Veranstaltung

Die Revision der Postmoderne
Ausstellung
29. Oktober 2004 bis 6. Februar 2005
Deutsches Architektur Museum
Schaumainkai (Museumsufer) 43
60596 Frankfurt / Main


Veranstalter:in: Deutsches Architekturmuseum (DAM)

Ein Haus der Häuser

Frankfurt feiert das Deutsche Architekturmuseum

Am letzten Wochenende feierte das Deutsche Architekturmuseum in Frankfurt sein zwanzigjähriges Bestehen und blickte auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Mit einer «Revision der Moderne» hatte Gründungsdirektor Heinrich Klotz das Haus eröffnet. Eine «Revision der Postmoderne» ruft nun die wechselvollen Jahre in Erinnerung.

2. November 2004 - Falk Jaeger
Die erste Architekturbiennale von Venedig, 1980 unter dem Titel «La presenza del passato» durchgeführt und mittlerweile ein verklärter Wendepunkt in der Architekturgeschichte, hatte Wirkung gezeigt. Architektur war zum Bestandteil des Kulturbetriebs geworden. Überall in Europa wurden Architekturmuseen, Stiftungen und Galerien gegründet: Luzern 1983, Basel 1984, Brüssel 1986, Zürich 1987 sowie 1988 Amsterdam, Rotterdam und Paris. Der Marburger Kunsthistoriker Heinrich Klotz hatte die Gunst der Stunde erkannt, als die Finanzmetropole Frankfurt am Main versuchte, mit einer ganzen Perlenkette von neuen Kunsttempeln am «Museumsufer» vom «Bankfurt»-Image wegzukommen, und die Gründung eines städtischen Architekturmuseums initiiert. Er war durchaus nicht traurig, als die Stadt das Museum als Deutsches Architekturmuseum (DAM) mit höherem Auftrag versah, suchte er doch ohnehin, der Sammlung des Museums nicht lokales, sondern nationales, ja internationales Profil zu geben. Mit einem üppigen Ankaufsetat von 250 000 Mark pro Jahr reiste er durch die Welt, konkurrierte bei Auktionen von Zeichnungen und Modellen mit Phillis Lambert vom Centre canadien d'Architecture in Montreal sowie bei Versteigerungen von Inkunabeln mit Oswald Mathias Ungers und warb um Nachlässe und Stiftungen. Im Juni 1984 war es dann so weit: Sein Museum am Schaumainkai konnte eröffnen, und Klotz lief zu grosser Form auf, als Kurator, Autor, Organisator und Impresario einer ganzen Architekturepoche - der Postmoderne, deren Verbreitung er nachdrücklich förderte.

Die Pläne für den Umbau einer spätklassizistischen Stadtvilla zum Museum hatte sein Freund Ungers geliefert. Der Kölner Architekt entkernte und reduzierte das Gebäude auf seine Umfassungsmauern und integrierte die Hülle in einen räumlichen Quadratraster, welcher das ganze Haus wie eine mathematische Grundformel durchzieht. Im Inneren spielte er sein Lieblingsthema «Haus im Haus» weiter und versuchte, die Architektur zur reinen, weissen Form zu abstrahieren, nur Körper und Raum zu zeigen - ein architekturtheoretisches Manifest.

Anfangs sah sich Heinrich Klotz vielfach angefeindet. Architekten wie Günter Behnisch oder Peter Schweger wollten den gewiesenen Weg in die Postmoderne partout nicht einschlagen. Die meisten Kritiker und Theoretiker zeigten sich ebenfalls engherzig. So öffnete er sich und sein Haus auch für andere Überzeugungen. Als Klotz 1989 das Museum verliess, um in Karlsruhe mit dem Zentrum für Kunst und Medientechnologie grössere Pläne zu verwirklichen, hatte es 57 Ausstellungen, eine Million Besucher und einen Berg Schulden vorzuweisen. Das machte es seinem Nachfolger Vittorio Magnago Lampugnani nicht leichter, zumal die goldenen Gründerjahre in Frankfurt ein Ende genommen hatten und der Ausstellungsetat auf null geschrumpft war.

So musste sich Lampugnani mit Fremdausstellungen über Wasser halten, was sich im Fall der PR-Schau «Die Ästhetik der Dichte - Hong Kong Architektur» als nicht unproblematisch erwies. Als Eigeninitiative realisierte Lampugnani, der eher architekturtheoretische und -historische Interessen verfolgte, eine Trilogie zur Architektur in Deutschland zwischen 1900 und 1950. Der polyglotte Italiener sah sich in der Position, mit dieser Rückschau deutsche Tabus anrühren zu können. Noch nie nach dem Krieg war die in Deutschland durch den Nationalsozialismus stigmatisierte traditionalistische und konservative Architektur so vorurteilsfrei (viele sagten: unkritisch) präsentiert und gefeiert worden. Hochkarätige Exponate und fundierte Kataloge machten die Trilogie zum wissenschaftlichen Ereignis für die Fachwelt. Doch lediglich zwanzig Ausstellungen kamen in gut fünf Jahren von 1990 bis 1995 zustande; das grosse Publikum wurde kaum je angesprochen. Der letzte Teil der Trilogie «Macht und Monument» konnte erst 1998, nun unter der Leitung von Wilfried Wang, gezeigt werden, denn Lampugnani hatte das DAM in Richtung ETH Zürich verlassen. Wang, dem es gelang, neue Geldquellen zu erschliessen, präsentierte neben Einzelausstellungen den beachtlichen Zyklus «Architektur im 20. Jahrhundert» mit Länderschauen von Österreich über Irland, Portugal, Schweden, Griechenland, Finnland und die Schweiz bis nach Deutschland.

Im Jahr 2000 übernahm die Kritikerin und Professorin für Baugeschichte Ingeborg Flagge das Haus und verfügte als Erstes die Renovierung und Rückführung des Ungers-Baus in den Originalzustand. Mit Ausstellungen von Jörg Schlaich bis zu den «Blobmeistern», von Thomas Herzog bis zu Paul Schmitthenner erweiterte sie das Spektrum der im DAM diskutierten Architektur erheblich. Mit der Vortragsreihe «Grosse Architekten», mit Schülerprogrammen und einer Cafeteria im Erdgeschoss soll ein breiteres Publikum für das Haus gewonnen werden. Trotz anhaltender Finanzmisere ist es ihr gelungen, dem DAM zu neuer Bedeutung und vor allem wieder zu ansehnlichen Besucherzahlen zu verhelfen. Nun kann sie mit einer breit angelegten «Revision der Postmoderne» den 20. Geburtstag ihres Hauses feiern.

Die Ausstellung «Revision der Postmoderne» dauert bis zum 6. Februar 2005. Katalog Euro 34.90.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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