Zeitschrift

archithese 2.2007
Armut - Poverty
archithese 2.2007
zur Zeitschrift: archithese
Herausgeber:in: FSAI
Verlag: niggli
Fast die Hälfte der Weltbevölkerung muss heute mit weniger als zwei US-Dollar pro Tag auskommen und gilt damit offiziell als arm. Weil 95 Prozent der globalen Bevölkerungszunahme in Entwicklungsländern zu verzeichnen sind, ist eine weitere Verschärfung des Problems absehbar. In besonderem Masse werden urbane Ballungsräume betroffen sein: Prognosen der Vereinten Nationen deuten darauf hin, dass bis 2050 rund drei Viertel der Weltbevölkerung in Städten wohnen werden. Doch bereits heute sind viele Metropolen mit einem unkontrollierbaren Zustrom von Menschen und einer kaum vorstellbaren Not konfrontiert.

Ist Hilfe durch Architektur überhaupt möglich? Gefordert wird sie immer wieder – so auch im internationalen Wettbewerb Architecture and the Eradication of Poverty, den UNESCO und UIA 1997 anlässlich der ersten UNO-Dekade zur Beseitigung der Armut ausgerufen hatten. Ein nüchterner Rückblick von Jörg Seifert zeigt indes, dass ohne Unterstützung bei der Umsetzung die besten Projekte Gedankenspiele bleiben. Ein zielgerichtetes Vorgehen wäre indes entscheidend. Da die Ursachen der globalen Armut in erster Linie politischer und ökonomischer Natur sind, fallen die Interventionsmöglichkeiten der Architektur ohnehin vergleichsweise bescheiden aus. In Bezug auf das konkrete Vorgehen treffen zwei gegensätzliche Haltungen aufeinander. Norbert Mayr beschreibt den Versuch österreichischer Universitäten, durch günstige Bautypen «Entwicklungshilfe mittels Architektur» zu leisten. Peter Burk, Vorsitzender der Organisation Architekten über Grenzen, betrachtet Architekturexport dagegen mit Skepsis und plädiert für den Einbezug eigenständiger lokaler Fachkräfte.

In diesem Heft finden sich kaum spektakuläre Entwürfe. Dafür werden architektonische und städtebauliche Arbeiten vorgestellt, die mit geringen Mitteln und viel Innovationskraft dort intervenieren, wo herkömmliche Mittel längst versagt haben. archithese versammelt Projekte aus Asien, Afrika und Südamerika: unter anderem das Grameen-Haus des Nobelpreisträgers Muhammad Yunus aus Bangladesh, empowerment-Projekte aus Bangkok, Siedlungsmuster in Addis Abeba sowie Strategien im Umgang mit informellen Siedlungen in Rio de Janeiro und Caracas. Elisabeth Blum berichtet über das Engagement des Architekten Jorge Mario Jáuregui; Alfredo Brillembourg und Hubert Klumpner analysieren die Möglichkeiten urbaner Eingriffe in Slums. Zur Sprache kommen aber auch die Verlierer der westlichen Wohlstandsgesellschaft in Europa und Nordamerika: Marc Angélil analysiert die Hintergründe der gewalttätigen Ausschreitungen in den Banlieues von Paris, wärhrend Isabelle Maret und Jane S. Brooles das Wiederaufbauprogramm für das Schulsystem von New Orleans vorstellen. Redaktion

In eigener Sache:
Wie dies in den letzten Ausgaben bereits gelegentlich der Fall war, wird die archithese ab dieser Ausgabe neben deutschsprachigen Beiträgen auch englische, französische und italienische Texte in der Originalversion abdrucken; die bisherige Übersetzung zweier Artikel ins Französische dagegen entfällt. Das Editorial erscheint ab sofort auf Deutsch, Englisch und Französisch. Damit soll der internationalen Ausrichtung der Zeitschrift vermehrt Rechnung getragen werden.

02 Editorial

12 386 vergessene Ideen
Architecture and the Eradication of Poverty – Rückblick | Jörg Seifert
18 Ästhetik der Armut?
Zwischen Favela-Chic und sozialer Verantwortung | Friedrich von Borries, Lukas Feireiss
20 Hilfe statt Architekturexport
Die Arbeit von Architekten über Grenzen | Peter Burk
22 Österreichische Infrastrukturbauten in Südafrika
Studierende bauen in den Townships | Norbert Mayr
26 Lernen von Addis Abeba
Betrachtungen zur äthiopischen Kapitale | Lukas Küng, Dirk Hebel
32 Vier Pfeiler und ein Dach
Die Erfolgsgeschichte des Grameen-Hauses | Marius Leutenegger
36 Vom Slum zum selbstverwalteten Stadtteil
Hilfe zur Selbsthilfe in Thailand | Philippe Cabane
40 Global Cities and Global Slums
Informal Cities and the Lessons they teach us | Alfredo Brillembourg, Hubert Klumpner
46 Zukunftslaboratorium Rio de Janeiro
Über die Arbeit von Jorge Mario Jáuregui | Elisabeth Blum
50 Roots of the Future
Architecture for social Inclusion | Jorge Mario Jáuregui
52 Paris-phérie
Wenn die Banlieue brennt... | Marc Angélil
58 The New Orleans Experience
Can we rebuild a fair Education System? | Isabelle Maret, Jane S. Brooks

Architektur aktuell
64 aat Makoto Yokomizo, Tomihiro Art Museum, Azuma, 2005 | Judit Solt
70 Jürgen Mayer H., Mensa, Karlsruhe, 2004 – 2007 | Hubertus Adam

Rubriken

Essay
75 The Work of Jürgen Mayer H. and the Legacy of Frederick Kiesler | Joseph Cory

Wettbewerb
82 Museum für Moderne Kunst, Warschau | Hubertus Adam

Buchrezensionen
88 Mike Davis: Planet der Slums | Rainer Hehl
90 Die drei Leben des Saffa-Hauses | Judit Solt
92 Thom Held: Berührt vom Ort die Welt erobern | Hubertus Adam

Baugeschichten
94 Zwei Pioniere: Franz Füeg und Jakob Zweifel | Laurent Stalder, Werner Oechslin

Tagung
96 Gedächnis des Ungebauten | Judit Solt

96 Korrigenda
98 Neues aus der Industrie
102 fsai
103 Lieferbare Hefte
104 Vorschau und Impressum

teilen auf

Weiterführende Links:
niggli Imprint der Braun Publishing AG

Tools: