Veranstaltung

Von Büchern und Bäumen
Ausstellung
27. November 2004 bis 30. Januar 2005
Steinenberg 7
Postfach 911
CH-4001 Basel


Veranstalter:in: Vogt Landschaftsarchitekten, S AM Schweizerisches Architekturmuseum
Eröffnung: Freitag, 26. November 2004, 18:00 Uhr

Inszenierte Natur

Der Zürcher Landschaftsarchitekt Günther Vogt in Basel

11. Dezember 2004 - Suzanne Kappeler
In seinen Arbeiten, die von der Masoala- Regenwaldhalle des Zürcher Zoos über die Umgebungsgestaltung der Tate Modern in London bis hin zu privaten Gartenanlagen reichen, stehen für den Zürcher Landschaftsarchitekten Günther Vogt die Vegetation sowie das Gestalten mit Pflanzen und vor allem mit Bäumen im Vordergrund. Sein international vielbeachtetes Büro Vogt Landschaftsarchitekten, das im Oktober 2000 aus der Partnerschaft mit dem früh verstorbenen Landschaftsarchitekten Dieter Kienast hervorgegangen ist und derzeit 25 Mitarbeiter in Zürich und München beschäftigt, konnte in den letzten vier Jahren eine breit gefächerte Palette von Projekten in Belgien, Deutschland, England, Frankreich, Italien, Liechtenstein, Luxemburg, Österreich, der Schweiz und den Vereinigten Staaten realisieren.
Boden aus gestampftem Lehm

Wie soll eine Ausstellung über Landschaftsarchitektur, die sich mit den Phänomenen Natur und Garten auseinandersetzt, attraktiv gestaltet werden? Das Architekturmuseum Basel hat in seinen neuen Räumen im Gebäude der Kunsthalle einen sinnlichen Zugang zum Thema gewählt und verzichtet weitgehend auf die gewohnte Inszenierung mit Plänen, Fotos und Modellen. Besucher nähern sich dem Kosmos und dem Werk von Günther Vogt auf einer historisch-naturwissenschaftlichen Ebene, in welcher die im 19. Jahrhundert übliche Sammel- und Katalogisierungsleidenschaft von Naturforschern dargestellt wird. Mit Leihgaben aus naturhistorischen Museen und Universitätssammlungen wird ein dicht an dicht gefügtes Naturalienkabinett auf Tischen und an Wänden ausgebreitet: Käfersammlungen neben Schmetterlingskästen, Pflanzenpräparate in Alkohol neben Herbarien, Botanisierbüchsen und fotografische Platten neben Schlangenhäuten und ausgestopften Tieren.

Vom Naturalienkabinett führt der Weg in einen abgedunkelten Raum, der nach feuchter Erde duftet und in grossformatigen Videobildern von Pflanzendetails und krabbelnden Kleintieren die Sinnlichkeit der Natur zeigt. Man geht über einen dunkelbraunen Boden aus Tonerde und lauscht sphärischer Musik. Die Bilder zeigen Ausschnitte aus dem künstlichen Urwald in der Masoala- Halle im Zoo Zürich, der Bodenbelag erinnert an die von Vogt gerne verwendeten Mauern aus Schichten gestampften Lehms.
Vertikaler Garten

Der dritte Raum ist dem Thema Natur und Künstlichkeit gewidmet. Ein Metallrahmen, in welchem an einem Plasticgeflecht epiphytisch lebende Pflanzen befestigt sind, die mit wenig Licht und Wasser auskommen, unterteilt den Raum. Auf zwei Bildschirmen sind ein Gespräch mit Vogt und eine Auswahl seiner Werke zu sehen. Der Landschaftsarchitekt spricht über den Wildwuchs und die gezähmte Natur in der Stadt, über das «Dazwischen» von gestalteter und natürlicher Landschaft, über «das Buch der Natur», welches er als ein «Buch des Scheiterns» bezeichnet, und über seine Vorliebe für die Gestaltung von Landschaftsräumen mit Bäumen. Dabei haben es ihm die Birken in ihren verschiedenen Erscheinungsformen ganz besonders angetan. Als Spontanbesiedler von Brachflächen wächst dieser Baum sehr schnell und ergibt bald ein schönes Bild, etwa in dem vor vier Jahren vollendeten Garten des Klubhauses der Swiss Re in Zürich, wo Maiglöckchen zwischen den weissen Birkenstämmen wachsen und im Frühjahr für einen betörenden Duft sorgen. Andere Bäume, zum Beispiel Föhren, Lärchen, Gelditschien, Ginkgo und Nussbäume, die von 2007 an den Bahnhofsplatz in München-Giesing verschönern sollen, hat Vogt wegen der Farbe ihrer Stämme, der Textur ihrer Rinde oder des Dufts der Blüten ausgewählt. Gemäss dem Motto «Das Wachstum der Bäume braucht Zeit und Landschaftsgestaltung Geduld» versteht Vogt die Arbeit des Landschaftsarchitekten als kulturellen Akt; er gibt etwas an die folgenden Generationen weiter.

Leinengebundene Folianten liegen im letzten Raum auf einem massiven Bibliothekstisch. Das Publikum soll in den Büchern mit den Aufschriften «Landschaft», «Park», «Platz», «Garten», «Promenade», «Hof», «Indoor», «Friedhof» und «Ausstellung» blättern. Sie enthalten in grossformatigen Farbfotos und einem knappen Text teils geplante, teils sich in Ausführung befindende Projekte des Büros Vogt Landschaftsarchitekten. Die sorgfältige Analyse einer gestalterischen Aufgabe und die genaue Auseinandersetzung mit den Ansprüchen an das jeweilige Projekt sind typisch für die Arbeitsweise des Büros; deshalb auch die Unterteilung des weit gefassten Themenbereichs Landschaftsarchitektur. Ob es allerdings sinnvoll ist, die Halle des im Buch «Indoor» vorgestellten gläsernen Novartis-Verwaltungsgebäudes von Diener & Diener in Basel mit mächtigen, direkt aus den Tropen importierten Bäumen zu bestücken, bleibe dahingestellt. Die Bäume sollen über alle Geschosse wachsen; wie im Urwald werden etwa im zweiten Geschoss die auf den Ästen wachsenden Orchideen zu sehen sein, und weiter oben wird man in die Baumkrone mit ihren Lianen blicken!

[ Bis 30. Januar 2005. Katalog: Von Büchern und Bäumen. About Books and Trees. Vogt Landschaftsarchitekten. Hrsg. Architekturmuseum Basel, Basel 2004. 77 S., Fr. 49.-. ]

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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Von Büchern und Bäumen – Vogt Landschaftsarchitekten