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anthos 2008/2
Sport
anthos 2008/2, Foto: Sabine Wolf
zur Zeitschrift: anthos
Herausgeber:in: BSLA

Subtile Totalsanierung

Das Freibad Letzigraben

Die ersten öffentlichen Badeanstalten Zürichs wurden an See, Limmat und Sihl erbaut, später folgten die Quartierbäder. Sie alle müssen regelmässig renoviert, saniert und aktuellen Bedürfnissen angepasst werden.

22. Mai 2008 - Sabine Wolf
Zürich unterhält heute bei 370 000 Einwohnern 42 Schwimmbäder und hat damit die höchste Bäderdichte der Welt. Das erste künstlich angelegte Beckenbad unter freiem Himmel, das Freibad Allenmoos in Zürich- Oerlikon, feierte 1939 Eröffnung. Die prominenteste Badeanstalt der Stadt jedoch ist Max Frischs Freibad Letzigraben, als zweites künstlich angelegtes Bad 1949 eröffnet.

Max Frisch als Architekt Frisch studierte 1936 bis 1940 an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich Architektur. 1943 gewann er den Wettbewerb für das Quartierbad Letzigraben, konzeptionelle Zielsetzung war die «äusserste Auflockerung aller Bauten». Gruppiert angeordnete Pavillons mit Umkleiden, die das Gelände an drei Seiten flankieren, ohne es gegen die umgebende Bebauung abzuschirmen, bilden den gestalterischen Rahmen. Im Inneren der Anlage steht eine grosszügige, sanft modellierte Freifläche für den Badebetrieb zur Verfügung. Hierfür plante Frisch ein Nichtschwimmerbecken, ein 50-Meter-Schwimmerbecken sowie ein 50-Meter-Schul- und -Sportbecken mit Drei-, Fünf und Zehnmeterturm – dem ersten der Schweiz. Hinzu kam ein Planschbecken für Kleinkinder.

Das Gestaltungskonzept der Anlage entwickelte Frisch gemeinsam mit dem Landschaftsarchitekten Gustav Ammann, der zuvor unter anderem für das Freibad Allenmoos verantwortlich zeichnete. Die geschwungenen Beckenränder des Nichtschwimmer- sowie des Kleinkinderbeckens sind in Anlehnung an natürliche Gewässerformen entwickelt. Die Wege sind organisch geführt und durch unterschiedliche Breiten und Materialisierungen gegliedert. Etwa vierhundert Bäume und tausend Sträucher wurden gesetzt, artenreiche Bepflanzungen säumten Becken und Wege. Auf dem höchsten Punkt der Anlage thront ein achteckiger, von einer offenen Terrasse eingefasster Restaurant-Pavillon.

Der Baubeginn wurde bis August 1947 hinausgeschoben, am 18. Juni 1949 öffnete das «Letzibad», ausgelegt für 4200 Gäste. Die Gesamtbaukosten betrugen 4,5 Millionen Franken.

Subtile Totalsanierung

Das hohe Alter der Anlagen, geänderte Nutzungsansprüche sowie bauliche Veränderungen in den vergangenen 60 Jahren hatten den ursprünglichen Charme des Bades gemindert. 2005 wurde die Notwendigkeit einer Totalsanierung des – aufgrund seiner architektonischen Qualität und kulturellen Bedeutung – als Baudenkmal klassifizierten Bades festgestellt. 2006/07 wurden die Arbeiten ausgeführt.

Die Stadt Zürich als Bauherrin, vertreten durch das Amt für Hochbauten, vergab den Auftrag der architektonischen Sanierung an das Zürcher Büro weberbrunner architekten. Ziel war eine Annäherung an den Originalzustand, einschliesslich des ursprünglichen Farbkonzeptes. Durch Um- und Rückbau an den Gebäuden erhielten diese ihre offene Leichtigkeit zurück. Dem Zehn-Meter-Sprungturm wurde wieder ein zweiter Drei-Meter-Turm zur Seite gestellt, sodass das ursprüngliche, symmetrische Ensemble hergestellt werden konnte. Das Kleinkinderbecken wurde an seinen ursprünglichen Standort verlegt, Details wurden erneuert. Hinzu kamen zeitgemässe Attraktionen: Das Nichtschwimmerbecken ist neu mit einem Strömungskanal ausgestattet worden, das Schwimmerbecken erhielt Massagedüsen, das Sportbecken eine unterirdische Wellenerzeugungsanlage und Unterwasserbeleuchtung.

Die Sanierung der Landschaftsarchitektur übernahm das Büro SKK aus Wettingen. Auch hier war die Aufgabe eine subtile Totalsanierung, das Ergebnis sollte dem Ursprungsprojekt möglichst nahe kommen. Den restaurierenden Massnahmen «Bepflanzungskonzept», «Aufwertung Gartenhof» und «Wiederherstellung Zierteich beim Pavillon» kam höchste Priorität zu. Es galt, den wertvollen Baumbestand zu erhalten und Sichtbeziehungen, besonders die Einsichten in die Wasserbecken, wieder herzustellen. Bereiche, die ihre ursprüngliche Qualität verloren hatten, wurden – wenn möglich entsprechend den alten Pflanzplänen – neu bepflanzt, das Zierbecken beim Restaurant, die Natursteinmauern und die Steinplattenwege wieder hergestellt. Lockere Baum- und Strauchgruppen, geschwungene, mit Naturstein gesäumte Wege und prächtige Staudenpflanzen prägen heute erneut das Bild der Anlage.

Am 11. Mai 2007 wurde das gelungen sanierte Freibad wieder eröffnet. In einem Teil der ursprünglichen Sammelgarderobe ist eine während der Saison zugängliche Ausstellung zu Leben und Werk Max Frischs sowie zu seinem Freibad eingerichtet. So kommt bei einem Freibadbesuch neben der körperlichen Ertüchtigung auch das Geistige nicht zu kurz.

[Sabine Wolf, Stadtplanerin, Zürich]

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Für den Beitrag verantwortlich: anthos

Ansprechpartner:in für diese Seite: Daniel Haidd.haid[at]fischerprint.ch

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