Veranstaltung

Das Wohnzimmer der Familie Glück
Ausstellung
28. September 2016 bis 26. März 2017
Jüdisches Museum WienMuseum Dorotheergasse 11
A-1010 Wien


Veranstalter:in: Jüdisches Museum Wien

Vom wah­ren Wert ei­nes Wohn­zim­mers

An­hand ei­nes Mö­bel­en­sem­bles er­zählt das Jü­di­sche Mu­se­um Wien die Ge­schich­te der Fa­mi­lie Glück

5. Oktober 2016 - Olga Kronsteiner
Wien – Glück ist ein Fa­mi­li­en­na­me, der sei­nen Trä­gern viel ver­spre­chen mag, nur um es in der Rea­li­tät des Le­bens und an­ge­sichts be­glei­ten­der his­to­ri­scher Zä­su­ren nicht hal­ten zu kön­nen. Laut Ge­nea­lo­gen sei die­ser Na­me in Ös­ter­reich weit ver­brei­tet, in Wien be­reits vor 1600 und über al­le Kon­fes­sio­nen hin­weg nach­weis­bar. Das Wohn­zim­mer der Fa­mi­lie Glück ti­telt ei­ne ak­tu­el­le Prä­sen­ta­ti­on im Jü­di­schen Mu­se­um Wien, die an­hand ei­nes Mö­bel­en­sem­bles mehr als nur ei­ne Fa­mi­li­en­ge­schich­te er­zählt. Denn in sei­ner Ty­po­lo­gie re­prä­sen­tiert die­ses Ein­zel­schi­cksal Flucht und Mig­ra­ti­on im 20. Jahr­hun­dert.

Hersch und sei­ne Ehe­frau Ju­dith Glück ge­hör­ten zu je­nen jü­di­schen Mig­ran­ten aus Ga­li­zien, die sich kurz nach der Jahr­hun­dert­wen­de ver­stärkt in Wien an­sie­del­ten. Die Hoff­nung auf ein bes­se­res Le­ben soll­te sich für den Kap­pen­ma­cher­meis­ter und Kür­schner bald er­fül­len. Die über die Jah­re wech­seln­den Wohn- und Ge­schäfts­adres­sen do­ku­men­tie­ren den wirt­schaft­li­chen Auf­stieg. 1916 war die Fa­mi­lie samt Werks­tatt schließ­lich in den bar­ocken Schwind­hof am Fleisch­markt über­sie­delt. Dort blieb die Fa­mi­lie bis zum An­schluss 1938, dann wur­de der Fa­mi­li­en­be­trieb ent­eig­net.

Hersch wur­de im No­vem­ber 1941 nach Kau­nas (heu­te Li­tau­en) de­por­tiert und dort er­mor­det. Die Söh­ne Er­win und Wal­ter flüch­te­ten mit ih­ren Fa­mi­li­en vor­erst nach Frank­reich. Er­wins Ehe­frau wur­de in Niz­za ver­haf­tet, nach Ausch­witz de­por­tiert und er­mor­det. Den an­de­ren ge­lang die Flucht in die USA, wo sich die Brü­der in New York nie­der­lie­ßen und ei­ne Kür­schne­rei be­trie­ben.

Zu­fäl­li­ge Zeu­gen

Das Wohn­zim­mer Er­wins zier­te über die Jah­re ei­ne Mö­bel­gar­ni­tur, die er aus Wien ret­ten konn­te und die sein Sohn Hen­ry nun ge­schenk­wei­se dem Jü­di­schen Mu­se­um über­ließ. Wer das aus ei­ner Eck­bank mit in­te­grier­tem Bü­cher­re­gal, ei­nem Tisch, zwei Ho­ckern so­wie ei­nem Bar­schrank und Buf­fet be­ste­hen­de En­sem­ble in den 1920er-Jah­ren fer­tig­te, ist un­be­kannt. Die Di­ag­no­se des Mö­bel­ex­per­ten Chris­ti­an Witt-Dö­ring: kei­ne Mas­sen­wa­re, wie die raf­fi­nier­te Wahl des Fur­niers be­le­ge, wo­bei sich bei die­sen „zu­fäl­lig er­hal­te­nen Zeu­gen ei­ner ehe­ma­li­gen Welt“ ei­ne ge­wis­se Spie­ßig­keit nicht leug­nen lie­ße. Kunst­his­to­risch sind die­se Wohn­zim­mer­mö­bel oh­ne Be­lang. Ihr Wert de­fi­niert sich da­ran, über Ge­ne­ra­tio­nen Teil des All­tags der Fa­mi­lie Glück ge­we­sen zu sein. Bis 26. 3. 2017

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