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In ländlichen Regionen wurde der Gast immer mit Holz »bedient«. Traditionelle Bauweisen und Interieurs - naturgemäß mit Holz und Stein - eigneten sich bestens als Projektion einer heilen Welt, die der moderne, urban geprägte Großstadtmensch während weniger Wochen im Jahr zu finden hoffte. Bauen mit Holz wurde Teil einer touristischen Vermarktungsstrategie, die mit Bildern des Ruralen Sehnsüchte nach Heimeligkeit befriedigen will. Zeitgleich mit dem Verlust regionaler Identitäten - durch strukturelle Veränderungen und vermutlich auch im Zusammenhang damit - ist eine Urbanisierung touristischer Begehrlichkeiten zu bemerken. Diese beschränkt sich allerdings auf coole Events, am Lederhosenimage des alpinen Baustils kratzt sie kaum.

Dabei ist Erneuerung dort, wo Authentizität längst nicht mehr gegeben ist, wo Holz zur rein dekorativen Schablone verkommt, höchst an der Zeit. In seiner vielgesichtigen Materialität ist es durchaus in der Lage, Wirkung zu erzeugen mit Schlichtheit. Die Wärme, die es a priori in sich trägt, gibt genug her. Neben Atmosphärischem sprechen handfeste Motive für die Verwendung von Holz im alpinen Tourismus. Moderne, leistungsstarke Holzwerkstoffe und neue Technologien ermöglichen einen hohen Grad an Vorfertigung. Die Vorteile der Fabrikation ganzer Wandelemente und Raumzellen in der Werkstatt liegen auf der Hand: In der witterungsunabhängigen Halle kann unter optimalen Bedingungen mit Unterstützung computergesteuerter Maschinen schnell und präzise gearbeitet werden. Die Montage, der »Rohbau« bis zum schützenden Dach, erfolgt in wenigen Tagen. Neubauten wie das Apartmenthaus Lechblick in Warth, das Zuschnitt vorstellt, entstehen in der kurzen Schönwetterperiode alpiner Regionen.

Extremer in den Bedingungen für die Errichtung und mit höheren Ansprüchen auf Wetterfestigkeit, eignet sich vorgefertigter Holzbau für Schutzhütten im schwer zugänglichen hochalpinen Raum. Dort, wo es keine Zufahrtsmöglichkeiten gibt, wo schlechte Fundierungsmöglichkeit zu Leichtbau und instabile Wetterlagen zu rascher Montage zwingen, können der hohe logistische Planungsaufwand und der Zwang zu äußerster Ökonomie, der der Präfabrikation immanent ist, zu hoher Reife führen. In dieser Baukategorie gibt es Erneuerungsbedarf, aber noch wenige gebaute Vorbilder. Die Berghütte auf dem Plateau de Saleinaz im Schweizer Wallis, die Zuschnitt zeigt, könnte ein solches sein.

In die urbane Gastlichkeit, in städtische Cafés und Restaurants, kehrt Holz nach Jahren der Unterrepräsentanz verstärkt zurück. Es tritt nicht länger nur als Möbel auf. Sorgfältig abgestimmte Hölzer werden flächig eingesetzt: als Wandtäfelung, exquisit ausgewählter Fußboden und raumbildendes Element. Holz bedient den Gast wieder - mit Atmosphäre ganz ohne Schnickschnack. Karin Tschavgova

Zum Thema
Editorial Karin Tschavgova

Gastkommentar Benedikt Loderer

Komm, bleib! Laute und leise Holztöne alpenländischer Gastfreundschaft
Autor: Bernhard Tschofen

Projekte
Apartmenthaus Lechblick Warth, Vorarlberg
von Christian Lenz
Aus der Landschaft heraus, in die Landschaft hinein
Text: Walter Zschokke

Weinlokal solo vino Innsbruck
von Thomas Giner und Erisch Wucherer
La leggerezza del benessere
Text: Gabriele Reiterer

Berghütte am Plateau de Saleinaz
Wallis, Schweiz
von Brigitte Widmer und Stéphane de Montmollin
Höhenflug und geglückte Landung
Text: Martin Tschanz

Heuriger Klein Engersdorf, NÖ
von Reinhard Haslwanter und Peter Fellner
Frisch, leicht und bekömmlich
Text: Karin Tschavgova

Gespräch
Von der Elastizität des Holzes
Arno Ritter mit Hermann Czech und Gregor Eichinger über Holz und Gastlichkeit

Artikel

15. März 2002 Walter Zschokke
zuschnitt

Aus der Landschaft heraus, in die Landschaft hinein

Exakt am Hang situiert, bietet das Apartmenthaus seinen Gästen eine Aussicht über das Tal bis nach Lech am Arlberg. 14 Apartments in zwei verschiedenen Größen stehen zur Auswahl. Die Grundrisse erstrecken sich über die gesamte Gebäudetiefe, jeder Einheit ist eine kleine Terrasse vorgelagert. Die Gäste sind autonom, da die gesamte Infrastruktur wie Rezeption im nahegelegenen Gasthof untergebracht ist. Das Haus ist in Massiv-Holzbauweise errichtet - eine Mischkonstruktion aus Holzständern und eingezogenen Betondecken. Außen wurden geölte Lärchenholzbretter für die Fassade verwendet, innen kommt Holz bei Decken und Böden zum Einsatz. Das Gebäude erfüllt die Kriterien eines Niedrigenergiehauses und wurde mit dem österreichischen Staatspreis für »Tourismus und Architektur« 2000 ausgezeichnet.

