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anthos 2015/1
Heilige Landschaften
anthos 2015/1
zur Zeitschrift: anthos
Herausgeber:in: BSLA

Neugestaltung des Friedhofs

In vielen Dörfern markiert das Ensemble aus Kirche, Kirchplatz und ummauertem Friedhof bis heute das Zentrum. Wo dies als nicht mehr zeitgemäss empfunden wird, gilt es, die Verhältnisse neu auszu­loten. Die Walliser Gemeinde Savièse geht einen mutigen Weg und öffnet die Räume.

1. März 2015 - Glenn Cotter
Eine Analyse der politischen und der kirchlichen Gemeinde von Savièse hatte ergeben, dass auf dem Friedhof nur noch vierzig Grabstellen frei waren und dies bei etwa fünfzig Verstorbenen jährlich. Das Besondere an dem Friedhof ist, dass seit seiner Gründung an der Ostseite der Kirche keines der Gräber je aufgelöst wurde. Seine Erweiterung ist jedoch durch die Lage inmitten des Dorfs nicht möglich.
Nachdem verschiedene Vorschläge – wie insbesondere die Gründung eines neuen Friedhofs ausserhalb des historischen Ortsteils – geprüft worden waren, entschied der Bauherr schliesslich, den Friedhof auf seinem ursprünglichen Gelände zu belassen und jene Grabstätten aufzulösen, deren Nutzungsrecht abgelaufen war. Angesichts der stattlichen Anzahl von 790 aufzulösenden Gräbern hatte Savièse den Angehörigen die Möglichkeit eröffnet, ihre Grabsteine für die Gründung eines Familiengrabs behalten zu können. Dies war im Juni 2009 die Ausgangslage für den Wettbewerb zur Neugestaltung des Friedhofs, den die politische und die kirchliche Gemeinde gemeinsam ausschrieben.

Das Konzept

Durch seine Lage im Zentrum von St-Germain, der Hauptsiedlung von Savièse, hat der Friedhof einen wichtigen Platz im Leben der Bürger: als Ort der Begegnung, der Besinnung und des Gebets, aber auch als Durchgangsort.

Unser Vorschlag zur Neugestaltung sollte den Charakter des Friedhofs verstärken. Der gestalterische Hauptansatz bestand darin, den Dorfplatz neu zu definieren, indem wir die Grösse der für die Gräber vorgesehenen Flächen anpassten. Der Platz vor dem Gemeindehaus erhält so mehr Raum zum Atmen und an der Ostseite des Kirchengebäudes ist ein neuer Platz entstanden. Dieser bildet den Haupteingang zum Friedhof und schafft Raum an der östlichen Kirchenseite. Die grosse Wand des Kolumbariums, das Platz für bis zu 450 Urnen bietet, schliesst den Friedhof im Norden des Geländes ab. Regelmässig aufgereiht liegen die Grabplatten, auf denen die Namen der Verstorbenen eingraviert sind. Leere Urnennischen können zur Ablage von Blumenschmuck oder Grablichtern genutzt werden.

An der Südseite wurde ein Eingang vom Hof der Krypta neu gestaltet. Ein neues Gebäude markiert die Grenze zum benachbarten Parkplatz und verdeckt gleichzeitig die Abfallbehälter. Ein Erinnerungsgarten befindet sich ebenfalls an der Südseite. Die Namen aller auf dem Friedhof bestatteten Verstorbenen wurden auf Platten aus eloxiertem Aluminium graviert, die mit den Verschluss­platten der Urnennischen des Kolumbariums korrespondieren. Als Bestattungsort und mit dem aussergewöhnlichen Panorama der Walliser Alpen lädt der Freidhof zur Besinnung ein.

Die Anpassung der Grabsteinabmessungen schafft einen homogenen Gesamteindruck, der dennoch die Möglichkeit bietet, die eigene letzte Ruhestätte individuell zu gestalten. Die Grabstellen wechseln nach einer bestimmten Zeit von einer Grünfläche zu einer mineralischen Fläche. Durchgänge zerteilen die Flächen und ermöglichen einen fliessenden Übergang der Grabstellen zu den neuen Standorten. Der gesamte neue Anlagenbereich – der Erinnerungsgarten, die Bänke, die Wasserstellen, der Brunnen, die Abfallbehälter und die Mauer des Kolumbariums – ist einheitlich aus eingefärbtem und selbstverdichtendem Beton gefertigt. Am Rotahorn Acer rubrum lässt sich der Wechsel der Jahreszeiten ablesen und der Lauf des Lebens gesellt sich zu dem des Todes.

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Für den Beitrag verantwortlich: anthos

Ansprechpartner:in für diese Seite: Daniel Haidd.haid[at]fischerprint.ch

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