Zeitschrift

Architektur + Wettbewerbe 216
Neuer Städtebau
Architektur + Wettbewerbe 216

Stadtcarré in Bad Rappenau

19. Dezember 2008
Lange Zeit war Bad Rappenau ausschließlich von der Heilkur geprägt, die seit dem 19.Jahrhundert mit der hier gewonnen Sole erfolgt. Zahlreiche über die Landesgrenzen hinaus bekannten Bäder und Sanatorien und zugehörige Kurparks finden sich in der Stadt. Im Zuge der Neuausrichtung des Kurbetriebes in Richtung Wellness und Rehabilitation nach Krankenhausaufenthalten wurde Anfang der 1990er Jahre die Innenstadt saniert, um den Ansprüchen der neuen Gäste gerecht zu werden. Im Rahmen dieser Umstrukturierung wurden mehrere städtebauliche Wettbewerbe ausgelobt – aus einem davon ging das neue Rauhaus mit Rathausplatz hervor. Der südliche Teil des Zentrums wurde zwar mehrmals überplant; die Entwürfe kamen aber nie zur Ausführung. Dieser Bereich wurde bislang als Parkplatz genutzt, mit entsprechenden Nachteilen für das Stadtbild und die Wegeverbindungen. Impuls für die erneute Untersuchung einer möglichen Bebauung an dieser städtebaulich wichtigen Stelle war die Vergabe der Landesgartenschau 2008, auch verbunden mit einem neuen Anschluss an das Regionalbahnnetz. Die wesentlichste städtebauliche Qualität wurde deshalb auf die Verbindung zwischen Bahnhof und Innenstadt gelegt. Dies gelingt durch eine öffentliche Passage, die das Gebäude in zwei Bauteile trennt und auf die Stadtkirche als wichtigsten Bezugspunkt in der Stadt orientiert ist.
Am Eingang der Passage zum Bahnhof wird ein Vorplatz gebildet, der sich zum Bahnhof orientiert und durch ein Café belebt wird. Eine große Tiefgarage und notwendige Nebenräume befinden sich im gemeinsamen »Sockel« unter den Läden. Neben den Geschäften im Erdgeschoss, die das Angebot in der Innenstadt ergänzen, sind darüber im westlichen Gebäudeteil 15 Zwei- bis Fünfzimmerwohnungen entstanden, die sich zum Stadtpark orientieren und für Familien konzipiert sind. 36 betreute Zwei- und Dreizimmerwohnungen befinden sich im größeren Gebäudeteil und gruppieren sich auf drei Geschossen um eine gemeinsame grüne Mitte. Vorgelagerte Laubengänge dienen der Erschließung und gleichzeitig als Treffpunkt für die Bewohner. Der Standort in der Mitte der Stadt bietet den älteren Menschen, die häufig aus einem größeren Eigenheim am Stadtrand in das »Stadtcarré« umgezogen sind, eine neue Lebensqualität. Die Nähe der Wohnung zur Stadt eröffnet vor allem bei in der Bewegung eingeschränkten Senioren die Möglichkeit, selbst wieder aktiv zu sein und zum Beispiel einzukaufen oder am öffentlichen Leben in der Stadt teilnehmen. Viele der Bewohner gehen sehr häufig in »ihr Café« und treffen sich dort mit der Familie und Freunden. Gleichzeitig ist diese Nutzung auch eine Chance für Städte und Gemeinden, mehr Menschen in den Innenstädten zu halten oder zurück zu gewinnen.

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Für den Beitrag verantwortlich: Architektur + Wettbewerbe

Ansprechpartner:in für diese Seite: Arne Barthaw[at]kraemerverlag.com

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