Am südöstlichen Siedlungsrand des Wintersportortes Warth sitzt das längliche Gebäude exakt an der Hangkante, so dass die Aussicht aus den Apartments und von den breiten Balkonen nicht nur zu den gegenüberliegenden Berggipfeln und nach Lech am Arlberg, sondern auch ins Tal hinunter und hinauf reicht. Eine beneidenswerte Position für das Frühstück vor dem Pistenvergnügen. Den gerade geschnittenen Baukörper bedeckt eine Horizontalschalung aus geölten Lärchenholzbrettern. Nach oben schließt ihn ein flaches Pultdach ab. Während sich vorn die Balkone dreigeschoßig über die gesamte Breite ziehen und sogar über die Hausecken hinausgreifen, wird die Rückseite von den drei kragenartig vorstehenden Wetterschirmen der Eingänge rhythmisiert. Sie blicken auf eine kurze Gasse, die auf der anderen Flanke räumlich von der ins Terrain eingefügten und erdüberdeckten Einstellhalle definiert wird. Diese Verankerung in die Topographie ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal guter alpiner Architektur. Die Proportionen des Gassenraumes auf der Zugangsseite entsprechen jenen dörflicher Verhältnisse, während die Gesamtgestalt auf der Aussichtsseite auf Fernsicht konzipiert ist. Mit minimalen Mitteln gelingt es, einen architektonisch klaren Ausdruck zu schaffen.

Das betriebliche Konzept für die zwölf kleinen und zwei etwas größeren Apartments verzichtet auf den sorgenden Hotelier. Die Karten zum Öffnen der elektronisch gesperrten Türen werden den Mietern per Post zugeschickt, oder sie können sie in einem Herbergsbetrieb im Ort abholen. Im übrigen sind sie autonom. Der Bauherr Mag. Wolfgang Hefel hat möglichst schlanke administrative Strukturen angestrebt. Der Erfolg bestätigt seine unternehmerischen Überlegungen.

Die Konstruktion für das Bauwerk nützt die vielfältigen Eigenschaften von Holz und Holzwerkstoffen und verwendet dazu Beton für schall- und brandhemmende Elemente, die zugleich konstruktiv aussteifend wirken. So bestehen die Stiegenhausschalen und die trennenden Scheiben zwischen den Apartments aus 20cm armiertem Beton, während für Außenwände, Decken und Böden Holz zum Einsatz kam. Wiederum zur Verminderung der Schalldurchlässigkeit wurde eine Holzverbunddecke gewählt, denn bei einem Vorgängerbau, dem Doppelwohnhaus in Schwarzach/Vorarlberg, machte der Architekt die Erfahrung, dass die Schalldämmwerte bloß mit Betonpflastersteinen auf einer Gummiauflage über der Brettstapeldecke nicht ganz erreicht wurden. Im Sinne einer intelligenten Kombination der Materialien wurde daher eine Verbundkonstruktion gewählt, bei der der gewichtige, schalldämmende Ortbeton auch statisch wirksam wird. Holz übernimmt den Zug, Beton den Druck. Zuunterst in der Decke befindet sich daher eine 12cm starke Brettstapelplatte, deren Unterseite bereits fertig gehobelt ist. Darauf liegen 10cm armierter Beton, mit dem Holz schubfest verbunden durch spezielle, halb ins Holz eingedrehte Schrauben. Es folgen 3cm Split, 2,5cm Trittschallmatten, auf der 3,5cm starke Heraklith-Platten aufliegen, zwischen denen die Staffeln des Schiffbodens gleichsam schweben. Die Lärchenbretter des Bodens liegen somit auf dem Heraklith auf und Lastabtragung und Schalldämmung sind perfekt.

Es spricht viel Erfahrung und Ingenieurgeist aus dieser Konstruktion, die bis auf den Beton in Trockenbauweise ausgeführt werden konnte. Ebenso wurden die Treppen aus Holz vorgefertigt und als Ganzes von oben in die Stiegenhausschalen eingesenkt. Natürlich galt diese Art der Werkstattvorfertigung auch für die Fassaden, die stückweise, samt den Fenstern mit dem Kran in Position gebracht wurden. Der Aufbau der Fassadenelemente beginnt von innen nach außen wieder mit einer 12cm starken Kantelwand, wie die Brettstapel auch genannt werden. Sie werden von hölzernen, auf Zug belasteten Dübeln zusammen gehalten. Was zuvor mit eingeleimten Gewindestangen aufwändiger erzielt wurde, kann nun mit gepressten und getrockneten Holzdübeln erreicht werden, die im Holz der Kantel aufgehen unddarin über Haftreibung festsitzen. Bisher hielt sich das Arbeiten des Holzes in den vorgesehenen Grenzen. Auch hier ist die Innenseite gehobelt und somit fertig. Nach außen folgen eine 16mm OSB-Platte, 16cm Steinwolledämmung, eine weitere 16mm OSBPlatte, die Konterlattung mit Hinterfüftung und die Außenschalung.

