Zeitschrift

anthos 2014/1
Grosssiedlungsgrün
anthos 2014/1
zur Zeitschrift: anthos
Herausgeber:in: BSLA

Intervention in einer Grosssiedlung in der Normandie

Für das Quartier Ramponneau am Rand von Fécamp ist die Stadterneuerung eine echte Herausforderung. Das in der Umsetzung befindliche Projekt beantwortet Fragen zur Nutzung des öffentlichen Raums und zur Wohnstadtproblematik.

24. Februar 2014 - Samuel Craquelin
Das Projekt ist besonders auf den Menschen und auf seinen Umgang mit «dem Urbanen» bedacht. Mehrere Monate Geländearbeit, Zuhören und Abstimmung mit den in der Siedlung lebenden Menschen haben einen Entwurf möglich gemacht, welcher den Erwartungen aller Beteiligten entspricht.

Das Stadterneuerungsprojekt wurde von allen Akteuren der Siedlung getragen: der Stadt, dem Quartierhaus, der Interessengemeinschaft der Kommunen, dem Departement, der Region, der Direktion des Departements DDTM, der Nationalen Agentur für Stadt­erneuerung ANRU und den Wohnungsträgern (Habitat 76, Immobilière Basse Seine). Die Stadt hat eine Koordinatorin OPCU beauftragt, um die Wünsche der verschiedenen Bauherren zusammenzubringen.

Die Herangehensweise

1. Die Abgeordneten überzeugen: Zuerst musste der Landschaftsarchitekt die Abgeordneten von der Idee überzeugen, mit der Quartier-Arbeitsgruppe das Projekt gemeinsam zu entwerfen. Ein Besuch von städtischen Parks wurde organisiert. Mit Hilfe von Diskussionen und Fragebögen wurden die Eindrücke und Wünsche der Menschen festgehalten. Gleich zu Beginn der Mission überzeugte der Landschaftsarchitekt die Abgeordneten davon, einen Chefgärtner anzustellen, der die Anlagen (den öffentlichen Raum und den Pädagogischen Garten) lebendig erhält und dafür sorgt, dass mit ihnen sorgfältig umgegangen wird.

2. Eine Arbeitsgruppe bilden: Anschliessend wurde eine für das Quartier repräsentative Arbeitsgruppe gebildet, an der die Abgeordneten, Bewohner, Hausmeister, Einzelhändler und Selbständigen teilnahmen sowie auch Lehrer und Kinder, die Verwaltungsinstitutionen des öffentlichen Raums und die Kirchengemeinde.

3. Eine quartiernahe Stadterneuerungsorganisation aufbauen: Vom Entwurf bis über die Realisierung hinaus soll diese Einrichtung den Kontakt zu den Bewohnern, Einzelhändlern und sonstigen im Quartier aktiven Bevölkerungsgruppen erhalten, um den zukünftigen respektvollen Umgang mit den neu geschaffenen Anlagen sicherzustellen.

4. Bestandsaufnahme durch Begehen: Mit Hilfe von Aufnahmeblättern wurden folgende Themen behandelt: allgemeine Umweltfragen, Gestaltung, Unterhalt und Verwaltung der Aussenräume, die Aufteilung der Räume in öffentliche und private Bereiche, Zugänglichkeiten, Fussgänger- und Strassenverbindungen, Beseitigung der Haushaltsabfälle und des Sperrguts, Sicherheit und öffentliche Ordnung sowie allgemein die Lebensqualität im Quartier … Diese Analyse erlaubte einen möglichst weitgehend den Interessen der Menschen entsprechenden Projektentwurf.

5. Entwurf und Präsentation des Projekts: Die Neugestaltung hierarchisiert die Nutzungen räumlich, von den Fussgängern über die Fahrradfahrer bis zum Autoverkehr. Der Park im Zentrum der Siedlung bietet Erholungsflächen sowie Möglichkeiten für kreative und pädagogische Aktivitäten. Er besteht aus einem Gemüse- und Blumengarten, Spielflächen, einem Kiefernwald, einem tropischen Gewächshaus, einem grünen Theater und einer grossen Anzahl verschiedener Pflanzenarten. Am Ende der Entwurfsphase wurde das Projekt den Bewohnern der Siedlung präsentiert, den Einzelhändlern, den Vereinigungen, den Abgeordneten … Für eine auf die Schulen ausgedehnte Mitbestimmung wurden Architekturmodelle erstellt und der Kinder-Gemeinderat an der Auswahl der Spielthemen beteiligt. Diese Partizipation möglichst vieler Menschen führte zu einem massgeschneiderten Projekt.

Die Projektbilanz ist bisher positiv, in Bezug auf:
 – die Stärkung der sozialen Bindungen, vor, während und nach der Realisierung des Projektes,
 – die vielfältigen Nutzergruppen, welche die soziale, kulturelle und altersmässige Durchmischung gewährleisten,
 – die Beteiligung der Bewohner und Familien,
 – den Austausch von Kenntnissen und Erfahrungen rund um den Garten,
 – die Verbindung mit anderen Interessengruppen des Quartiers und der Stadt (Assoziationen, Sozialsta­tionen, Schulen, Quartiershaus, Familiengärten …),
 – die Begleitung durch die Stadtverwaltung (Öffentlichkeitsarbeit, Gärtner, Schulen …),
 – die Entwicklung des Lernens über landwirtschaft­liche Kultur und Ernährung.
Das Projekt, welches gleichzeitig einen ländlichen und einen urbanen Bezug zum Ort hat (auch einen maritimen durch den Blick auf das Meer), wird auch von der in der kollektiven Erinnerung gespeicherten «Zugehörigkeit» geprägt. Heute mehr als jemals zuvor wird die Modernität öffentlicher Räume vor allem durch die Aufmerksamkeit definiert, die man den Menschen und den Dingen der Region, der Stadt oder dem Dorf entgegenbringt.

In diesem Sinne wurde das Projekt mit Sorgfalt bis ins Detail entwickelt, damit die Anlagen, die Bewohner und die Menschen, die sie pflegen, hier auch zukünftig respektvoll behandelt werden.

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Für den Beitrag verantwortlich: anthos

Ansprechpartner:in für diese Seite: Daniel Haidd.haid[at]fischerprint.ch

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