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anthos 2009/3
Die Alpen
anthos 2009/3
zur Zeitschrift: anthos
Herausgeber:in: BSLA

Neue Resorts in den Alpen – wenn, dann nachhaltig!

Ferienresorts werden vielerorts zum Allheilmittel für den Alpentourismus verklärt. Leere Gemeindekassen und der kommunale Konkurrenzkampf reichen oftmals als Begründung, sich für ein Resort inmitten freier Landschaft oder gewachsener dörflicher Strukturen einzusetzen. Das ist meist kurzfristig gedacht und selten nachhaltig.

11. September 2009 - Dominik Siegrist
Die neuen Ferienresorts sind in vieler Munde. Aktuell sind in der Schweiz rund fünfzig Projekte in Diskussion, bei geschätzten Gesamtinvestitionen von rund sechs Milliarden Franken. Diese grosse Zahl hängt damit zusammen, dass Ferienresorts zwei Versprechen für kriselnde Ferienorte bergen: Sie bringen Investoren und warme Betten in die Bergtäler. Ob eine grössere Zahl davon tatsächlich gebaut wird, steht allerdings in den Sternen.
Die Planung und Erstellung grosser Ferienresorts wirft eine Reihe grundsätzlicher Probleme auf, die am Selbstverständnis bisheriger Tourismus- und Berggebietsentwicklung rütteln. So stellt sich die Frage, ob derartig gross dimensionierte Tourismusinfrastrukturen überhaupt mit den Grundsätzen einer nachhaltigen Regionalentwicklung vereinbar sind. Die Ausgangslage ist längst nicht mehr die Gleiche wie in den Boomzeiten früherer Jahrzehnte. Damals hatte jedes Tal sein Tourismusprojekt. Heute sind die Alpen vielerorts stark übernutzt, und die Sensibilität für die Verletzlichkeit der Alpenlandschaften in der Bevölkerung ist stark gestiegen.

Können grosse Ferienresorts überhaupt nachhaltig sein?

Grosse Ferienresorts haben einen enormen Ressourcenverbrauch zur Folge. Deren Bau und Betrieb benötigt riesige Flächen und belastet die Landschaft. Als Luxusanlagen besitzen Ferienresorts einen erheblichen Verbrauch an Hausenergie. Da die Gäste oft mit dem Flugzeug anreisen, ist aber auch der Anteil an Transportenergie und damit der Ausstoss an klimaschädigenden Treibhausgasen sehr hoch. Ferienresorts haben zudem unökologische Folgewirkungen wie den Bau neuer Golfplätze, die Vergrösserung von Skigebieten und die Zunahme des Helikoptertourismus. Zu befürchten ist darüber hinaus die zunehmende Dominanz einer Baukultur, die mit der Alpenlandschaft nicht vereinbar ist, wie beispielsweise der geplante Hotelturm auf der Schatzalp in Davos oder die Renaissance eines überkommenen Heimatstils in der neuen Maiensäss-Siedlung Aclas auf dem Heinzenberg.

Auch in soziokultureller Hinsicht sind negative Folgen zu befürchten. Wenn ein neues Resort mehr Betten schafft als eine Gemeinde Einwohner hat, stellt sich die Frage nach der sozialen Tragfähigkeit. Aus dem viel gepriesenen Kulturkontakt kann rasch auch ein Kulturkonflikt zwischen der Bevölkerung, den im Resort Beschäftigten und den Gästen werden. Und das wirtschaftliche Klumpenrisiko ist aufgrund der einseitigen Fixierung auf wenige Investoren hoch. Gleichzeitig gehen die demokratischen Mitwirkungsmöglichkeiten der Bevölkerung deutlich zurück, da die Entscheide nicht mehr im Kanton oder in Bern gefällt werden, sondern in einer Konzernzentrale irgendwo in der Welt.

Grossinvestitionen in einen Tourismus nur für die Reichen und Schönen dieser Welt führen zudem zur Verdrängung von sozial verträglichen und naturnahen Tourismusangeboten. Und was passiert, wenn die Investoren zwischendrin aussteigen und die Grossbauten als Bauruinen in der Landschaft zurückbleiben, wie dies in den 1960er Jahren in Mollens bei Crans-Montana der Fall war?

Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Berggebietsentwicklung

Resort ist nicht gleich Resort. Mit dem REKA-Feriendorf in Urnäsch wurde bewiesen, dass es möglich ist, integrierte Ferienanlagen so zu bauen, dass diese hohen Nachhaltigkeitsstandards genügen. Allerdings besitzt die Anlage nicht 3000, sondern einige hundert Betten und fügt sich harmonisch in die Gemeinde ein. Um solche Modellbeispiele zum Regelfall werden zu lassen, müssen Bund, Kantone und Gemeinden den Investoren klare Rahmenbedingungen setzen. Damit kann dafür gesorgt werden, dass Bau und Betrieb von Ferienresorts nur eine minimale Belastung für Umwelt und Klima darstellen. Die Verhältnismässigkeit bezüglich räumlicher und gesellschaftlicher Strukturen ist zu wahren. Die Projektanten sollen nachweisen müssen, dass ihr Projekt langfristig einen positiven Effekt für die Standortregion hat und dass tatsächlich warme Betten entstehen. Der Schweizer Heimatschutz hat vor einem Jahr entsprechende Vorschläge präsentiert (http://www.heimatschutz.ch/index.php?id=719).

Ein wichtiges Thema ist auch die Standortwahl. Dazu braucht es eine übergeordnete Planung, welche die verschiedenen Ebenen und Akteure miteinander koordiniert. Resorts und andere Grossprojekte sollten in Zukunft in den kantonalen Richtplänen festgelegt werden. Dabei bildet die Anbindung an bestehende touristische Infrastrukturen und Siedlungsgebiete ein wichtiges Kriterium. Auf zusätzliche Einzonungen von Bauland sollte grundsätzlich verzichtet werden. Ebenso darf der Bund keine Ausnahmen von der Lex Koller mehr erlauben, wie er dies im Falle von Andermatt getan hat. Werden tatsächlich neue Ferienresorts erstellt, soll eine architektonisch hochstehende Weiterentwicklung der alpinen Baukultur angestrebt werden. Dies kann nur mit einer professionellen Qualitätssicherung in der Gestaltung erreicht werden, zum Beispiel mit Architekturwettbewerben oder mit Studienaufträgen.

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Für den Beitrag verantwortlich: anthos

Ansprechpartner:in für diese Seite: Daniel Haidd.haid[at]fischerprint.ch

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