Die Konstruktion verbindet eine positive innere und äußere Anmutung mit hohen Wärmedämm- und Speicherwerten und erlaubt dank Vorfertigung eine kürzere Bauzeit, was in schneesicheren Bergregionen von Bedeutung ist, denn Zeit ist hier viel Geld, wenn die Baustelle über den Winter steht. Die zeitgenössische, sorgfältig proportionierte architektonische Erscheinung, die druchdachte Konstruktionsweise mit Holz und das in die Zukunft weisende, betriebliche Konzept gaben den Ausschlag, dass dem 1999 fertiggestellten Bauwerk im Jahr 2000 der Staatspreis Architektur und Tourismus verliehen wurde. Damit ist die kulturelle Botschaft allerseiten angelangt: Architekten, Bauherren, Herbergsbetreiber und auch Gäste schätzen innovative Holzkonstruktionen und ihr ebenso zeitgemäßes Erscheinungsbild.

15. März 2002 Gabriele Reiterer
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La leggerezza del benessere

Als räumliche und delikate Ergänzung des bereits bestehenden italienischen Esslokals »solo pasta« wurde letztes Jahr das »solo vino« in Innsbruck eröffnet. Zwei Zugänge verbinden die beiden gastlichen Lokale. Der lange schmale Raum des »solo vino« ist mit Regalwänden umgeben, die das große Weinsortiment zur Geltung bringen. Boden, Tische und Regale sind aus dem unbehandelten Holz der Kupfereiche gefertigt. Der Faktor Zeit wird die rohen Oberflächen bald mit einer Patina überziehen. Einzig an der Decke wurden MDF Platten verwendet. Die Stühle sind nach dem Entwurf (1926) des Schweizer Architekten Max E. Häfeli ausgeführt.

Innsbruck hat ein außergewöhnliches Lokal erhalten. Kürzlich hat hier eine Ergänzung des ein Jahr jungen italienischen Esslokals solo pasta eröffnet. Die Genese des neuen, anliegenden solo vino vollzog sich sozusagen unter den allerbesten Voraussetzungen. Ein gereifter architekturkonvertierter Bauherr, dessen erstes Lokal von sofortigem und anhaltendem Erfolg gekrönt war, sowie die kongeniale Zusammenarbeit mit einem Architektenteam mit ausgeprägten italophilen Affinitäten haben ein gastronomisch-architektonisches Gesamtkunstwerk entstehen lassen. Lag dem älteren solo pasta noch manch gastronomisch bedingter Vernunftgedanke zugrunde, entstand das danebenliegende kleine Weinlokal mit viel Lust und Freude. Das ist mehr als spürbar.

Die Architekten Thomas Giner und Erich Wucherer reüssierten bereits beim Speiselokal - einem schmalen durch die ganze Gebäudetiefe laufenden Raum mit zwei gegenüber liegenden Eingängen. Der Schankbereich liegt in der Mitte, er bildet das Gelenk für beide Lokalräume. Das solo vino verfügt zwar über einen eigenen Eingang, ist jedoch mit dem Esslokal über zwei Zugänge räumlich verbunden.

Auch im solo vino fand das graubraune, schlammfarbige Holz der seltenen Kupfereiche Verwendung, es bestimmt die Atmosphäre in hohem Ausmaß. Der schmale Raum ist mit Regalwänden förmlich ausgekleidet. Hier lagert die Essenz des Lokals, Weine aus sämtlichen Regionen Italiens, deren Angebot studiert und im Sortiments- und Preisvergleich auf kleinen Täfelchen selbst ausgesucht werden kann. Ebenfalls aus unbehandeltem Holz sind die langen Tische und der Boden. Die rohe, unbehandelte, edel-asketische Kupfereiche erweckt gleichzeitig die Empfindung von Dichte und Leichtigkeit, von Masse und Zurückhaltung. Dem unbehandelten Holz werden die Jahrewie vielen Weinen im solo vino- ausgezeichnet bekommen. Die Patina wird es noch verschönern. Als Kontrast wurde die Decke aus dem industriellen Produkt MDF gefertigt. Für die Holzarbeiten verantwortlich zeichnet der Innsbrucker Tischler Gerhard Höckner. Die Stühle sind Entwürfe aus 1926 von Max E. Häfeli, einem Schweizer Architekten der Klassischen Moderne. Das Licht, darunter Pendelleuchten aus gerostetem Stahl, wurde speziell für dieses Lokal in Zusammenarbeit mit Halotech entwickelt.

Der unprätentiöse Umgang mit dem Raum und das feine Gespür für Form und Material verbindet sich hier mit viel passione, eben jener ganz einfachen und gleichzeitig so schwer beschreibbaren irdischen Sinnlichkeit. Diese gelungene Symbiose ist dem solo vino ebenso eigen wie dem solo pasta. Hier trifft in Abwandlung zu: Auf alles ist Bedacht genommen und die Selbstverständlichkeit wirkt befreiend.

