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Zum Thema
Holzaltern - was für ein Thema
Text: Karin Tschavgova

Über Totenbretter und andere Listen gegen die Vergänglichkeit
Text: Bernhard Tschofen

Projekte
Haus Truog Gugalun Versam/CH
von Peter Zumthor
Ganzheit aus Alt und Neu
Textzitate von Peter Zumthor

Berghaus Hahnenkamm Kitzbühel, Tirol
von Clemens Holzmeister
Abgehoben und seiner Zeit voraus
Text: Georg Rigele

Wohnanlage »Im Fang« Höchst, Vorarlberg
von Cooperative
Lebens- und Patinafähigkeit im Holzbau
Text: Otto Kapfinger

Vetterhof Lustenau, Vorarlberg
von Roland Gnaiger
Was das Holz hält
Text: Renate Breuß

Abbundhalle Zimmerei Reuthe, Vorarlberg
von Hermann Kaufmann
Hineinverwittern in die Landschaft
Text: Hermann Kaufmann

Wohnanlage Spitzweg Graz, Steiermark
von Volker Giencke & Co
Doppelt hält besser
Text: Karin Tschavgova

Artikel

15. Dezember 2001 Peter Zumthor
zuschnitt

Ganzheit aus Alt und Neu

1994 wurde der Zubau an einen alten Hof in Graubünden von Peter Zumthor realisiert. Der Neubau sollte den Erben ein zeitgemäßes Wohnen ermöglichen und dennoch die Atmosphäre des kleinen Blockhauses erhalten. Unter einem neuen Dach wurde dem Bestehenden nur das hinzugefügt, was ihm aus heutiger Sicht fehlte: eine moderne Küche, Bad und Toilette, zwei Kammern mit größeren Fenstern, eine zusätzliche Holzfeuerung. Die Räume sollten innen wie außen eine Einheit erkennen lassen. Von der Fassadenstruktur unterscheidet sich der Holzbau zwar, farblich wird er sich aber immer mehr dem Altbau anpassen. Peter Zumthor wollte die Spuren der Abnutzung, die der alte Hof aus dem Jahre 1760 an allen Ecken zeigt, erhalten und »die Dinge erzählen lassen«. Mit den Jahren wird auch der Neubau zu sprechen beginnen. Holz als Verbindung zwischen Alt und Neu.

»Der kleine Hof, schmale Existenzgrundlage einer Bergbauernfamilie über Generationen (der Stubenteil datiert von 1760), war für die Erben so zu erneuern, dass er zeitgemäß bewohnt werden kann, ohne seinen Zauber zu verlieren - den Zauber seiner abgeschiedenen Lage am Nordhang (gugalun = den Mond anschauen), die Natürlichkeit des Fußpfades, der als einzige Erschließung zum Haus hinabführt, die Spuren des Alters: des schmalbrüstigen, auf schlechtem Fundament schief gewordenen Stubenteils mit seinen zahlreichen Flickstellen im Holzwerk, die erkennen lassen, wie klein die Fenster und wie niedrig die Decken und Türen ursprünglich waren. Der Entwurf respektiert diese Dinge. Unter einem gemeinsamen neuen Dach wurde dem Bestehenden nur das hinzugefügt, was ihm aus heutiger Sicht fehlte: eine moderne Küche, Bad und Toilette, zwei Kammern mit größeren Fenstern, eine zusätzliche Holzfeuerung. Dabei haben wir versucht, darauf zu achten, dass eine neue Ganzheit entsteht, in der Alt und Neu aufgehen. In zehn Jahren, wenn die Sonne die neuen Holzbalken geschwärzt hat, wird man sehen, wie dieses Ziel erreicht wurde.«

»So besteht für mich die Suche nach dem neuen Objekt, das ich entwerfen und bauen will, zu einem großen Teil darin, darüber nachzudenken, wie wir die vielen Orte unseres so unterschiedlichen Wohnens in der Welt wirklich erfahren - im Wald, am Fluss, auf der Brücke, auf dem Platz, im Haus, im Zimmer, in deinem Zimmer, im Sommer, am Morgen, in der Dämmerung, im Regen. Ich höre das Geräusch der Autos, die vorbeifahren, die Stimmen der Vögel und die Schritte der Passanten. Ich sehe das angerostete Metall der Tür, das Blau der Hänge im Hintergrund, das Flirren der Luft über dem Asphalt. Ich spüre die Wärme, die abstrahlt von der Mauer in meinem Rücken. Die Vorhänge in den schlanken Fensternischen bewegen sich leicht im Wind. Die Luft riecht feucht vom gestern gefallenen Regen, dessen Wasser im Erdreich des Pflanzentroges gespeichert ist. Alles, was ich sehe, die Platten aus Zement, welche die Erde halten, die Drähte des Spaliers, die gedrechselten Stäbe des Geländers auf der Terrasse, der verputzte Bogen über dem Durchgang - alles zeigt Spuren der Abnutzung, des Gebrauchs, zeigt Spuren des Wohnens.

Und wenn ich genau hinsehe, beginnen mir die Dinge etwas zu erzählen über ihr Wozu und Warum und über die Art, wie sie hergestellt wurden. Denn all dies tritt in ihrer Form und Präsenz zutage oder liegt in ihrer Form und Präsenz verborgen.«

15. Dezember 2001 Georg Rigele
zuschnitt

Abgehoben und seiner Zeit voraus

Das Berghaus Holzmeister ist ein, auf einem gemauerten Sockel stehender, verschindelter Holzbau mit Pultdach. Die Ansicht von Westen her war anfangs turmartig, wirkt heute allerdings durch das Aufkommen eines Hochwaldes weniger markant.

»Ich bin immer bemüht gewesen, mit den Neuerungen der Zeit Schritt zu halten, ständig auf dem Laufenden zu bleiben, aber auch immer die wertvolle traditionelle architektonische Kunst gegen die allzu krassen Auswüchse der modernen Bewegung zu verteidigen.«
Clemens Holzmeister 1936

»Auf 1800 m Höhe erbaut 1930. Nach Sonne, Schnee und Wetter in jener dem vollen Sturm ausgesetzten Höhe, nach Aufbau und Werkstoff gerichtet. Am Mauerwerk wurde, weil kostspielig, gespart, das wegen Schneeverwehung wenig bewohnbare Untergeschoß eingezogen, das Holzhaus überkragend. Dabei ergab sich die merkwürdige, wohltuende Erscheinung, daß durch den Luftzug, der durch den eingezogenen Sockel rings um das Haus entsteht, der Schnee nie an dieses herankam, sondern bei hohem Schneefall eine fast kreisförmige Wächte bildet.«
Clemens Holzmeister 1937


Das Berghaus Holzmeister liegt in etwa 100 m Abstand vom Haus des Kitzbüheler Malers und Architekten Alfons Walde, der seinem Jugendfreund Holzmeister das Grundstück verkauft hatte. Das Berghaus, wo 1930 zum ersten Mal Weihnachten gefeiert wurde, war Zentrum der familiären und freundschaftlichen Beziehungen Holzmeisters. Für einen überaus kommunikativen und mobilen Menschen wie ihn bildete es einen idealen Ort, um Gäste zu empfangen, mit der Familie und Freunden gesellige Tage und Abende zu verbringen, nachzudenken, oder in Ruhe zu arbeiten. Am meisten Leben herrschte im Berghaus in den 30er Jahren bis zur Emigration Holzmeisters 1938. In den Gästebüchern haben sich zahlreiche Freunde, Politiker und Künstler mit Zeichnungen und Gedichten verewigt. Während der NS-Zeit stand das Haus leer.

Aus der umfangreichen Publikation des Hauses wird ersichtlich, dass es nicht allein dem Rückzug ins Private diente, sondern von Holzmeister selbst einen paradigmatischen Platz in seinem Schaffen zugemessen erhielt.

