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werk, bauen + wohnen 11-12
Im Notfall
werk, bauen + wohnen 11-12
zur Zeitschrift: werk, bauen + wohnen
Katastrophen sind komplexe Ereignisse. Ihre Wahrscheinlichkeit lässt sich zwar kalkulieren, aber ihr Verlauf ist chaotisch und nicht vorhersagbar. Und dennoch laufen Katastrophen nach gewissen Mustern ab, sie lassen sich in Szenarien durchspielen, die eine Vorbereitung auf alle Eventualitäten nahelegen. Im Ernstfall – dann wenn das Erwartete entgegen aller Erwartung eintritt – wird mit aller Deutlichkeit klar, dass sich für die Dynamik der Ereignisse keine im Alltag gegründete rationale Erklärung finden lässt: Man spricht von Schicksal.

Den vom Schicksal Betroffenen bleibt ein Gefühl der Ohnmacht, weil dem Unheil keine menschliche Kraft gewachsen ist. In vergangener Zeit machte man die Götter verantwortlich für das ergangene Leid und deutete dieses als gerechte Strafe für menschliches Fehlverhalten. Mit einer Zusammenstellung von Erlebensberichten haben wir in diesem Heft versucht, dem menschlichen Entsetzen über das Schicksal eine Stimme zu geben und zu zeigen, dass der Eintritt des Undenkbaren immer auch die Menschen verbindet.

Irgendwann im Verlauf einer Katastrophe jedoch vermag sich der Mensch zu behaupten. Er greift zurück auf das, was übrig geblieben ist von dem, was vorbereitet und einstudiert wurde und er versucht, aus dem Geschehenen Lehren zu ziehen. Dass dies wenig mit gottgefälligem Verhalten zu tun hat, zeigen wir in drei Artikeln: In Frankreich war der Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg bereits durch die schwierigen Bedingungen und die Debatten nach dem ersten Ersten Weltkrieg vorbereitet worden. Ein Bericht aus Haiti schildert, wie Schweizer Know-how an der Entwicklung von neuen, erdbeben- und wirbelsturmsicheren Schultypen beteiligt ist.

Und ein Gespräch mit dem Risikoexperten zeigt auf, dass gesellschaftlich breit abgestützte Präventionsstrukturen nicht nur für kurzfristige Notsituationen hilfreich sind, sondern auch für eine erfolgreiche Anpassung an den Klimawandel die beste Voraussetzung bilden.

Die Architektur wird im Notfall meist auf der Verlustseite verbucht. Dennoch ist sie, wie das Beispiel in Haiti zeigt, wichtig in der Zeit des Wiederaufbaus und danach. So werfen drei Beiträge ein Licht auf die symbolischen Kraft der Architektur: In der Schweiz und in Siebenbürgen dienen Schutzbauten als eine Art Versicherung gegen kriegerische und andere Unbill – hier als nüchterne Schutzräume im Untergrund und dort als heiliger Wall gegen marodierende Heere.

Darüber hinaus stellen wir Notunterkünfte in Japan vor, die historische Holzbauten interpretieren und deren Errichtung mit einer Wiederbelebung der traditionellen Holzwirtschaft einhergeht. Mit etwas Glück werden diese Häuser noch in mehreren Generationen bewohnt sein.
Die Redaktion

Momoyo Kaijima
Das Itakura-Haus: Die Notunterkünfte des Architekten Kunihiro Ando für die Opfer des Tohoku-Erdbebens in Japan

Sabine Rosenthaler
Feste Grundlagen: Ein System von erdbeben- und wirbelsturmsicheren Schulen für Haiti

Rémi Baudouï
La Querelle: Debatten zum Wiederaufbau in Frankreich nach zwei Weltkriegen

Rosmarie Zeller
In einem Nu... (Un-)Vermittelte Katastrophen

Robert Stollberg
Architektur der Angst Kirchenburgen in Siebenbürgen, Rumänien

Risiko und Präventionskultur
David Bresch, Head Sustainability Swiss Re, im Gespräch mit Daniel Kurz

Tibor Joanelly
Träumende Riesen: Die Notfallinfrastruktur in der Schweiz

Forum
Orte: Seraina Rohrer, Fussgänger- und Velosteg Rötibrücke, Solothurn
Material: Zur Entwicklung von Hochleistungsbeton
Wettbewerb: Parallelverfahren zum Bahnhofsareal in Freiburg
Zum werk-material: Mehrzweckgebäude in Gland VD von bunq architectes und Ortszentrum Rüedismatt in Krauchthal von wahlirüefli Architekten
Ausstellung: Architekturbiennale 2012: «Common Ground»
Bücher: «The Heart of the City» von Konstanze Sylva Domhardt
Bücher: Das «Manifest für eine Stadt im Werden» im Glatttal
Bauten: Die Klosteranlage Sonnhalde in Baldegg von Marcel Breuer
Bauten: Die Städelerweiterung in Frankfurt von Schneider Schumacher
Baurecht: Der papierlose Schuldbrief
Service: Ausstellungen | Veranstaltungen | Neuerscheinungen | Produkte

werk-material
bunq architectes, Rolle; Bâtiment d’infrastructure, Gland, VD
wahlirüefli Architekten und Raumplaner AG, Biel; Dorfzentrum Rüedismatt Krauchthal, BE

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