst

Märkli spricht davon, dass er «Bedingungen eliminiert, um sich aufs Wesentliche zu konzentrieren». Da Architektur primär durch den Sehsinn wahrgenommen wird, ist er auf der Suche nach den wenigen Dingen, die wichtig sind. Mit dieser Beschränkung erreicht Märkli die Klarheit und die Genauigkeit, die letztlich seinen Entwurf ausmachen. Die Form des Hauses Eser klärt sich in der Beziehung zu den Dingen der Umgebung. Es ist ein Lehrstück, wie ein selbstbewusster Baukörper subtil und präzis in eine schwierige Situation mit herausfordernder Topographie eingefügt werden kann. Städtebau im dispersen Einfamilienhaushang eben.

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroomoffice[at]nextroom.at

Akteure

Architektur