Bauwerk

Zu- und Umbau ´Heuriger Lackner´
Peter Fellner, Reinhard Haslwanter - Kleinengersdorf (A) - 2000

Frisch, leicht und bekömmlich

Den Heurigen der Familie Lackner findet man in Klein Enzersdorf. Der Altbau wurde von den Architekten Reinhard Haslwanter und Peter Fellner erweitert und zum Innenhof hin geöffnet. Der Schankraum wird außen von einer Terrasse auf dem selben Niveau begleitet, räumlich von einer großzügigen Glasfassade getrennt. Im Sommer lassen sich die 14 raumhohen Schiebelemente öffnen. Die Glaswand ist selbsttragend, innen sind Holzstützen davorgestellt.

Geplant wurde in Holz. Die Tragkonstruktion ist in schichtverleimten Lärchenholz ausgeführt und wurde in der Werkstätte vorgefertigt, um die Bauzeit zu verkürzen. Im massiven Unterbau in Sichtbeton sind die Toiletten, der Keller und der Kühlraum. Im Westen begrenzt eine 30 Meter lange Wand aus Abbruchziegeln das Grundstück.

15. März 2002 - Karin Tschavgova
Auch wenn der Heurige salonfähig geworden ist - eine Ausweitung solcher Refugien österreichischer Gemütlichkeit ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: In Klein-Engersdorf nahe Wien etwa gab es vor wenigen Jahren noch fünfzehn Betriebe. Übriggeblieben sind zwei, die sich in den Öffnungszeiten abwechseln. Einer davon ist der Heurige Lackner, ein angestammter Familienbetrieb, in dem man nach etlichen hauseigenen Aus- und Umbaustufen an Grenzen gestoßen war, die nach einer kompetenten Planung verlangten. Reinhard Haslwanter wurde konsultiert, ursprünglich nur, um die bestehende Schank zu vergrößern und zusätzliche Toiletten zu installieren.

Schon bei der Erstbegehung konnte der Architekt die Bauherrn davon überzeugen, dass ihr Bestreben nach Qualitätssteigerung im kulinarischen Angebot auch eine Verbesserung der räumlichen Situation nahelegt, die ein weiterer Teileingriff nicht gebracht hätte. Haslwanter erspähte hinter einer hofabschließenden Mauer den rund eineinhalb Geschoße höhergelegenen Weingarten, der an das von der Straße weg ansteigende Grundstück anschließt - und hatte die Grundidee: Ergänzung in Hakenform und die Öffnung und Höhenabstufung des Innenhofes.

Niveaugleich mit den Terrassen, sie begleitend, sollte die Erweiterung der Gasträume mit neuer, zentraler Schank entstehen und großzügige Verglasung den fließenden Übergang von außen nach innen herstellen - eher einem gedeckten Unterstand gleich und jedenfalls anders als der schlauchartige Anbau mit kleinen Fenstern, der ersetzt werden sollte. Eine Rückzugsmöglichkeit für Schlechtwetter - leicht, luftig und hell - ergänzt durch den Komfort einer Zentralheizung, die den Winterbetrieb möglich macht. Der Gastbetrieb, sechsmal im Jahr je drei Wochen, sollte aufrecht erhalten bleiben. Was lag näher, als die Erweiterung in Holz zu planen, vorgefertigt in der Werkstätte, mit kurzer Montagezeit. Mit dem massiven Unterbau in Sichtbeton, dessen Oberfläche gestockt wurde, arbeitete man sich an den Bestand heran. Er enthält, von überall gut zugänglich, die neuen Toiletten, einen Verkostkeller mit schönem Gewölbe, den Weinlagerkeller und einen Kühlraum. Das Rückgrat der darüber errichteten Tragkonstruktion ist eine raumprägende, 30 m lange Wand an der westlichen Grundgrenze. Sie ist aus kleinformatigen Abbruchziegeln gemauert - unverputzt - und löst sich in ein verglastes Oberlichtband auf, das noch die letzte Abendsonne in den Gastraum holt. Pur und lebendig harmoniert sie in Materialität und Farbe mit der Tragkonstruktion in schichtverleimtem Lärchenholz, den Rippenelementen der vorgefertigten Zwischendecke und den Sandwichelementen des Daches, mit den unbehandelten Schiffböden in Lärche (die der Bauherr nachbehandeln wird) und den runden Holzstützen vor der selbsttragenden verglasten Gartenfront, die durch das weit überstehende Dach geschützt wird. Mit 14 geschoßhohen Schiebeelementen stößt sie an die Grenzen statischer und glastechnologischer Möglichkeiten und verlangte in der Planung und Errichtung äußerste Präzision.

Das Ergebnis lässt sich sehen. Es bietet bei einem Glas guten Weins mehr als Einblick in die österreichische Seele. Es gibt den Blick frei: auf Grün, auf Weinberge, auf das Rot des Abendhimmels, aber auch auf eine rosige Zukunft für Gastlichkeit - in Holz, ganz ohne falsche Zier.

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Für den Beitrag verantwortlich: zuschnitt

Ansprechpartner:in für diese Seite: Kurt Zweifelzweifel[at]proholz.at

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