Zeitschrift

Architektur + Wettbewerbe 215
Raffinierte Einfamilienhäuser
Architektur + Wettbewerbe 215

Wohnhaus mit Gästehaus in Grosselfingen

19. September 2008
Die Aufgabe der Architekten bestand darin, ein kostengünstiges Haus für zwei Personen auf einem kleinen, preisgünstigen Grundstück zu entwerfen. Das Gebäude sollte trotz seiner kleinen Größe hell, offen und großzügig sein, Raum für Gäste bieten und über einen kleinen intimen Garten verfügen. Im Falle eines Weiterverkaufs sollte es für eine Familie mit 1-2 Kindern umgenutzt werden können. Ein hochwertiges, funktionales Design sollte mit einfachen Mitteln erreicht, auf übermäßige Technik verzichtet werden. Die Oberflächen sollten so einfach und schlicht wie möglich gestaltet werden.

Entwickelt wurde ein schlichter, länglicher Baukörper, der das Grundstück optimal ausnutzt. Um den Außenraum besser zu gliedern und das Grundstück von der Straße abzuschotten, wurde der Gästebereich aus dem Gesamtvolumen des Baukörpers herausgenommen und ein separates Gästehaus geschaffen. Im Gebäudeinneren wurde die lange Grundfläche mit wenigen Elementen zoniert. Zwei Elemente gliedern den Baukörper: Die Treppe und zwei Sanitär- und Technikblöcke, die wie Wandschränke gestaltet und im Innern farblich abgesetzt sind. Sie bergen im Obergeschoss das Badezimmer, im Erdgeschoss die Gästetoilette und den Garderobenbereich. Alle Funktionen, darunter Therme, Hausanschlüsse und Sanitärelemente sind in diesen Nischen eingebaut.

Unterschieden werden öffentliche Bereiche, wie Küche, Wohn- und Essraum, und private Bereiche, wie Schlafzimmer und Bad. Erstere sind offen und großzügig gestaltet und wachsen zu einem einzigen Raum zusammen. Letztere sind auf ein Minimum an Raumgröße reduziert und bieten den Bewohnern Rückzugsmöglichkeit und Geborgenheit. Badezimmer und Schlafzimmer sind durch einen Flur verbunden, der gleichzeitig als Ankleide dient. Wandschränke ersetzen in diesem Bereich die Wände. Türen verschließen nur die privaten Bereiche. Das Haus wird als dreidimensionaler Körper begriffen, als bewohnbare Skulptur. Die Bereiche, in denen sich die Bewohner bewegen, entwickeln sich nicht nur in der Horizontalen sondern auch in der Vertikalen. Verknüpft sind sie einerseits durch Wanddurchbrüche in der Waagerechten (wie die Durchreiche vom Eingangsbereich zur Küche und das Schaufenster im Kleiderschrank von Ankleide zum Luftraum) und andererseits durch zwei Lufträume in der Senkrechten. Diese Öffnungen – mal groß, mal klein – verbinden die einzelnen Bereiche und schaffen großzügige Raumsituationen. So ist der Bereich, den man optisch erfasst größer, als der Raum, in dem man sich gerade aufhält.

Ein Dachüberstand über Eingangsbereich und Terrasse und große Glasflächen zur Gartenseite lassen Innen- und Außenraum ineinander greifen. Ein überdimensionaler Vorhang an der Vorderkante des Dachüberstandes dient als Sicht- und Sonnenschutz und schafft eine Zwischenzone, einen intimen Außenbereich, eine Veranda. Zieht man den Vorhang zu, verändert man den Baukörper grundlegend und erhält einen geschlossenen Kubus. Das Haus kann durch diesen Vorhang regelrecht bespielt werden, es wird selbst zum Teil eines Spektakels. Je nach Lust und Laune der Bewohner, aber auch in Abhängigkeit von Witterung und Tageszeit kann die äußere Hülle, aber auch der Innenraum umgestaltet werden. Wärme, Licht und Sicht werden reguliert, der Wind und die Bewohner bringen Bewegung ins Spiel, die Terrasse wird zur Bühne.

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Für den Beitrag verantwortlich: Architektur + Wettbewerbe

Ansprechpartner:in für diese Seite: Arne Barthaw[at]kraemerverlag.com

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