Zeitschrift

dérive 38
Rekonstruktion und Dekonstruktion
dérive 38
zur Zeitschrift: dérive
Herausgeber:in: Christoph Laimer
dérive hat diesmal ein besonderes Extra zu bieten: Andreas Fogarasi zeigt drei seiner aktuellen Werkserien in einem Beileger, zu finden am Ende des Heftes. Regelmäßige dériv­e-Leser und -Leserinnen kennen Andreas Fogarasi als Autor und Redakteur von zwei Schwerpunktheften (dérive 10 „Argument Kultur“ und dérive 23 „Visuelle Identität“) und wissen vielleicht auch, dass Fogarasi das grafische Erscheinungsbild von dérive entwickelt hat. Das Ludwig Forum für internationale Kunst in Aachen zeigt ab 28. Februar 2010 seine Ausstellung „1998“. Das beigelegte Heft ist – gemeinsam mit dieser dérive – Teil der kommenden Ausstellung.

Für den Schwerpunkt von dérive 38 Rekonstruktion und Dekonstruktion

Zur soziologischen Analyse des aktuellen Städtebaus zeichnet die Architektursozio­login Heike Delitz verantwortlich. Eines der Phänomene, die im Schwerpunkt vor allem aus einer gesellschaftstheoretischen Perspektive thematisiert werden, ist die Welle an Rekonstruktionen von Kirchen, Schlössern und ganzen Stadtquartieren, die speziell in Deutschland heftige und emotional geführte Debatten auslösen und als Rückfall in vormoderne Zeiten scheinen – am prominentesten dabei wohl die Diskussion rund um das Stadtschloss in Berlin. Andererseits wird die gesellschaftliche Grundlage für die von Kritikern oft als „Spektakel­architektur“ bezeichnete und von den Marketing­ab­tei­lungen von Konzernen und Kommunen favorisierte Architektur von Stars wie Zaha Hadid, Frank Gehry, Coop Himmelb(l)au, Daniel Libes­kind etc. untersucht. Delitz dazu in ihrem Einleitungs-Artikel: „Soziologisch dringt dann der Konflikt zwischen Destruktion und Rekonstruktion, Architektur und Öffentlichkeit tiefer als bis zu Geschmacks­fragen. Es zeigt sich darin mehr als das provozierende Geschäft, die Distinktionsleistung der Avantgarde. Die Frage ist, warum unsere Gesellschaft gerade jetzt auf gerade diese Gestalten ihrer selbst kommt.“ Für das Schwerpunkt-Cover hat uns Dorit Margreiter dankenswerterweise zwei Fotos aus einer Arbeit über das Brühl-Ensemble in Leipzig zur Verfügung gestellt, das auch im Mittelpunkt eines Artikels von Silke Steets über die Dekonstruktion der Ostmoderne steht.

Der Magazinteil bringt neben Manfred Russos neuer Folge zur Geschichte der Urbanität drei sehr unterschiedliche Beiträge: Christoph Luchsinger, der seit kurzem eine Professur am Städtebauinstitut der TU Wien inne hat, legt mit seinem Beitrag zur Krise der klassischen Raumplanung seine Vorschläge für neue Rahmenbedingungen dar und eröffnet damit vielleicht eine Debatte, für die dérive gerne als Forum zur Verfügung steht. Daniel Kalts lose Serie über Kunst im öffentlichen Raum widmet sich diesmal der für Österreich wegweisenden Arbeit von Kunst im öffentlichen Raum Nieder­österreich, die seit 13 Jahren unter der Leitung von Katharina Blaas-Pratscher entwickelt wird. Kalt spricht mit Blaas-Pratscher über Zielsetzungen, Ambitionen und Pläne. Im dritten Beitrag stellt Thomas Ballhausen einige Ausschnitte aus dem von ihm und Verena Bauer übersetzten Buch Scharfe Zähne von Toby Barlow vor: „Barlow vereint in seinem international gefeierten Debütwerk die Coolness von Noir-Krimis mit antiker Mythologie, er verkoppelt eine berührend aufrichtige Liebesgeschichte mit dem eindringlichen Porträt einer Stadt, die voller Träume und Alpträume steckt.“

