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Bauwelt 13.07
Verdichtungsstrategien
Bauwelt 13.07
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MIPIM 2007

29. März 2007 - Christian Brensing
Der Erfolg hat die seit ihrer Gründung 1990 stetig wachsende größte Gewerbe-Immobilienmesse der Welt in Cannes überrollt: Über 25.000 Besucher – 3500 mehr als im Vorjahr – aus 80 Ländern dräng­ten sich an den Ständen, auf den Yachten, in den
Hotels und auf den Gassen der Altstadt. Viel zu viele, sagte mancher dort, wo die Messe aus den Nähten zu platzen und sich selbst zu blockieren drohte. Die Organisatoren reagierten schnell. Bereits im Vorfeld der MIPIM ließen sie verkünden, dass es ab Herbst 2008 eine zusätzliche Messe, ebenfalls in Cannes, unter dem Signum „Mipim Horizons“ geben soll. Aufstrebende Immobilienregionen wie z.B. Indien, die arabischen Staaten oder Osteuropa möchte man dort präsentieren. Interessanterweise wird die „Mipim Horizons“ im September, also einen Monat vor der deutschen Konkurrenzmesse, der Münchner Expo Real, ausgerichtet.

Was diese Pläne rund um die MIPIM und das immer stärker ausufernde Schaulaufen der Immobilien- und Baubranche an der Côte d’Azur belegen, ist, dass mit Real Estate zurzeit prächtig Geld verdient wird. Trotz des europäischen Renditetiefs (momentan unter den magischen 6 Prozent) und steigender Zinsen, findet immer mehr Kapital den Weg in die Immobilie. Und die Verknüpfungen mit dem Kapitalmarkt werden immer vielfältiger. So wird die Immo­bilie als kurz- und mittelfristige Anlageoption gezielt auf ihre Performance hin analysiert. Dafür be­darf es immer mehr professioneller Berater, angefangen bei Rechtsanwälten, Investmentbankern oder Unternehmensberater, die sich alle auf der MIPIM tummel­ten. War vor einigen Jahren „Facility Management“ das Zauberwort, so ist es heute „Asset Management“. Die internationale Finanzwelt hat Einzug in die Immobilienwirtschaft gehalten. Fonds, Versorgungswerke und Beteiligungsgesellschaften aus der ganzen Welt legen ihre Erträge zu vermeintlich sicheren und besseren Konditionen (als z.B. in Aktien oder Ren­ten) in Real Estate an. Für alle Beteiligten, mitunter sogar für Architekten, stellt dies einen gewaltigen Paradigmenwechsel dar. Das geforderte Leistungsspektrum geht daher auch klar über eine technische Due Diligence (die im Finanzverkehr „erforderliche Sorgfalt“) oder das Facility Management hinaus. As­set Management bedeutet eine aktive Verwaltung und Bearbeitung von Immobilienvermögen. Darunter fällt die ständige Analyse und Optimierung des Portfolios unter primär kaufmännischen Gesichtspunkten. Für den nötigen geschäftlichen Druck sorgen die Beschaffungsmärkte, z.B. in Osteuropa und den arabischen Staaten, wo die Preise kräftig gestiegen sind. MIPIM und Expo Real sind für das weltweite Werben um Aufsehen, Know-how, politischen Willen und Kapitalströme zu unverzichtbaren Drehschreiben geworden.
Was dies für die Architektur bedeutet, ist schon seit Jahren zu beobachten. Zunächst zeigten sich die ersten Anzeichen nur an bestimmten „hot-spots“ wie Dubai, Moskau oder Shanghai. Inzwischen bemüht sich jede Region, die etwas auf sich hält, um außergewöhnliche Bauwerke. Der weltweite Bedarf an Opernhäusern, luxuriösen Wohnhochhäusern, exquisiten Einkaufspassagen oder gar In-Door-Skipa-radiesen scheint ins Unermessliche gestiegen zu sein. Der Hunger nach Luxus treibt die Objekte in schwindelerregende Ausmaße in puncto Höhe, Größe, Ausstattung und Kosten. Wohnhochhäuser mit 40 Stockwerken, ausgelegt für Suiten über ganze Geschosse, sind keine Seltenheit mehr. Zuhauf glitzerten die mo­dellhaften Impressionen dieser Neuen Welt an den Ständen in Cannes. Es ist erschreckend, derart geballt vorgeführt zu bekommen, wie mit sogenannter „Architektur“ die Welt verschandelt werden soll.

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