15. März 2002 Martin Tschanz
zuschnitt

Höhenflug und geglückte Landung

Auf einer Höhe von 2.691 Meter über dem Val Ferret bietet die neue Berghütte Cabane de Saleinaz Platz für fünfzig Alpinisten. Neben Aufenthalts- und Schlafräumen und Küche umfasst der schlichte Neubau auch einen abgetrennten Bereich für den Hüttenwart.

Der Bau ist auf die extremen Wetterverhältnisse ausgerichtet. In der Windschneise situiert, bietet er kaum Angriffsflächen. Bei geschlossenen Fenstern wirkt die Hütte wie ein kleiner Holzklotz in der gewaltigen und rauen Landschaft. Alle Elemente, einschließlich Verkleidung und Fenster wurden im Tal vorgefertigt und mittels Helikopter auf das Plateau gebracht. Durchgehende Gewindestangen aus Chromstahl verbinden die Struktur mit dem Fundament. Die leichte Konstruktion, eine Fachwerkstruktur mit innenliegender Beplankung aus Tannen-Dreischichtplatten, erreicht größtmögliche Stabilität. Die geschoßhohen Tafeln sind direkt im Verbund gesetzt. In nur drei Tagen konnte der Bau auf den Betonsockel montiert werden.

Der Neubau der Cabane de Saleinaz (cabane ist das französische Wort für Hütte) sitzt wie die Konstruktion aus dem Jahr 1893, die sie ersetzt, auf einer Felsnase hoch über dem Val Ferret. Sie bietet fünfzig Alpinisten eine einfache, zweckmäßige Unterkunft. Das Programm umfasst neben Aufenthalts- und Schlafräumen eine professionelle Küche und einen abgetrennten Bereich für den Hüttenwart, wobei auch ein reduzierter Betrieb ohne Wartung möglich ist.

Die Architektur der neuen Hütte nimmt bewusst Themen des Altbaus in zeitgemäßer Weise wieder auf. Die extremen Windkräfte der exponierten Lage bestimmen den Ausdruck des Hauses. Optimal in die Windrichtung gedreht, bietet es mit seiner minimierten Profilierung den Stürmen kaum Angriffsmöglichkeiten. Besonders mit geschlossenen Fensterläden wirkt es wie ein abstrakter Körper, der, ähnlich einem Holzklötzchen in einem Baumassemodell, eher ein Symbol für ein Haus als ein wirkliches Gebäude zu sein scheint. Seine reine Geometrie steht als ein Zeichen menschlicher Präsenz in Kontrast zur gestaltund maßlosen Natur.

Ist das Haus dagegen bewohnt, öffnet es sich und verliert seine Härte. Die freie Anordnung der Fenster folgt streng den Innenräumen und spiegelt gleichzeitig die moderne Technologie des Holzbaus wider. Dabei wurden die Elemente in der Werkstatt inklusive innerer und äußerer Verkleidung und der Fenster im Tal vorfabriziert. Die Länge der Zimmerei reichte gerade aus, die Längsfassaden von fast 20 m auszulegen und als Ganzes vorzufertigen. Sie wurden dann wieder in Einzelteile, optimiert nach Gewicht und Fläche für den Helikopter, zerlegt. Ihre Struktur besteht aus einem Fachwerk, das durch eine innenliegende Beplankung aus Tannen-Dreischichtplatten ausgesteift wird. Um größtmögliche Stabilität zu erreichen, sind die geschoßhohen Tafeln analog zu Mauersteinen im Verbund gesetzt. Anders als im traditionellen Holzständerbau sind damit die Fassaden von einem dominierenden Raster befreit, was in der freien Fassadengestaltung zum Ausdruck kommt. Die horizontalen Kräfte werden durch Holzzapfen übertragen. Zusätzlich verankern durchgehende Gewindestangen aus Chromstahl die ganze Struktur mit dem Fundament und sichern die relativ leichte Konstruktion zusätzlich gegen die Stürme.

Während sich die vertikalen Elementfugen in der Hülle aus wetterbeständigem Lärchenholz nicht abzeichnen, zeigt eine horizontale Überschuppung der Bretter den zweigeschoßigen Aufbau. Die kubische Erscheinung des Körpers wird nur so weit durchgesetzt, als sie nicht mit den Bedingungen des Ortes in Konflikt tritt. Genau dies wäre jedoch bei einer ungeschützten Horizontalfuge oder dem Verzicht auf Präfabrikation der Außenhaut der Fall. Mit der gewählten Bauweise konnte der Holzbau nach den Vorarbeiten für den Betonsockel in nur dreieinhalb Tagen montiert werden - ein entscheidender Vorteil bei den extremen Witterungsbedingungen der Baustelle. Ohne spektakulär zu sein, ist die neue Hütte oberhalb des Saleinaz-Gletschers mit ihrer Thematisierung der Tradition, der spezifischen Bedingung des Ortes, der Materialien und des Fertigungsprozesses ein exemplarischer Beitrag zur aktuellen Schweizer Architektur, gerade weil keiner dieser Aspekte vordergründig dominiert, sondern alle in eine kohärente Gestaltung integriert sind.

