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Bauwelt 12.07
StadtBauwelt 173: Ware Wohnung
Bauwelt 12.07
zur Zeitschrift: Bauwelt

Monika Sosnowska

„Loop“ im Kunstmuseum Liechtenstein

23. März 2007 - Hubertus Adam
Das im Jahr 2000 eröffnete Kunstmuseum von Morger & Degelo und Christian Kerez in Vaduz (Heft 42.00) demonstriert, wie Einfachheit räumliche Vielfalt hervorzubringen vermag. Von zwei gegenläufigen Treppen erschlossen, gliedert sich der recht­eckige Grundriss im Obergeschoss in vier Säle, die windmühlenartig angeordnet zu einem Rundgang zusammengeschlossen sind. Dabei alternieren zwei schmale, lange Räume mit zwei breiteren und größeren. Weil die Säle mit weißen Wänden, Eichenparkett und Glasdecken identisch ausgestattet sind, die Proportionen sich von einem Raum zum nächsten ver­ändern und Blicke nach außen verwehrt bleiben, erscheint die klare Struktur fast labyrinthisch. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass die Raumkonfiguration über die Diagonalen gespiegelt ist, man also während eines Rundgangs mit Räumen gleicher Proportionen an zwei verschiedenen Stellen konfrontiert ist.

Nun hat die polnische Künstlerin Monika Sosnowska, beraten von Christian Kerez, im Obergeschoss ihre Installation „Loop“ eingerichtet. Steigt man vom Foyer aus die Treppe empor, steht man nicht wie sonst in diesem Museum im ersten Ausstellungssaal, sondern in einem Gang. Wände, Boden und Decke sind weiß gestrichen, Leuchtstoffröhren tauchen ihn in ein gleißendes Licht. Der Gang ist so breit, dass man sich ohne viel Mühe begegnet. Nach einem ersten Knick kreuzt er sich mit einem weiteren, die beiden Gänge münden etwas später wieder ineinander, dann neue Knicke, Verzweigungen, Zusammenführungen und wieder eine lange Wegstrecke geradeaus. Wählt man an einer Kreuzung einen Abzweig und schlägt einen Haken, gelangt man zur Treppe und verlässt den endlosen Kreislauf, der es erlaubt, auf einem parallelogrammförmigen Kurs das Ober­geschoss zu durchqueren.

Monika Sosnowska, Jahrgang 1972, reagiert mit ihrer Installation auf die bestehende Raumstruktur, indem sie die Durchgänge zwischen den Sälen ausnutzt, aber ein kontrastierendes formales Vokabular verwendet: nicht weite Räume, sondern schmale Gänge; nicht rigide Orthogonalität im Grundriss, sondern spitze und stumpfe Winkel. Das geschlossene Korridorsystem als temporäre Installation wird zur scheinbaren Primärstruktur, die zu dem Hüll­raum der Galeriesäle in einem ähnlichen Verhältnis steht wie diese zur Umgebung: Befindet man sich im Gangsystem, sind die Galerieräume ausgeblendet. Nur an zwei Stellen erlaubt die Künstlerin den Übertritt von einem System ins andere. An den Treppen kann man aus dem Gang in einen Ausstellungssaal treten, wo die Künstlerin einige Bilder präsentiert, die sie aus der Sammlung des Museums ausgewählt hat. Wie in einem Filmstudio sieht man die Gänge von der Rückseite: als provisorische Konstruktion aus Metallrahmen und Holzwerkstoffplatten.

So absurd es auch klingt: Gerade indem Monika Sosnowska die Ausstellungsräume verbirgt, werden die Besucher dazu animiert, über deren Konzept nachzudenken. Die über die Diagonale entwickelte Symmetrie gilt auch für die Konfiguration der Gänge. Nicht auf materieller, aber auf konzeptioneller Ebene sind beide Systeme miteinander verbunden. So wird die Intervention zur Partizipation.

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