Veranstaltung

Die Möbel von Charles und Ray Eames
Ausstellung
23. März 2007 bis 26. August 2007
Vitra Design Museum, Feuerwehrhaus
Charles-Eames-Strasse 1
D-79576 Weil am Rhein


Veranstalter:in: Vitra Design Museum

Ménage-à-trois

Das Designerpaar Charles und Ray Eames in einer Ausstellung im Vitra-Museum in Weil am Rhein

Das Designerpaar Charles und Ray Eames lebte und arbeitete 38 Jahre zusammen. Seine Kreationen werden seit 50 Jahren von Vitra produziert. Eine Ausstellung in Zaha Hadids Feuerwehrhaus in Weil am Rhein beleuchtet nun diese aussergewöhnliche Ménage-à-trois.

28. März 2007 - Lutz Windhöfel
Im Feuerwehrhaus von Zaha Hadid trifft man derzeit auf eine zeltartige Konstruktion. Dieser «Kiosk», wie ihn seine Entwerfer Charles und Ray Eames nannten, entstand für die Produktpräsentation der Firma IBM auf der Weltausstellung 1964 in New York. Er steht auf feingliedrigen Holzpfosten, hat ein kreisförmiges, textiles Dach und zeigt Einflüsse von Jahrmarkt-Buden des 19. Jahrhunderts. Mehrere dieser Kioske hatten die Eameses auf der Weltausstellung am Hudson unter einen grossen synthetischen Raumkörper gestellt, der auch ein Auditorium enthielt. In diesem «Riesen-Ei» präsentierte der Büromaschinen- und Computerproduzent IBM mit Filmen und Bildern seine Vision der digitalen Zukunft. In der Ausstellung «Die Möbel von Charles & Ray Eames - Produkte, Prozesse, Prototypen» im Vitra-Feuerwehrhaus in Weil am Rhein erinnert ausserdem ein Video an diese Geburtsstunde der elektronischen Kommunikation. Darum herum wird das Werk der Eameses gezeigt, deren kreative Lebensgemeinschaft das Zusammenspiel von «Kunst und Leben» in exemplarischer Weise veranschaulicht.

Eames-Jubiläum

Die Schau in Weil am Rhein hat zwei Anlässe. Am 17. Juni könnte der 1907 in St. Louis, Missouri, geborene Charles Eames seinen 100. Geburtstag feiern. Gleichzeitig blickt die Firma Vitra, deren Gründer Willi Fehlbaum 1957 mit der Produktion von Stühlen und Sesseln des Designer- und Architektenpaares in Europa begann, auf 50 Jahre Eames-Vermittlung zurück. Valérie Braidi-Ketter hat als verantwortliche Kuratorin der Ausstellung den zweiteiligen Grundriss von Hadids Feuerwehrhaus für das Konzept dieser Schau aufgenommen. Im Osten des verglasten Hauses werden alle heute von Vitra produzierten Eames-Produkte und der dreidimensionale Nachlass der Eameses gezeigt. Im westlichen Teil, wo früher die Garderoben und Aufenthaltsräume der Feuerwehrleute waren, visualisiert man ausschnitthaft das gestalterische Universum des aussergewöhnlichen Paares, welches Möbel entwarf, auf dem Gebiet der Grafik und des Films («Powers of ten», 1968) tätig war, nützliche Raumskulpturen («Musical Tower», um 1960) konzipierte und immer wieder Kinderspielzeug (mit dem Elefanten im Zentrum) schuf. Nachdem die als Bernice Alexandra Kaiser in Sacramento geborene und bei Hans Hofmann in New York zur Malerin ausgebildete Ray Eames 1988 - zehn Jahre nach ihrem Mann Charles - gestorben war, erwarb Rolf Fehlbaum den räumlichen Eames-Nachlass (der schriftliche Teil ging an die Library of Congress in Washington). Dieser Ankauf löste Planungen des in Venice lebenden Architekten Frank O. Gehry für das Vitra-Werkgelände in Weil am Rhein aus, die 1989 zum ersten Gehry-Bau in Europa führten: dem Vitra Design Museum.

Mit gewinnender politischer Unkorrektheit sprach Rolf Fehlbaum bei der Ausstellungseröffnung von der kreativen Recherche der Eameses als ästhetischem Darwinismus im Sinne eines «survival of the fittest». Man kennt Fehlbaum als Design-Unternehmer und engagierten Bauherrn. Aber der Vitra-Chairman, der mit einer Arbeit über den Frühsozialisten Henri de Saint-Simon (der den Begriff «Avantgarde» in die westliche Geistesgeschichte einführte) an der Universität Basel promoviert wurde, verbindet sein Marketing mit profunder Kenntnis der modernen Soziologie, ihren humanen Inhalten und deren Umsetzung in Gestaltung und Produktion. Die Ausstellung zeigt sowohl den Prozess der Formentwicklung als auch den ebenso prozesshaften Weg des Prototyps zur seriellen Produktion.

Immer wieder und über Jahre hinweg optimierte der autodidaktische Entwerfer, Konstrukteur und Architekt Charles Eames die Details für die industrielle Fertigung seiner Prototypen. Der visuelle Vergleich der Entwicklungsmodelle mit den verkaufsfertigen Produkten in der Ausstellung macht anschaulich, wie vereinfachte technische Lösungen die Form im Sinne der Nutzung und des Komforts positiv beeinflussten. Parallel dazu konnte die industrielle Produktion einfacher, linearer, materialgerechter und schöner werden. Erwartungsgemäss stehen mit dem «Lounge Chair», der «Ottomane» (produziert ab 1957) und dem «Alu Chair» (produziert ab 1959) die grossen Eames-Entwürfe in allen Varianten und Farben im Zentrum der Schau, obwohl Hierarchien bewusst vermieden werden und die chronologische Didaktik der Ausstellung nie aufdringlich wirkt.

Im Hinblick auf das Eames-Jubiläum ging der «La Fonda Chair» von 1961 neu in Produktion. Dieser wird nun selbstverständlich auch in der Schau gezeigt. Mit einer Neu-Edition des in den Grössen- und Auflagen-Varianten von Möbel und Kleinskulptur hergestellten «Plywood Elephant» (1945) wird an die Kinderliebe von Charles und Ray Eames erinnert. Ab 1941 lebten die Eameses in Südkalifornien. In Pacific Palisades bauten sie 1949 für sich und ihren Nachwuchs inmitten von Eukalyptusbäumen ein zauberhaftes Zuhause. Es entstand ein Gebäude von elementarer Materialität aus einfachen (und kostengünstigen) industriellen Bauprodukten. Der Bau am Pazifik, der heute zu den Meilensteinen der modernen Architekturgeschichte zählt, ist in der Ausstellung im Modell 1:50 zu sehen.

Kreative Zusammenarbeit

Es ist der «Trial and Error»-Prozess im Zusammenwirken mit der modernen Materialentwicklung, der sowohl der Eames-Produktion als auch der Ausstellung das Gerüst und die Spannung gibt. Die kreative Zusammenarbeit belegt ab 1940 mit Prototypen, die zunächst aus Holz, dann aus Draht, Stahlrohr, Synthetik- und Aluminiumguss gefertigt wurden, neben der Design- auch ein Stück Technikgeschichte. All dies sieht man den Produkten nicht an, wenn sie heute an den besten Geschäftslagen präsentiert werden. In Hadids Feuerwehrhaus kann man nun aber den Blick in eine Werkstatt werfen, über der Karl Valentins Bonmot «Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit» leitmotivisch zu schweben scheint.

[ Die Ausstellung in Zaha Hadids Feuerwehrhaus auf dem geschlossenen Vitra-Werkgelände in Weil am Rhein ist bis zum 26. August im Rahmen von Führungen täglich um 11 und 16 Uhr zugänglich. Die Begleitpublikation erscheint im Mai (Euro 39.90). ]

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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