15. März 2002 Karin Tschavgova
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Frisch, leicht und bekömmlich

Den Heurigen der Familie Lackner findet man in Klein Enzersdorf. Der Altbau wurde von den Architekten Reinhard Haslwanter und Peter Fellner erweitert und zum Innenhof hin geöffnet. Der Schankraum wird außen von einer Terrasse auf dem selben Niveau begleitet, räumlich von einer großzügigen Glasfassade getrennt. Im Sommer lassen sich die 14 raumhohen Schiebelemente öffnen. Die Glaswand ist selbsttragend, innen sind Holzstützen davorgestellt.

Geplant wurde in Holz. Die Tragkonstruktion ist in schichtverleimten Lärchenholz ausgeführt und wurde in der Werkstätte vorgefertigt, um die Bauzeit zu verkürzen. Im massiven Unterbau in Sichtbeton sind die Toiletten, der Keller und der Kühlraum. Im Westen begrenzt eine 30 Meter lange Wand aus Abbruchziegeln das Grundstück.

Auch wenn der Heurige salonfähig geworden ist - eine Ausweitung solcher Refugien österreichischer Gemütlichkeit ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: In Klein-Engersdorf nahe Wien etwa gab es vor wenigen Jahren noch fünfzehn Betriebe. Übriggeblieben sind zwei, die sich in den Öffnungszeiten abwechseln. Einer davon ist der Heurige Lackner, ein angestammter Familienbetrieb, in dem man nach etlichen hauseigenen Aus- und Umbaustufen an Grenzen gestoßen war, die nach einer kompetenten Planung verlangten. Reinhard Haslwanter wurde konsultiert, ursprünglich nur, um die bestehende Schank zu vergrößern und zusätzliche Toiletten zu installieren.

Schon bei der Erstbegehung konnte der Architekt die Bauherrn davon überzeugen, dass ihr Bestreben nach Qualitätssteigerung im kulinarischen Angebot auch eine Verbesserung der räumlichen Situation nahelegt, die ein weiterer Teileingriff nicht gebracht hätte. Haslwanter erspähte hinter einer hofabschließenden Mauer den rund eineinhalb Geschoße höhergelegenen Weingarten, der an das von der Straße weg ansteigende Grundstück anschließt - und hatte die Grundidee: Ergänzung in Hakenform und die Öffnung und Höhenabstufung des Innenhofes.

Niveaugleich mit den Terrassen, sie begleitend, sollte die Erweiterung der Gasträume mit neuer, zentraler Schank entstehen und großzügige Verglasung den fließenden Übergang von außen nach innen herstellen - eher einem gedeckten Unterstand gleich und jedenfalls anders als der schlauchartige Anbau mit kleinen Fenstern, der ersetzt werden sollte. Eine Rückzugsmöglichkeit für Schlechtwetter - leicht, luftig und hell - ergänzt durch den Komfort einer Zentralheizung, die den Winterbetrieb möglich macht. Der Gastbetrieb, sechsmal im Jahr je drei Wochen, sollte aufrecht erhalten bleiben. Was lag näher, als die Erweiterung in Holz zu planen, vorgefertigt in der Werkstätte, mit kurzer Montagezeit. Mit dem massiven Unterbau in Sichtbeton, dessen Oberfläche gestockt wurde, arbeitete man sich an den Bestand heran. Er enthält, von überall gut zugänglich, die neuen Toiletten, einen Verkostkeller mit schönem Gewölbe, den Weinlagerkeller und einen Kühlraum. Das Rückgrat der darüber errichteten Tragkonstruktion ist eine raumprägende, 30 m lange Wand an der westlichen Grundgrenze. Sie ist aus kleinformatigen Abbruchziegeln gemauert - unverputzt - und löst sich in ein verglastes Oberlichtband auf, das noch die letzte Abendsonne in den Gastraum holt. Pur und lebendig harmoniert sie in Materialität und Farbe mit der Tragkonstruktion in schichtverleimtem Lärchenholz, den Rippenelementen der vorgefertigten Zwischendecke und den Sandwichelementen des Daches, mit den unbehandelten Schiffböden in Lärche (die der Bauherr nachbehandeln wird) und den runden Holzstützen vor der selbsttragenden verglasten Gartenfront, die durch das weit überstehende Dach geschützt wird. Mit 14 geschoßhohen Schiebeelementen stößt sie an die Grenzen statischer und glastechnologischer Möglichkeiten und verlangte in der Planung und Errichtung äußerste Präzision.

Das Ergebnis lässt sich sehen. Es bietet bei einem Glas guten Weins mehr als Einblick in die österreichische Seele. Es gibt den Blick frei: auf Grün, auf Weinberge, auf das Rot des Abendhimmels, aber auch auf eine rosige Zukunft für Gastlichkeit - in Holz, ganz ohne falsche Zier.

