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anthos 2016/3
Grenzen überwinden
anthos 2016/3
zur Zeitschrift: anthos
Herausgeber:in: BSLA

Die Kunst- und Handelsgärtner Froebel

Zur potenten Gesellschaftsschicht angestiegen, demonstrierte das Bürgertum des 19. Jahrhunderts seinen Reichtum mit prächtigen Gärten. Für deren Realisierung waren sogenannte Kunstgärtner verantwortlich, die in ihrem Werk praktisches und theoretisches Wissen vereinten.

5. Dezember 2016 - Claudia Moll
Im 19. Jahrhundert erlebte die demokratisch regierte Eidgenossenschaft eine gartenkulturelle Blüte. Vor allem ab 1850 entstanden erste öffentliche ­Anlagen und eine Vielzahl privater Gärten. Für letztere waren die Vertreter des aufstrebenden Bürgertums verantwortlich. Sie manifestierten ihren Reichtum nicht nur mit dem Bau herrschaftlicher Villen, ­sondern auch mit prächtigen Gärten, die im Stil des spätklassizistischen oder historistischen Landschaftsgartens entstanden. Hier nahmen Pflanzen – vor allem auch exotische – eine bedeutende Rolle ein. Im Vordergrund stand neben der damit zu erzielenden Raumbildung eine möglichst grosse Vielfalt an Arten und Sorten: Pflanzen galten als Statussymbole und der Austausch botanischen Wissens zählte zum guten Ton.

Neues Berufsfeld

Für die Gestaltung ihrer Gärten zogen die Bauherren sogenannte «Kunstgärtner» hinzu. Diese waren keine ausgesprochenen Gestalter, sondern verbanden geschickt Wissen und Können aus unterschiedlichen Disziplinen. Meist stand eine Gärtnerlehre am Anfang ihres Werdegangs, die sie autodidaktisch in Richtung Botanik und Planung vervollständigten. Um die gewünschten Pflanzen liefern zu können, betrieben sie darüber hinaus meist eine eigene Handelsgärtnerei, besassen eine Baumschule und/oder Gewächshäuser und unterhielten Handelsbeziehungen weit über die Landesgrenzen hinaus. Die Akklimatisierung und züchterische Weiterentwicklung einzelner Sorten festigte das Sortiment, das von der zierlichen Alpenpflanze über die kostbare Orchidee bis hin zum Urweltmammutbaum reichte.

Die Kunst- und Handelsgärtner Froebel

Theodor (1810–1893) und Otto Froebel (1844–1906) führten Ende des 19. Jahrhunderts nicht nur die ­bedeutendste Handelsgärtnerei der Deutschschweiz, sondern waren auch für die Realisation einer Vielzahl von Gärten in und um Zürich verantwortlich. Der aus Thüringen stammende Theodor Froebel kam nach praktisch ausgerichteten Ausbildungsjahren 1834 nach Zürich. Hier beteiligte er sich als erster Universitätsgärtner massgeblich an Planung und Bau des neuen Botanischen Gartens. Bereits 1835 machte er sich selbstständig, gab wenige Jahre später die Stelle an der Universität auf und konzentrierte sich fortan auf zwei Bereiche: Einerseits zogen ihn öffentliche und private Auftraggeber für Planung und Bau von Grünanlagen und Gärten hinzu, andererseits baute er eine Handelsgärtnerei mit Baumschule und Gewächshäusern auf. Sein Sohn Otto absolvierte die Ausbildung im väterlichen Geschäft und in renommierten Betrieben im europäischen Ausland. Nach dem Eintritt in das Familienunternehmen 1865 wuchsen das Pflanzensortiment und die Anzahl der vom «gartentechnischen Bureau» geplanten und realisierten Gärten. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war die Kunst- und Handelsgärtnerei Froebel die bedeutendste des Landes und über dessen Grenzen hinaus bekannt.

Sichtbare Zeitzeugen

Bis heute sind die Spuren der Kunstgärtner erkennbar: Die prächtigen Villengärten mit ihren zu eindrücklichen Solitären herangewachsenen Gehölzen prägen das Bild von Zürich genauso wie die mit dem Zutun der Kunstgärtner entstandenen öffentlichen Anlagen. Darüber hinaus trugen die Vorfahren des heutigen Landschaftsarchitekten zur Entwicklung der Profession in der Schweiz bei. Aus den Wurzeln, die das Kunstgärtnertum für die Landschaftsarchitektur bedeutet, sind selbstbewusste Planer und Gestalter erwachsen, und es ist bemerkenswert, dass sie sich im kurzen Zeitraum von lediglich rund hundert Jahren in der Schweiz so breit etablieren konnten.

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Für den Beitrag verantwortlich: anthos

Ansprechpartner:in für diese Seite: Daniel Haidd.haid[at]fischerprint.ch

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