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ARCH+ 201/202
Berlin
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Raumkonzept für eine Ausstellung zeitgenössischer Kunst im Sommer 2011

15. März 2011 - raumlaborberlin
Neben dem Hauptbahnhof soll im Sommer 2011 für zwei Monate eine Überblicksausstellung mit bis zu 80 aktuell in Berlin lebenden und arbeitenden Künstlern und Künstlerinnen gezeigt werden. Aufgrund der kulturpolitischen Kontroversen um das Projekt des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit, das ganz im Zeichen des nahenden Wahlkampfs steht, wurde bisher wenig offiziell bekannt gegeben.

Den Zuschlag für die Realisierung eines Raumkonzepts für die Ausstellung zeitgenössischer Kunst am Humboldthafen hat die Architektengruppe raumlabor berlin erhalten. Ihre Arbeit unterscheidet sich stark vom Vorschlag von brandlhuber , den wir auf den vorangegangenen Seiten vorgestellt haben. Beiden gemein ist jedoch, dass sie sehr berlinspezifische Vorschläge unterbreiten, die einerseits die in Berlin erprobte temporäre Nutzung von Brachen thematisieren (raumlabor), anderseits die Umnutzung von Leerstand und Investorenruinen als eine stadtentwicklungspolitische Perspektive aufzeigen (brandlhuber).

Im Gegensatz zu brandlhuber , die abweichend von der Ausschreibung einen anderen Standort vorschlagen, knüpfen raumlabor bewusst an die Geschichte des Humboldthafens an: Bereits in den 1930er Jahren wurde das Areal als Veranstaltungsort für die Große Berliner Kunstausstellung genutzt. In den letzten Jahren haben sich auf dem Gebiet um den Hauptbahnhof jedoch eher touristische Nutzungen etabliert.

Mit ihrem Wettbewerbsbeitrag entscheiden sich raumlabor bewusst gegen einen homogenen Baukörper und greifen die Heterogenität und Ambivalenz des Ortes auf. raumlabor entwirft ein Ausstellungskonzept aus mobilen Objekten, die von ansässigen Firmen zur Verfügung gestellt werden sollen. Dieses Konzept eröffnet die Möglichkeit, das ohnehin sehr geringe Budget von 600.000 Euro, das bei Auslobung zur Hälfte für die Kunst und zur Hälfte für die Ausstellungsarchitektur veranschlagt war, zum großen Teil für die Kunst aufzuwenden – anstatt abermals viel Geld in eine temporäre Architektur zu investieren. Diese Ausgangslage hat sich inzwischen verändert, da auf Druck der Presse das Gesamtbudget der Ausstellung kurzerhand um 1 Mio. Euro erhöht wurde. Das zusätzliche Geld ist eine Zuwendung der Lotto-Stiftung, deren Vorsitzender praktischerweise Klaus Wowereit ist.

Mit ihrem Konzept kommen raumlabor nicht nur der Kritik der Kunstszene entgegen, möglichst wenig Geld für die Hülle auszugeben. Durch die Zweckentfremdung alltäglicher Objekte, die von den beteiligten Künstlern selbst gestaltet und bespielt werden können, steht das Konzept auch in der Tradition einer grundlegenden Besonderheit der Berliner Kunst: der Thematisierung und Aneignung städtischer Räume.

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Für den Beitrag verantwortlich: ARCH+

Ansprechpartner:in für diese Seite: Anh-Linh Ngoberlin[at]archplus.net

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