15. März 2002 Arno Ritter
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Von der Elastiziät des Holzes

Im Gespräch - Czech Eichinger Ritter

Zusammenfassung eines Gesprächs über Holz und Gastlichkeit mit den Architekten Hermann Czech und Gregor Eichinger, moderiert von Arno Ritter am 19. Jänner 2002 in Wien.

Ritter: Welche Dinge sind eurer Meinung nach bei der Gestaltung von Lokalen wichtig, damit ein Ort der Gastlichkeit im Endeffekt auch lang funktioniert?

Czech: Vor kurzem habe ich in einem Interview für eine Gastgewerbezeitschrift gesagt, dass ein Gasthaus eigentlich nach nichts ausschauen soll, weil sonst der Gast glaubt, dass er für das Design auch noch mitzahlen muss.

Eichinger: Oder er hat Angst, dass er nicht zum Lokal passt.

Ritter: In einem Gespräch, Gregor, hast du einmal gesagt, dass Gastronomiebetriebe immer dann funktionieren, wenn eine produktive Synthese zwischen dem Wirt, dem Personal und der Küche existiert. Erst an letzter Stelle komme die Architektur.

Eichinger: Das wichtigste sind meiner Meinung nach das Licht, der Kellner und die Atmosphäre, welche sicher durch Gestaltung und Material erzeugt wird, wobei Architekturexzesse oder übertriebenes Design kontraproduktiv sind. Sie befriedigen eigentlich nur kurzfristig eine gewisse Klientel, die nach einiger Zeit wieder weiterzieht. Es gibt Lokale, die nach zwei Jahren abgefuckt sind und es gibt Statements, die über ihr Errichtungsdatum hinaus bestehen bleiben. Zum Beispiel ist das Kleine Café von Czech ein Prototyp, das seit Jahrzehnten seinen Stellenwert in Wien hat. Dort ist das Herstellen eines Brotes ein Ritual und das deswegen, weil so wenig Platz ist und deshalb jedes Ding, das dazu notwenig ist, seinen bestimmten Ort haben muss. Auch die Bewegungen sind fast vorgegeben und daraus entsteht eine Einheit zwischen Form und Inhalt. In gewissem Sinne ist das Kleine Café wie die Loos-Bar ein amerikanisches Lokal, weil alles durchritualisiert ist.

Ritter: Das heißt mit den Worten und im Sinne von Czech, dass die Inszenierung vor dem Hintergrund der Architektur stattfindet.

Eichinger: Ja, aber die Architektur gibt genau diese Rituale vor. Ich finde, dass dort die Aufmerksamkeit, wie ein Brot bestrichen wird, mit der Aufmerksamkeit, wie die Kunden bedient werden, korreliert. Die Architektur prägt mit ihren räumlichen wie konzeptionellen Statements die ganze Inszenierung mit.

Czech: So weit würde ich nicht gehen. Wenn der Betrieb nicht funktioniert und der Wirt seine Rolle nicht wahrnimmt, dann kann die Architektur auch nicht helfen. Man kann mit Architektur kein Lokal machen, allenfalls kann man eines ruinieren.

Eichinger: Das stimmt natürlich, aber man kann schon einiges mit Architektur steuern. Die Architektur erzeugt die typologische Aussage, ob das Lokal eine Bar, ein Café oder ein Restaurant ist.

Ritter: Ihr habt den Begriff Atmosphäre verwendet. Grob gesprochen wird diese durch Licht und Material hergestellt. Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang für euch Holz? Kann man es als atmosphärisches Material bezeichnen, das automatisch so etwas wie »Gemütlichkeit« erzeugt?

Eichinger: Für mich ist Holz eines der elastischsten Materialien, weil es im ruralen wie auch urbanen Kontext für jeden gastronomischen Typus eingesetzt werden kann. Es kann für ein urbanes und elegantes Ambiente oder für eine rohe und räudige Kantinenatmosphäre herangezogen werden, da Holz alle möglichen Projektionen zurückspielt.

Czech: Begriffe wie Gemütlichkeit und Atmosphäre sind nicht die Ansatzpunkte beim Entwurf, denn eigentlich geht es immer um ganz rationale Überlegungen. Holz ist ein relativ schlechter Wärmeleiter, dadurch fühlt es sich beim Angreifen warm an. Holz atmet und nimmt viel auf, wenn es entweder unbehandelt bleibt oder mit Leinöl eingelassen ist. Wenn man es mit einer Kunststoffschicht zuschmiert, dann verliert es diese Durchlässigkeit. Es war ja einmal in den 70er Jahren schick, echte Holzfurniere so zu verarbeiten, dass sie wie Resopal ausschauten...

Eichinger: Das war eine hohe Kunst, muss man sagen.

Czech: Gestalterisch spielt man mit den verschiedenen Holzarten, man setzt heute entweder Vollholz oder den Kunststoff Holz ein bzw. kombiniert die Materialien. Holz hat zwar eine objektive Qualität, aber es gibt so etwas wie Bedeutungsebenen, die man je nach Zeit den Holzarten zuweist. Dementsprechend erleben wir immer wieder Rezeptionsänderungen. Wer hätte geglaubt, dass die historisch belastete Eiche wieder so selbstverständlich eingesetzt werden wird?