Architektonisch wurde das Berghaus vielfach gewürdigt. Es ist, wie seine Besucherinnen und Besucher übereinstimmen, genial konzipiert, von einer einmaligen Raumökonomie, einer faszinierenden variablen Abfolge von funktional genau definierten und doch flexibel nutzbaren Räumen, einer klimatischen Zonierung, die vom beheizbaren Wohnraum zur gedeckten Veranda und weiter auf die der Sonne zugewandten Terrasse übergeht. Es bietet je nach Wetter und Stimmung größte Geborgenheit oder Offenheit. Die Veranda mit ihren nach unten versenkbaren breiten Fenstern diente als Arbeitsplatz. Schiebewände ermöglichen die Verbindung und Teilung des 37 m² großen Wohnraums in drei Bereiche. Einbaukästen sind integrierter Bestandteil des architektonischen Konzepts.

Für Holzmeister war die Tiroler Bauernstube ein Maßstab der Wohnlichkeit, nicht so sehr für seine Frau Judith (die eine Freundschaft mit Gio Ponti verband). Judith Holzmeister beeinflusste den Entwurfsprozess mit Wünschen nach einer modernen Gestaltung, einer vom Wohnraum abgetrennten Küche und einer eleganten Ausstattung des Zimmers im 1. Stock. Während die Räume im Hauptgeschoß eine Brettertäfelung aufweisen, ist das einen eigenen Wohnbereich bildende Zimmer im 1. Stock mit großflächigen »Beachpine«-Paneelen getäfelt.

Das Haus ist weitgehend im Originalzustand erhalten. Die hohe künstlerische, historische und kulturelle Bedeutung des Hauses zeigt sich formal im Umstand, dass es seit 1994 samt der originalen Inneneinrichtung unter Denkmalschutz steht. In der Begründung des österreichischen Bundesdenkmalamtes wird der Schluss gezogen: »Ohne jegliche historische Anleihen in der Form wurden dennoch alte landschaftsgebundene und traditionelle Bauweisen (nach rückwärts versetzter Betonsockel, Holzverschindelung) verwendet. Historisch gesehen stellt es einen Markstein moderner alpiner Architektur dar, in dem funktionelles Raumplanen und Naturnähe mit modifizierten Elementen lokaler Bautradition verbunden wurden.«

15. Dezember 2001 Otto Kapfinger
zuschnitt

Lebens- und Patinafähigkeit im Holzbau

Fünf zwei- bis dreigeschoßige Häuser in Holzskelettbauweise mit verglasten Veranden sind durch einen gedeckten Innenhof verbunden, an dem die Eingänge und Gemeinschaftsräume liegen.

Wir wandern durch das nagelneue Haus Helbock der Cooperative in Koblach. Es ist 1981 die erste Architekturexkursion aus Wien zur »Vorarlberger Bauschule«. Am Rand des Grundstückes, etwas auf Distanz, stehen Vorarlberger Kollegen, Purin, Wäger, Gnaiger, deren Bauten wir ebenfalls sehen werden. Ich habe die Hausrunde beendet und trete zu ihnen, und Hans Purin erklärt gerade, nicht unheftig: »So bringen sie den Holzbau in Verruf!« Er weist auf die untere westliche Ecke, wo der Fußpfosten der Holzkonstruktion nahe der Grasnarbe ganz offen auf dem Betonunterbau aufliegt.

Auf dieser Reise sah ich erstmals die Bauten der 1. und 2. Generation der Vorarlberger Baukünstler, und in dem Satz Purins lag nicht nur fachliche Kritik, er verdeutlichte auch eine scheinbar periphere, doch klare Differenz zwischen den Älteren und den Jüngeren- speziell der Cooperative. »Im Fang« in Höchst war damals ganz neu, ganz in leuchtendes, unbehandeltes Fichten- und Kiefernholz gehüllt, und ich verhehle nicht, dass diese unbekümmerten, offenen Baustrukturen mich damals stärker berührten, als die ebenfalls so feingliedrigen, doch gediegener ausgeführten Arbeiten von Purin oder Wäger.

Fast zwei Jahrzehnte später besuchte ich nochmals »Im Fang« und andere kollektive Siedlungen vom Beginn der 80er Jahre. Nach den Gründerfamilien lebten hier offenbar bereits Zweit- oder sogar Drittnutzer. Die Anlagen waren mit Patina, mit den Spuren des Lebens, des Alltags und der Aneignung geradezu gesättigt. Man konnte sehen, dass da und dort auch Schäden entstanden waren, dass verändert und weitergebaut worden war, dass es zusätzlich Abdeckungen gab, dass Teile erneuert und andere erneuerungsbedürftig waren. Doch der unprätentiöse, der offene, räumliche Charme dieser Bauten hatte noch dazugewonnen. Diese Bauten waren »lebendige«, sichtbare »Zeitspeicher«, und es stimmte fast wehmütig, dies mit dem zu vergleichen, was 15 Jahre später von denselben Architekten nun in großer Stückzahl mit Bauträgern für die anonyme Mittelschicht gebaut wurde.

Die Frage nach der einfachen, rohen Bauweise als ästhetisches Konzept oder nach der Lebens- und Patinafähigkeit im Holzbau führt in diesem Zusammenhang zurück auf Purins Bemerkung und jene Distanz, die da zu seinen »Nachfolgern« sichtbar wurde. Purin und auch Wäger, der ja gelernter Zimmerer war, hatten mehr als ein Jahrzehnt gekämpft, um den Holzbau für die mittlere und untere Mittelschicht überhaupt wieder salonfähig zu machen, um die Vorurteile gegen das bäuerliche, billige, erhaltungsaufwendige, wenig prestigeträchtige Material mit ihren Beispielen zu entkräften. Konstruktiver Holzschutz und Detailsorgfalt waren dabei enorm wichtig, gerade in der alemannischen Gesellschaft, die extrem auf Sauberkeit, Ordnung, Tüchtigkeit, Effizienz etc. orientiert ist.

Für die nächste Architektengeneration waren andere Werte wichtig. Eberle & Co wollten schnell etwas bauen, schon während des Studiums, wollten billig bauen, wollten gemeinschaftlich bauen und wohnen. Holz war dazu das Naheliegendste, dem Selbstbau, der Bastelei, der leichten Veränderbarkeit, dem Lebensgefühl der Nach-68er adäquat. Diese Generation wollte sich nicht in fein geputzten, ordentlich jedes Jahr neu gestrichenen Häuschen einnisten. Man wollte kollektiv, alternativ leben, selbstbestimmt, die Ressourcen schonen, nomadisch und »natürlich« sein. Baubiologie war eher unbekannt. »Im Fang« hatte jede Menge an Spanplatten und am Dach Asbestwellplatten. Perfektion war kein Ideal, Langlebigkeit eine kleinbürgerliche Zwangsvorstellung. Nicht Wachsmanns Holzbaubuch war hier die Bibel, viel eher die »Handmade Houses« und »Shelter« - Kataloge der amerikanischen Dropout-Bewegung.

Speziell die Cooperative lag mehr auf der subversiven, pfiffigen Linie von Walter Segal. Selbstbau, einfachste Details ohne komplizierte Maschinen und Verfahren war die Devise: Veränderlichkeit in jeder Hinsicht war ein größerer Wert als Beständigkeit, das Zelt als Metapher lag viel näher als die Villa. Holz war dieser Generation ein Mittel zum Zweck, keine Weltanschauung, schon gar keine regionalistische. Als die Cooperative sich größeren Aufgaben zuwandte, wurde Holz fallengelassen und massiv gebaut. Dieser Pragmatismus im Idealismus der Jugendjahre war - aus meiner heutigen Sicht - die noch stärkere, die wirkliche Triebfeder.

15. Dezember 2001 Renate Breuß
zuschnitt

Was das Holz hält

Eine langgestreckte, introvertierte U-Form aus drei Baukörpern umfasst zwei große Höfe, welche von einer Durchfahrt getrennt werden: den Wohnhof im westlichen Bereich sowie den Viehhof im Osten mit offenen Ställen und Melkturm.

Landwirtschaftliche Bauten sind in Vorarlberg traditionell in Holz ausgeführt. Ein Bauernhof aus Beton und Stahl: eine Faust aufs Auge, meint Hubert Vetter, der organisch-biologischen Landbau am mehrfach ausgezeichneten Vetterhof in Lustenau betreibt.

Gemeinsam mit seiner Frau Annemarie hat er vor zehn Jahren das Konzept eines Neubaus in Angriff genommen und - offen für moderne Architektur - mit Roland Gnaiger seinen Architekten gefunden. Noch heute habe er ein gutes Verhältnis zu seinem Planer, welcher im Sinne des bäuerlichen Selbstverständnisses die Grenze des Architekteneinflusses deutlich früher gezogen sah. In einem Gespräch mit Renate Breuß erzählt der Bauherr nach fünf Jahren Nutzung von seinen Erfahrungen mit nicht oberflächenbehandelten Baustoffen.

»Holz ist für mich ein lebendiger Baustoff, der warm ist und der mir ein heimeliges Gefühl gibt. In Holz kann ich selbst reparieren und als nachwachsender Rohstoff ist Holz für mich verfügbar. Von den Häusern im Bregenzerwald wissen wir, dass das unbehandelte Holz langsam altert, dabei grau und schwarz wird - und trotzdem hält.

»Mit Farbe behandeltes Holz kam für mich nicht in Frage, ich habe das auf unserem elterlichen Hof einmal erfahren. Man musste etwas tun und da hat eine Firma dieses »Zeugs« darauf gestrichen und gespritzt. Da dachte ich mir, das ist doch ein Kitsch und das Holz erstickt darunter. Der alte Stadel, der unbehandelt blieb, hat wesentlich besser als der Wohnteil gehalten. Seither war das für mich kein Thema mehr. Auch der Planer hat uns geraten, das Holz nicht zu behandeln.«

»Unsere Außenfassade ist mit Lärchenbrettern verschalt. Als wir für die spätere Anbringung der Solaranlage einige Bretter wegnehmen mussten, waren diese nach eineinhalb Jahren schon glashart, richtig ausgebrannt. Wichtig ist, dass die Bretter sägerau sind und nicht gehobelt. Zudem wollte ich keinen Maler anstellen: der wäre bei 1.400 m² Außenwand viel beschäftigt. Die Sorge, dass alles schwarz und grau wird, kann ich nicht teilen. Mich stört das nicht, ob das jetzt schwarz oder grau oder weiß ist - halten muss es und wohl fühlen müssen wir uns.«

»Im Innenbereich haben wir - außer in den Verarbeitungsräumen - nur unbehandelte Holzböden. Breite, rohe Lärchenbretter, links gehobelt. Die Wahl der Böden hat uns lange beschäftigt. Einerseits ist es ein großer Kostenfaktor und andererseits gehen bei uns viele Leute in Straßenschuhen ein und aus. Versiegelt, geölt oder gewachst, das waren die anfänglichen Perspektiven. Nach dem Besuch einer Baulehrschau haben wir uns für den rohen Boden entschieden, da dieser nach einem verregneten Messetag als einziger keine »schwarze Autobahn« aufwies. Trotz größter Skepsis hat der hiesige Bodenleger den Boden so gemacht und uns Risse und Spalten, durch welche das Geld durchfalle, prophezeit.«

»Heute wissen wir - wie mir auch viele Fachleute bestätigen - dass die Kombination dieser Holzböden mit den lehmverputzten Wänden ideal ist. Der Lehm nimmt genügend Feuchtigkeit auf und gibt diese wieder ab, dadurch entstehen keine Risse. Zudem fühlt sich der Boden immer warm an, im Vergleich dazu ist ein versiegelter Boden kalt. Das durch den Verzicht auf Schleifen und Ölen eingesparte Geld haben wir in eine Putzmaschine investiert, mit der der Boden lediglich nass aufgewischt wird. Mit dem Älterwerden wird er immer schöner.«

»Direktverkauf und Seminarbetrieb bringen viele Leute in unser Haus. Einmal erzählte mir eine Frau von allergieartigen Beschwerden, die sie in jedem neuen Haus habe, hier jedoch nicht. Sie wollte wissen, was hier drinnen anders als in anderen Neubauten sei. Ich sagte: Was anders ist, kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, dass nichts herinnen ist, was nicht herein gehört.«

15. Dezember 2001 Hermann Kaufmann
zuschnitt

Hineinverwittern in die Landschaft

Eine sehr helle, leichte, rasch montierte Halle von 16 x 45 m, von der Firma selbst als Demonstration modernen Ingenieurholzbaus detailliert und gefertigt, dient als Anbau an die bestehende Substanz

»Holz ist ein Material, das sich gegen sämtliche Oberflächenbehandlungen wehrt, es wehrt sich einfach gegen den Schutz. Das Holz will atmen, es will Luft haben, es will altern.«

»In der Oberflächenbehandlung von Holzfassaden haben wir einiges versucht im Lauf der Zeit. Nichts war länger haltbar. Da gab es eine farblose Dickschichtlasur einer Schweizer Firma, von der es hieß, sie hätte einen UV-Schutz, das Holz verwittere nicht und bliebe wie neu. Wie ein Plastikfilm, eigentlich pervers. Und wir haben an die Firma geglaubt wie an die Swiss-Air. Nur - innerhalb von einem Jahr war das eine grauenhafte Geschichte, aufgesplittert auf der Südseite, einfach grausig.«

»Mittlerweile bin ich eher zurückgegangen und habe das Thema der natürlichen Verwitterung kultiviert, also das Zurück ganz auf das Ursprüngliche.«

»Daraus gibt es Erfahrungen. Wie sich das Verwittern entwickelt, wie sich das Holz verhalten wird. Das kommt in unserem Büro auch immer mehr in das Planungsprozessdenken mit hinein. Wenn man Erfahrung hat, kann man vorausschauend ziemlich genau sagen, wie ein bewitterter Holzteil in zehn Jahren ausschauen wird, je nach Höhenlage des Hauses, je nach Klimaverhältnis, nach Wetterlage, selbst das Kleinklima um ein Haus ist entscheidend.«

»Ich bin der Meinung, dass Massivholz nach wie vor das beste ist. Alles andere, jeder Holzwerkstoff ist eigentlich von der Haltbarkeit her schlechter als Massivholz, als das normale Holzbrett. Das ist einmal ein Grundsatz, für den es noch keinen Gegenbeweis gibt. Eine zweite Grundsatzentscheidung liegt in der Steuerung des Verwitterungsprozesses. Da gibt es zwei Strategien, die sich natürlich architektonisch auswirken: Der Versuch, das Holz wirklich zu schützen oder konsequentes Verwittern.«

»Diese vielzitierte 10-Jahresphase, in der das Holz angeblich noch nicht schön ausschaut, muss man aus meiner Sicht differenziert betrachten.
Unbehandelte Fassaden, die gleichmäßig bewittert werden, sind in jeder Phase schön. Da gibt es keine Fleckigkeit, es ist ein kontinuierlicher Prozess, in dem das Holz ganz gleichmäßig von Braun ins leicht grau Schimmernde, ins Hellgrau bis ins Dunkelgrau übergeht.«

»Will man es also verwittern lassen, vermeidet man Vorsprünge. Man plant möglichst glatt und fassadenbündig, möglichst klar, ohne differenzierte Baukörper und am besten mit flächigem Material. Oder man schützt konsequent mit einem durchgehenden Vordach und hat dann die Chance, dass das Holz von der Sonne gebräunt wird und diesen schönen goldbraunen Ton bekommt, relativ gleichmäßig je nach Exposition. Was aber viel mit der Höhenlage zu tun hat; ab 1.000 Metern Höhe ist das überhaupt kein Problem, da werden die Südseiten prinzipiell sonnenverbrannt, weil die UV-Strahlung so hoch und die Luft so trocken ist, dass es fast ohne Vordach funktioniert, während die Nordseite grau wird.«

»Überzeugungsarbeit leisten wir in Vorarlberg seit vielen Jahren, auch öffentlich. Nun spüre ich, dass der Kreis von Menschen, Bauherrn, die das natürliche Holzaltern nicht nur akzeptieren, sondern auch als Qualität sehen, größer wird. Das Hauptargument für diese Menschen ist die ökologische Schiene. Außerdem wird Holz als Baustoff gesehen, der Innovation ausdrückt, eine kulturell höherwertige Haltung. Die Schicht der Neureichen ist natürlich absolut keine Holzkundschaft. Das ist eher, nach wie vor, wie in den sechziger-, siebziger Jahren diese halbintellektuelle Schicht. Die gehen mit, leben mit, sind diesen Argumenten zugänglich. Ein wichtiges Argument für den sparsamen Vorarlberger ist ein ganz pragmatisches. Wenn man die Lebensdauer von Holz nimmt und errechnet, was in dieser Lebensdauer das Streichen kostet, dann ist es viel billiger, das Holz verwittern zu lassen. Ein zweites wichtiges Argument sind in einem Holzbauland wie Vorarlberg die vielen alten verwitterten Häuser, an denen sich kein Mensch stößt. Dieses Hineinverwittern in die Landschaft, besonders im ländlichen Raum «

15. Dezember 2001 Karin Tschavgova
zuschnitt

Doppelt hält besser

Zwei keilförmig zueinander gestellte Baukörper in Betonscheibenkonstruktion mit geringer Gebäudetiefe sind mit Holzriegelwänden und vorgehängten Fassaden aus Glas im Süden und Sperrholzplatten im Norden ausgefacht.

Am Anfang stand ein Wettbewerb zum Thema »Kostengünstiges Bauen«, für den Giencke&Co eine Lösung anbieten, die - logisch abgeleitet aus der architektonischen Prägung von Volker Giencke und seinen Vorbildern Le Corbusier und Jean Prouvèe - industriell vorgefertigte Elemente in Mischbauweise vorsieht. Nun weiß jeder, der den »natürlichen« Verlauf der Realisierung eines Wohnbaus in der Steiermark kennt, mit welchen erheblichen Reibungsverlusten aus den besten Entwürfen oft konventionelle 08/15 Bauten werden. Nicht so mit Giencke! Der setzte, nach dem Ausstieg der Wohnbaugenossenschaft, mit Beharrlichkeit und Ausdauer die Leichtbaufassaden durch.

An der »warmen« Südseite wird an zurückspringenden, geschützten Fassadenteilen weiß gestrichene Holzschalung verwendet, an exponierten Bauteilen weiß emailliertes Glas und auf der im Norden gelegenen »kalten« Erschließungsseite eine Verkleidung aus hochwertigem Schiffssperrholz. Diese Multipaneelplatten in Okumee, einem laut Zertifikat gezüchteten Tropenholz der niederländischen Firma Bruynzeel, wurden schon im Werk nach Plan geschnitten, mit pigmentiertem Mehrfachanstrich versehen - an den Kanten, die offen blieben, mit einer zusätzlichen Schicht - und auf der Baustelle nur mehr verschraubt. Für die Platten gab es eine zehnjährige Garantie, für den Anstrich nur fünf Jahre. Was für die Behörde, die Wohnbauförderungsstelle des Landes nur nach langen Verhandlungen akzeptabel war, erweist sich nicht nur als elegant und formschön, sondern nach nunmehr acht Jahren auch als äußerst dauerhaft. Veränderungen an der Oberfläche der Fassade sind bis auf ein leichtes Nachdunkeln kaum wahrnehmbar, was auch daran liegen mag, dass sie nur in geringem Ausmaß direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt ist. Die Oberfläche ist jedenfalls noch völlig intakt und zeigt sich edel wie ein Möbelstück.

Giencke wusste sie freilich richtig zu schützen: weit überstehende Flugdächer aus Stahl. Glas geben ein Beispiel richtig angewandten baulich-konstruktiven Holzschutzes - und sind zudem wesentliche gestaltgebende Elemente.

Bauwerk