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anthos 2009/4
Holz
anthos 2009/4
zur Zeitschrift: anthos
Herausgeber:in: BSLA

«Es war einmal…

ein Stück Holz…», beginnt die Geschichte von Pinocchio. Und so beginnen auch meine. Im Oerliker Park waren es 1678 Stück Holz, die auf ihre Weise anecken, sich fügen, herausragen, aus der Reihe tanzen.

26. November 2009 - Hans-Georg Kellner
Meine Spielplätze entstehen meist aus einem Gefühl heraus und nicht aufgrund sachlicher Überlegungen. Natürlich sind örtliche Gegebenheiten und funktionale Ansprüche massgebliche Parameter für landschaftsgestalterische Konzepte. Ein Spielplatz kann sich harmonisch einfügen oder auch einen bewussten Kontrapunkt setzen. Ich nehme die Vorüberlegungen ernst – mir aber auch den Spass heraus, mit dieser Ernsthaftigkeit zu brechen. Schon die im Konzept für den Oerliker Park genannte «Interventionszone » (siehe anthos 1/98), die eher an UN-Einsätze denken lässt als an attraktive Strukturen, um den öffentlichen Raum zu beleben, verführt dazu.

Der Oerliker Park war als Stadtraum in sich dermassen schlüssig, dass sich das Konzept als Selbstzweck offenbarte, da es ausser sich nichts zuliess. Intuitiv hätte ich mit Kitsch als Kontrast agiert, wäre der unnahbaren Schönheit des Platzes mit etwas Herzwärme begegnet: Kleingartenparzellen mit Liebe, Laube, Gartenzwergen, geblümte Natürlichkeit im strengen Grau. Ich hätte darin eine grossartige gestalterische Chance gesehen. Mit dem jetzt entstandenen Spielplatz wurde für mich das Potenzial des Ortes nur bedingt erfasst. Dennoch ist er eine stimmige Intervention, wenn man sieht, was die Dynamik der Oerliker Hölzer an Verwandlung bewirkt. Eine Spielstruktur, die wie Pinocchio an Gegensätzlichkeiten aneckt, keine sicheren Plattformen bietet, sondern stets neue Möglichkeiten eröffnet, einen eigenen Weg zu finden. Die motorische Herausforderung als erste kindliche Grenzerfahrung, wie weit kann man gehen, wie hoch hinaus und wer begleitet einen hinein in die dichte Mitte?

Meine Spielplätze sollen eine Geschichte bieten, die nicht nur Kinder interpretieren, sondern die Phantasie aller anregen. Ein Märchen lebt von seinem Erzähler, aber es braucht ein paar gute Zutaten, wie zum Beispiel ein lebendiges Stück Holz.

Ich bin kein Holzapologet in dem Sinne, dass es das einzig selig machende Material sei. Monokultur ist immer ungesund und wer Vielfalt verneint, vergibt eigentlich viel. Hinzu kommt, dass die Grenzen von Holz im Freiraum in seiner Natürlichkeit liegen, dass Verwitterung und Verfall bei der Planung zu bedenken sind. Mich hat im Laufe der Zeit vor allem die durch Holz eingeschränkte Formsprache zu anderen Materialien geführt, etwa Metall, gefärbt, gelasert und geflext, wie auch Kunststoff. Das Spektrum an gestalterischen und funktionalen Möglichkeiten wird hierdurch ungemein erweitert. Das Panorama an Sinneseindrücken, das solche Collagen zulassen, ist Spiel ohne Grenzen. Ein Spiel mit Brüchen um ein vieldeutiges Ganzes, Spielskulpturen als Anregung. Die Kontrastwirkung des Materialmixes ermöglicht ein weitaus ästhetischeres Altern der Objekte im Freiraum.

Im Sinne einer neuen Interpretation von Nachhaltigkeit würde ich meine Idee «wild, aber leicht» als Spiel mit der begrenzten Zeit umsetzen wollen. Etwa Fichte, Föhre, Fundstücke: einfach, schnell, kostengünstig zu entwickeln und voller Möglichkeiten. Spielplätze, die, bevor sie vergrauen und langweilen, ganz neu erfunden werden können.

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Für den Beitrag verantwortlich: anthos

Ansprechpartner:in für diese Seite: Daniel Haidd.haid[at]fischerprint.ch

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