Eichinger: Natürlich gibt es Moden. Ende der 80er Jahre war vor allem Birkensperrholz das Material, mit dem man gearbeitet hat, parallel dazu hat sich auch MDF eingebürgert. Leider reagieren Produzenten und Markt viel zu langsam auf die sich ändernden Ansprüche. Denn bis ein Material wirklich präsent und billig ist, ist das Interesse daran schon wieder erlahmt. Wobei wir eigentlich bisher nur drei Holzarten eingesetzt haben, nämlich Birke, Eiche und Nuss. Denn uns interessieren nicht die verschiedenen Effekte, die man über die Maserung oder die Furniere erzielen kann, sondern uns geht es um das Erzeugen von Neutralität. Wir setzen Holz eher als beruhigendes Moment ein, so zum Beispiel, wenn wir durchgehend amerikanische Eiche verwenden und diese unbehandelt lassen.Czech Ich zum Beispiel kenne bis heute nicht viel mehr als fünf Holzarten und die reichen mir. Im Palais Schwarzenberg habe ich bei der Bar das Holz nur nach den Kriterien von hell und dunkel ausgesucht. Mich interessiert eigentlich die Holzart nicht, sondern nur gewisse Eigenschaften, nämlich die Farbe und ob sie hart oder weich ist.

Ritter: Das heißt, bei euch überwiegen rationale Gründe?

Czech: Nehmen wir doch die Entwicklung des Sessels. Im Rahmen der damaligen Technologien war das Bugholzmöbel deswegen so fortschrittlich, weil es leicht und billig war. Aus diesen rationalen Gründen wurde der Bugholzstuhl zum selbstverständlichen Möbel in den Kaffeehäusern. So blieb Holz immer ein fixer Bestandteil von Gast- und Kaffeehäusern, weil es in seiner Materialeigenschaft uneinholbar war. Bevor andere Materialien entdeckt wurden, gab es ja keine Alternativen zum Holz. Den ausschließlichen Vorteil der Leichtigkeit hat das Holzmöbel heute nicht mehr, da es seit einiger Zeit Metall- und Kunststoffmöbel gibt, die auch leicht sind. Andererseits existieren unbewusst abgespeicherte Normen und Verhaltensregeln. Auch wenn sich die Routinehandlungen im Zusammenhang mit dem Essengehen oder der Kaffeehausbenutzung historisch verändert haben, so bleibt doch trotz einiger Verluste immer ein Paket an Wissen und Eingeübtem übrig. Mit dieser Dialektik muss man als Architekt umgehen, nämlich den richtigen Mittelweg zwischen Tradition und Veränderung finden. Konsum in einem Gastronomiebetrieb hat viel mehr mit Gewohnheit als mit Innovation zu tun. Die Veränderungen sind eher minimal. Letztlich wäre man als Konsument verloren, wenn alles umgekrempelt würde.

Eichinger: Holz ist ja fast in allen Kulturen im gastronomischen Bereich in Verwendung. Das hängt sicher damit zusammen, dass es ein Hightech-Material ist und besondere Qualitäten in der Instandhaltung hat. Deshalb gibt es auch in diesem Bereich so ein Naheverhältnis zu diesem Material. Holz umarmt einen in gewissem Sinne, es besitzt einen Sympathiewert. Das bedeutet nicht, dass andere Materialien nicht auch sympathisch wären, aber Holz verhält sich der Haut gegenüber sehr angenehm. Holz nimmt sehr gut Schwingungen und Schweiß auf. Holz hat einen Körper. Es ist wie ein Instrument.

Ritter: Gehen wir noch auf die Tradition ein. In jeder Kultur haben sich räumliche bzw. atmosphärische Standards herausgebildet, an die man sich gewöhnt hat und wo man sensibel reagiert, wenn sie sich radikal ändern. Es geht also in eurem Verständnis um ein leichtes Weiterentwickeln von Gewohnheiten in der Kultur der Gastlichkeit, um den Erhalt von gewissen Momenten. Besitzt Holz in diesem Zusammenhang einen Wiedererkennungseffekt?

Czech: Nur zum Teil. Gerade seit der klassischen Moderne gibt es das Eindringen des Stahlrohrsessels in die Möbellandschaft. Diese Entwicklung bringt auch einen gewissen Sitzkomfort, den man vorher so nicht gekannt hat. Es gab natürlich auch ideologische Auswüchse, wonach nur der Stahlrohrstuhl modern sei.

Eichinger: Heute ist es nicht mehr so, dass ein Sessel automatisch ein Holzsessel sein muss, weil es seit einiger Zeit eine große Auswahl gleichwertiger Materialien gibt. Insofern ist es auch ein bewusster Akt, wenn man sich für einen Holzsessel entscheidet. Mir hat in dem Zusammenhang sehr gefallen, wie der Sessel von Jasper Morrison auf den Markt gekommen ist, gerade zu einem Zeitpunkt, als man glaubte, dass man leichte Möbel nur mehr in Kunststoff herstellen kann. Dieser Stuhl hat gezeigt, dass man auch in Holz die Anforderungen erfüllen kann. Morrison hat einen völlig neuen Ansatz in die Diskussion eingebracht.

