Veranstaltung

SONDERMODELLE
Ausstellung
SONDERMODELLE
13. Januar 2000 bis 4. Februar 2000
Architekturgebaeude der TU-Berlin,
Ernst-Reuter-Platz, 10587 Berlin


Veranstalter:in: Elser Oliver

Häuser aus Papier

Im fünften Bezirk entdeckte der aus Tirol stammende Künstler Oliver Croy höchst Seltsames: Eine herrenlose Hinterlassenschaft papierener Hausmodelle.

22. Januar 2001 - Gustav Trampitsch
Götter, Gräber und Gelehrte bilden die klassische Dreifaltigkeit der Archäologie. Sie garantieren spannende Einblicke in historische Fakten und verwehte Mythen.

Funde aus unserer Alltagskultur können hin und wieder ebenso aufregend werden. So geschehen vor ein paar Jahren in Wien. Im fünften Bezirk, abseits aller so genannter Hochkultur, entdeckte der aus Tirol stammende und in Berlin und Wien lebende Künstler Oliver Croy höchst Seltsames: Eine herrenlose Hinterlassenschaft papierener Hausmodelle.


Alltagsarchäologie

Im Wüstensand oder beim Pflügen im Alpenland wurden und werden immer wieder archäologische Sensationsfunde gemacht.

Oliver Croy wanderte eines unscheinbaren Tages im Jahr 1993 die Wiener Margaretenstraße entlang und sah in der Auslage eines Trödlerladens drei zunächst unscheinbare Hausmodelle stehen. Neugierig geworden, fand er im Geschäft einen Berg aus prall gefüllten Müllsäcken. Die Erben von Peter Fritz hatten das sonderbare Vermächtnis ausgeschlagen und dem Trödler überantwortet.

In profanes PVC gehüllt, verbarg sich das Steckenpferd eines bis dahin völlig unbekannten, höchst sensiblen und aufmerksamen Architekturkritikers.
Der Wiener Versicherungsangestellte Peter Fritz - er lebte von 1911 bis 1992 - war mit offenen Augen und stets bewaffnet mit Bastelwerkzeug durch Österreich gereist. Er schaute sich um und notierte nicht, was er sah, er bastelte seine Eindrücke aus Papierabfällen zusammen.


Mehr als bloß Spielzeug

Peter Fritz verwendete Karton, den er meist mit Tapeten beklebte, Zeitungsschnipsel aus Illustrierten, d-c-fix-Folien, Zigarettenpackungen, Spinnenpapier, Dichtungsbänder usw.
In 29 Kategorien sind die Gebäude einzuteilen: Wohnhäuser, Nutzbauten wie Tankstellen und dergleichen, Schulen, Krankenhäuser, Kirchen, Bahnhöfe und so fort. Jedes der 387 Häuser ist ein Unikat. Beim Anblick hat man ein heftiges Déjà-vu-Gefühl. Doch gibt es für kaum eines der Modelle ein tatsächlich real existierendes Vorbild.

Peter Fritz hat - ganz wie seine Künstlerkollegen aus der Literatur - die Realität nur scheinbar wiedergegeben und sie tatsächlich überhöht. Die papierene Welt des Peter Fritz war zwar auf bieder-gemütliche Weise heil, aber keineswegs ohne geschmacklose bauliche Wucherungen. Die stummen langen Häuserzeilen im Museum sind auch als Sündenregister der seinerzeitigen Architekten und Häuselbauer zu werten, als Spiegelbild einer uns vertrauten, aber nicht genau lokalisierbaren Umwelt.


Katalog des Banalen

Zur Ausstellung erscheint ein kommentiertes Werkverzeichnis aller Häuser. Der Katalog ist herausgegeben von Dr. Franz Grieshofer, dem Direktor des Österreichischen Museums für Volkskunde. Die beiden Ausstellungsmacher Cory und Elser baten darin um Beiträge von Friedrich Achleitner, Bodo-Michael Baumunk, Thomas Bayrle, Christoph Doswald, Ingeborg Flagge, Franz Grieshofer, Wolfgang Kos, Clemens Krümel, Irene Nierhaus, Dietmar M. Steiner, Philip Ursprung, Wilfried Wang und Heino Welfing - Verlag Hatje Cantz.


[Tipp
Die Ausstellung ist bis 18. März jeweils Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17.00 Uhr geöffnet. Ort: Österreichisches Museum für Volkskunde, Palais Schönborn, Wien 8, Laudongasse 15-19.]

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