Zeitschrift

steeldoc 01/10
Hallen und Hüllen
steeldoc 01/10
zur Zeitschrift: Steeldoc
Herausgeber:in: Stahlbau Zentrum Schweiz

Heitere Leichtigkeit

Sporthalle Gotthelf, Thun

Tagsüber grau schimmernd, nachts ein leuchtender Dachkörper präsentiert sich die Dreifachturnhalle als schwebend leichtes Grossvolumen. Über einem gedrungenen, vollständig verglasten Erdgeschoss erhebt sich eine fast textil anmutende Haube aus Stahl und lichtdurchlässigem Kunststoff.

26. April 2010 - Martina Helzel
Inmitten der Schulanlage, die seit den 1950er Jahren immer wieder erweitert wurde, schafft die Sporthalle durch ihre Lage sowie das äussere Erschliessungssystem einen neuen Aussenraum und entwickelt das vorgefundene Thema der Zwischenräume weiter. Drei Kuben aus Beton – die Zugänge zu den Garderoben der Sportler – gliedern den Raum zum benachbarten Schulhaus und weisen dem Haupteingang der Zuschauer einen eigenen Vorbereich zu.

Gleichzeitig wird durch die drei aussen liegenden Garderobenabgänge die separate Zugänglichkeit der zwei unterschiedlich genutzten Ebenen erreicht. Die Zuschauer betreten die Halle über ein grosszügiges Foyer mit den zugehörigen Nebennutzungen. Gegenüber liegt der Tribünenbereich, der über seitliche Durchgänge mit Stehplätzen erschlossen wird. Die eigentliche Sporthalle mit Garderoben, Geräte- und Technikräumen ist um ein Geschoss abgesenkt.

Licht und Farbe

Die horizontale Schichtung der Funktionen setzt sich in der Konstruktion des Baukörpers fort. Die Bodenplatte und das Untergeschoss sind in Beton ausgeführt. Schwarz eingefärbte, grossformatig geschalte Sichtbetonflächen prägen das Untergeschoss. Die Vertiefung der Halle und die Einbauten im Erdgeschoss sind mit farbig gebeiztem Sperrholz verkleidet, welches gleichzeitig die erforderlichen Akustikmassnahmen wahrnimmt. Über das massive Bodenrelief stülpt sich oberirdisch die dunkel beschichtete Stahlkonstruktion. Getragen von schlanken Fassadenstützen spannt sie über die 50 x 40 Meter grosse Grundrissfläche des Gebäudes. Die Fassade selbst besteht aus lichtdurchlässigen, 40 Millimeter starken Platten aus Polycarbonat.

Diese sechsschaligen Lichtbauelemente zeichnen sich durch hohe Schlagzähigkeit und Alterungsbeständigkeit aus. Lichtbrechende Pigmente sorgen für optimales diffuses Licht. Ein umlaufendes Glasband im Erdgeschoss wirkt wie eine Fuge zwischen dem schweren Beton und der leichten Stahlkonstruktion mit seiner transluzenten Fassade.

Sporthalle im Minergie-Standard

Das Gebäude verfügt über ein nachhaltiges Energiekonzept. So sorgen Solarkollektoren auf dem Flachdach für die Erwärmung des Brauchwassers und der Fussbodenheizung. Die Sporthalle wird über Quellauslässe beheizt und belüftet, eine natürliche Nachtauskühlung erfolgt über Rauch- und Wärmeabzugsöffnungen im Dach und Zuluftklappen in der Fassade.

Schlichte Eleganz

Etwa 1,50 Meter hohe Doppel-T-Träger, welche die Halle in Querrichtung überspannen, bilden die Haupttragkonstruktion des Daches. Über und unter diesen im Abstand von 4,65 Metern angeordneten Hauptträgern verlaufen Pfetten. Die obere Pfettenlage trägt das Dach aus gelochtem Profilblech und extensiver Begrünung, an der unteren sind die Turngeräte und technische Installationen befestigt. Zusätzlich stabilisieren diese als Sekundärträger die hohen, schlanken Hauptträger. Die Horizontalaussteifung der Halle erfolgt über Verbände in der Dachebene und dünne, diagonale Zugstangen, die umlaufend zwischen den Fassadenstützen angeordnet sind. Mit Ausnahme der geschweissten Hauptträger besteht die gesamte Stahlkonstruktion aus Normprofilen und konnte ohne komplizierte Knoten oder Anschlussdetails mittels Schraubverbindungen vor Ort montiert wurden. Obwohl die Tragstruktur mit ihren hohen Hauptträgern eindeutig gerichtet ist, wirkt sie durch die darunter verlaufenden Pfetten ungerichtet und verleiht dem Bau eine ruhige, elegante Anmutung. Die für eine Sporthalle ungewöhnlich hohe Qualität der Architektur und die saubere, präzise Detaillierung wurde mit einer Anerkennung des Prix Acier 2009 gewürdigt.

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Für den Beitrag verantwortlich: Steeldoc

Ansprechpartner:in für diese Seite: Evelyn C. Frischinfo[at]szs.ch

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