Der Besprechungsteil ergänzt die hohe Dichte an zeitgenössischer Kunst – Dorit Margreiters Arbeiten am Cover, Michael Ashkins Kunstinsert und Andreas Fogarasis Beilage – mit einem Kunst/Kultur/Stadt-Schwerpunkt: Zu einer Besprechung von Wem gehört die Stadt, einem Band über Kunst im öffentlichen Raum in Wien seit 1968, reiht sich eine Rezension von Kunst macht Stadt in dem die Auswirkungen von Kunstförderungen auf die Quartiersentwicklung untersucht werden. Weiters zu lesen eine Besprechung von Oliver Freys Die amalgame Stadt in der es – wie der Untertitel ankündigt – um Orte, Netze, Milieus der Kreativen geht, die auch im Band Phantom Kulturstadt, der ebenfalls besprochen wird, in einigen der Beiträge Thema sind.
Christoph Laimer

Inhaltsverzeichnis

Schwerpunkt: Rekonstruktion und Dekonstruktion.
Zur soziologischen Analyse des aktuellen Städtebaus
Heike Delitz

Rekonstruktivismus als soziale Bewegung – der Fall Berlin
Joachim Fischer

Nach der sozialistischen Moderne? Der Streit um die Rekonstruktion der Leipziger Universitätskirche St. Pauli
Ralph Richter und Thomas Schmidt-Lux

Wiederaufbau und De-Konstruktion: Zwei Skizzen zu Frankfurter Fällen – Tabula Rasa im Wandel der Zeit: Aspekte der Debatte um den Wiederaufbau der Frankfurter Altstadt
 – Hochbauen und Niederreißen in „Mainhattan“

Oliver Schmidtkes und Markus Dauss

Dekonstruktion der Ostmoderne. Das Leipziger Brühl-Ensemble
Silke Steets

Parasitäre Strategien der De-Konstruktion. Eine architektursoziologische Skizze
Heike Delitz

Kunstinsert

Michael Ashkin: Riker’s Heterotopos

Magazin

Zur „Krise“ der klassischen Raumplanung
Christoph Luchsinger

Ein weites Land, mit Kunst bespielt
Daniel Kalt

Scharfe Zähne
Toby Barlow

Serie

Geschichte der Urbanität – Teil 29, Moderne VI: Raum-Zeitkontraktionen
Manfred Russo

Besprechungen

Wem gehört die Stadt?
Daniel Kalt über Wem gehört die Stadt? Wien – Kunst im öffentlichen Raum seit 1968 herausgegeben von Bettina Leidl und Gerald Matt

Macht Kunst Stadt?
Manfred Russo über Kunst macht Stadt von Philipp Rode und Bettina Wandschura

Planen in einer „Postkonfliktsituation“
Peter Schmidt über die Ausstellung Balkanology im Architekturzentrum Wien

Wiener Stadterneuerung im Überblick
Philipp Rode über die Ausstellung Die sanften Wilden im Ringturm Wien

Die Wiener Kreativszene und ihre Orte
Manfred Russo über Die amalgame Stadt von Oliver Frey

Bubischädel für Wiener Mädel
Iris Meder über die Ausstellung Kampf um die Stadt im Wien Museum

Faits Divers
Phänomen Kulturstadt
Susanne Karr über Phantom Kulturstadt herausgegeben von Konrad Becker und Martin Wassermair

Vorwärts Zurück
André Krammer über die erste Ausgabe der Zeitschrift Dortmunder Vorträge zur Stadtbaukunst

Kunst am Fertigbau
Maria Welzig über die Interventionen Hausstellungen in der Blauen Lagune von Studierenden der Kunsthochschule Kassel und der Universität für angewandte Kunst Wien

Die steirische Architektur von außen betrachtet
Roland Tusch über Von Menschen und Häusern herausgegeben von Ilka und Andreas Ruby

Das Gebäude und seine Umwelt
Peter Schmidt über Anti-Object. The dissolution and disintegration of architecture von Kenga Kuma

Hoch Haus
Susanne Karr über Haus Hoch. Das Hochhaus Herrengasse und seine berühmten Bewohner von Iris Meder und Judith Eiblmayr

Rhetorik und Raster
Thomas Ballhausen über Prosopopus von Nicolas de Crécy

teilen auf

Weiterführende Links:
dérive - Verein für Stadtforschung

Tools: