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ARCH+ 189
Entwurfsmuster
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Das Neue Ornament

Puppentheater

18. November 2008 - Michael Meredith
Das Puppentheater am Carpenter Center in Cambridge schiebt sich unter den vorhandenen Bau Le Corbusiers und erschließt einen Ort, der bisher für Nutzungen unzugänglich war. Die Gesamtstruktur musste sich den verschiedenen Gegebenheiten des Ortes anpassen, sollte jedoch nur auf sich selbst bezogen sein und sich selbst tragen. Der Bau erscheint wie ein Hybrid aus organischen und synthetischen Formen. Auf der Außenhaut wächst grünes Moos, das mit dem glänzend weißen Baumaterial im Inneren kontrastiert.

Das kleine Theater setzt sich aus ca. 500 einfarbig weißen, rautenförmigen Polycarbonat-Elementen zusammen, die alle leicht unterschiedlich sind. Den modifizierten Elementen lag die „Urform“ eines einzelnen Diamant-Elements zugrunde. Dieses wurde entsprechend der Krümmung des Objektes immer wieder angepasst. Die variierenden Module konnten mit Hilfe neuer Fertigungstechniken der Mass-customization hergestellt werden. Die einzelnen Elemente folgen dabei wenigen einheitlichen, geometrischen Regeln, lassen sich auf verschiedenen Maßstäben umsetzen, in vielfältigen Kontexten anwenden und ordnen sich gleichzeitig den ökonomischen sowie technischen Produktionsbedingungen unter. Die Struktur steht somit für eine komplexe Verbindung formaler und materieller Entwurfstechniken.

Durch die Verwendung einfacher Bolzen kann die Struktur unkompliziert auf- und abgebaut werden. Zur Aussteifung werden die hohlen Polycarbonat-Elemente mit einem Schaumstoff gefüllt. Aus statischen Gründen und um Deckenlichter zu schaffen, sind einzelne Elemente in der Decke nicht ausgefüllt. Die Gestaltung der Sitzreihen im Inneren nimmt das Diamant-Raster auf und erzeugt ein einheitliches Raumbild.

Durch das vom Architekten selbst verwandte Bild des „Augapfels“ will die selbsttragende Schalenkonstruktion den Sehvorgang thematisieren. Die intensiven Reflektionen im Inneren des Puppentheaters bedingen, dass der Raum größer wirkt als sein Äußeres vermuten lassen würde. Ist das Puppentheater nicht in Benutzung, richtet sich sein Fokus auf einen Baum nahe des Carpenter Centers und stellt nicht erst darüber einen subtilen Bezug zur Natur her: In diesem Bau verschmelzen geometrische, modulare, standardisierte Prozesse mit organischen Formen und stellen so einen Bezug zu natürlichen Phänomenen wie Komplexität, Wachstum oder Symbiose her.

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Für den Beitrag verantwortlich: ARCH+

Ansprechpartner:in für diese Seite: Anh-Linh Ngoberlin[at]archplus.net

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