Ritter: Demgegenüber stehen jene Materialentwicklungen, die ich pointiert mit dem Begriff Kunststoff Holz bezeichnen möchte, wo Holz als Ausgangsmaterial für gewisse Produkte verwendet oder sogar, wie in den 70er Jahren, imitiert wird. Viele Architekten lieben diese Künstlichkeit und es ist zu bemerken, dass sich eine gewisse Entwicklung in Richtung Imitation abzeichnet.

Eichinger: Das stimmt sicher. Einerseits gibt es die Bewegung, die dem Holz etwas Auratisches und Natürliches zuweist, andererseits gibt es diese konstruierten Raumschiffwelten, wo alles künstlich sein muss. Das sind für mich normale Pendelbewegungen, die eigentlich irgendwie vorhersagbar sind. Wir setzen Holz nicht emotional ein, vor allem haben wir manchmal Angst, dass sich das Holz zu stark in den Vordergrund spielt. Deswegen schauen wir auch, dass wir so schlichte Furniere wie möglich bekommen, um die Anwendung von Holz auf das Wesentliche zu reduzieren und es zu sich kommen zu lassen.

Czech: In der Gastronomie ist es gar nicht notwendig, Holz zu propagieren, da es sowieso sehr präsent ist. Ich verwende sogar Holz, um es dann zu verleugnen. Ich nehme z.B. Ahorn, weil es zunächst nur einen Farbton repräsentiert, der nicht in erster Linie als Holz wahrgenommen wird. Mir geht es eher darum, Dinge zum Verschwinden zu bringen, d.h. wenn ich Holz verwende, kommt es mir nicht darauf an, dass es holzig wirkt. Auch bei einer Lackierung schaue ich, dass ich eine Farbe finde, die entweder im Material selber liegt oder die selbstverständlich mit dem Objekt verschmilzt. Man nimmt die Farbe nicht bewusst wahr, weil sie gewohnheitsmäßig mit dem Objekt verbunden wird.

Ritter: Du hast am Anfang erwähnt, dass Holz aufgrund seiner symbolischen wie auch materiellen Elastizität gerade in den verschiedenen ruralen wie auch urbanen Kontexten gut einsetzbar ist.

Eichinger: Holz ist für mich ein Werkstoff, mit dem man wirklich in einer großen Vielfalt umgehen kann. Wir haben ja bisher fast ausschließlich Lokale in urbanen Situationen geplant. Derzeit bearbeiten wir ein Projekt für Lech am Arlberg, wo sich die Aufgabe »Holz in allen seinen Facetten« stellt. Wir sollen ein Lokal entwickeln, das komplett aus Holz besteht. Das ist sehr spannend, vor allem weil der Auftraggeber, der selber Architekt ist, in seinem Hotel Zimmer nur mit Holz umgebaut hat, die in ihrer Eleganz beeindruckend sind. Wir müssen jetzt vollkommen neu anfangen über Holz nachzudenken.

Czech: Ich finde das vorhin angeschnittene Thema »Imitation von Holz« sehr interessant. Früher hat ja jeder gute Anstreicher alle möglichen Holzarten lasierend nachmachen können. Es gibt heute noch viele Gründerzeithäuser mit gemalten Eichen- oder Mahagonitüren. Das hat man damals unter Architekten inferior empfunden. Zum Beispiel sagte Adolf Loos, man dürfe jedes Material bekleiden, nur nicht mit dem Imitat seiner selbst. Jetzt gibt es seit einiger Zeit Fußbodenbeläge aus Laminat, die bisher ausschließlich eine Holzstruktur als Oberfläche haben und sehr billig sind. Und dann denke ich mir, vielleicht sollte man sich diesem Material ähnlich nähern, wie man jetzt die alten Pseudoholzanstriche betrachtet, die irgendwie liebenswert sind in ihrer Ästhetik. Andererseits denke ich mir aber auch, dass kleine Kinder auf diesem Boden aufwachsen und von früh an mit diesem Betrug konfrontiert sind. Das ist, als ob Kinder in der Volksschule mit der Kronen-Zeitung lesen lernen würden.

Eichinger: Ich finde diese Künstlichkeit sehr interessant und irgendwie habe ich nicht dieses Problem wie du, Hermann, weil unsere Umwelt aus vielen Künstlichkeiten besteht, vom Computer angefangen bis zum Fernsehen. Für mich ist das kein Betrug, denn mit diesen neuen Materialien kann man neue und zeitgemäße Möbel und Raumsituationen entwerfen oder damit ironisch umgehen.

Ritter: Welche Auswirkungen hat diese Bewegung der Künstlichkeit auf den Einsatz von Vollholz?

Eichinger: Meiner Meinung nach wird dieses anders wahrgenommen werden und man beginnt, sich wieder neu damit zu beschäftigen. Der Kunststoff Holz erzeugt eine neue Bedeutung für das Thema Vollholz.

Bauwerk