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Bauwelt 1-2.07
Das erste Haus
Bauwelt 1-2.07
zur Zeitschrift: Bauwelt

Von der Messe- zur Ausstellungshalle

Verkehrszentrum des Deutschen Museums

5. Januar 2007 - Jochen Paul
Ende einer langen Reise: Als das Verkehrszentrum im Mai 2003 zum 100-jährigen Jubiläum des Deutschen Museums die von Wilhelm Bertsch 1908 errichtete Halle 3 auf der Münchner Theresienhöhe eröffnete, lagen über sieben Jahre Planungs- und Bauphase hinter den Beteiligten. Knapp dreieinhalb Jahre später ist auch der zweite Bauabschnitt fertiggestellt: Am 21. Oktober konnte das Verkehrszentrum die historischen Hallen 5 (heute Halle 2) und 7 (heute 1) des ehemaligen Messegeländes in Betrieb nehmen. Zusammen bilden sie den kulturellen Fixpunkt des zwischen Theresienwiese und Schwanthalerhöhe neu entstandenen Stadtquartiers.

Wie bereits bei der denkmalgerechten Sanierung der Halle 3 ging es für das Architekturbüro RMP Reichert Pranschke Maluche, München/Berlin, darum, die Hallen so weit als möglich in ihren ursprünglichen Bauzustand zurückzuführen, ihre Standsicherheit wiederherzustellen und sie, wo notwendig, zu ergänzen. Fünf Jahrzehnte Messebetrieb hatten eine Vielzahl von Ein- und Anbauten hinterlassen, die Hallen waren in ihrer früheren Form nicht mehr erlebbar. Zudem fiel mit der Aufgabe der Theresienhöhe als Messestandort der Bestandsschutz weg, mit der Nutzungsänderung waren sämtliche seit 1908 hinzugekommenen Anforderungen an Brand-, Tauwasser- und Wärmeschutz, die Stand- und Verkehrssicherheit zu erfüllen.

Im Rahmen der Fassadensanierung wurden, um die filigrane Komposition aus vorgestelltem Sichtbetontragwerk mit gläsernen Füllungen wieder sichtbar zu machen, die teilweise zu reinen Oberlichtbändern reduzierten Glasflächen auf ihren ursprünglichen Glasanteil zurückgeführt. Nach den Erfahrungen mit Halle 3 verzichtete man allerdings darauf, die historischen T-Sprossenroste aufzuarbeiten, und ersetzte sie stattdessen durch eine Pfosten-Riegel-Konstruktion mit thermisch getrennten Profilen. Und weil das Tragwerk aufgrund der fortgeschrittenen Karbonatisierung des Betons seine Festigkeit verloren hatte, wurden die schadhaften Stellen freigelegt und in einem aufwendigen Schal- und Verfüllverfahren wiederhergestellt.

Um die konstruktive Leichtigkeit und optische Transparenz der Hallen zu erhalten, bezog die Tragwerksanierung die Dachkonstruktion mit ein: Alle geschlossenen Dachflächen wurden zur Verbesserung der Steifigkeit als Scheiben ausgebildet, und die anfallende Windlast wird nun über die – bei Halle 1 komplett erneuerten – Betonscheiben der Giebelfassaden abgetragen. Dadurch konnten zusätzliche Auskreuzungen in Hallenquerrichtung vermieden werden. Die Stahlkonstruktion wurde vor Ort feldweise demontiert, sandgestrahlt, neu korrosionsbeschichtet, teils verstärkt und anschließend wieder aufgestellt.

Damit die teuer sanierte Substanz – das Gesamtbudget erhöhte sich von anfangs 19,5 Mio. DM auf 50 Mio. Euro – auch zur Geltung kommt, hält sich die vom Atelier Markgraph, Frankfurt am Main, als Mobiliar gestaltete Ausstellungsarchitektur betont zurück: Sämtliche Einbauten, Galerien, Rampen, Stege, Treppen und Regale, sind freistehend ausgeführt und reversibel. Kleiner Wermutstropfen: Der in den 60er Jahren um ein Verwaltungsgeschoss erweiterte Ostanbau sollte, damit die ursprüngliche Dachgeometrie wieder erlebbar wird, zurückgebaut und um einen gläsernen Windfang ergänzt werden. Nachdem die zunächst angenommene Standsicherheit nicht gegeben war, muss das Verkehrszentrum bis auf weiteres ohne eigentlichen Haupteingang auskommen: Die erforderlichen 2,5 Mio. Euro sind im Budget nicht berücksichtigt.

Den Umzug von der Isarinsel auf die Theresienhöhe nutzte das Verkehrszentrum zu einer grundlegenden Neukonzeption: Die Ausstellung stellt die Exponate unter den Themen „Stadtverkehr“, „Reisen“ und „Mobilität & Technik“ weltweit erstmals in einen systematischen und kulturgeschichtlichen Zusammenhang.

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