Award

ZV-Bauherrenpreis 2000
Bauherrenpreis - ZV der ArchitektInnen Österreichs - Wien (A)
ZV-Bauherrenpreis 2000, Foto: Hertha Hurnaus
Preisverleihung: 14. November 2000

Sieben zu eins für die Länder

Die Auszeichnung von Bauherrschaften durch die Zentralvereinigung der Architekten hat eine mehr als 30jährige Tradition. Sie erinnert daran, daß Qualität eben auch von dieser Seite her angestrebt werden muß, damit Architektur zumTragen kommt.

25. November 2000 - Walter Zschokke
Wenn der Gastkommentator Alf Gerd Fantur beklagt, daß Wien wieder häßlicher werde (in der „Presse“ vom 16. November, Seite 2), reiht er sich ein in den depressiven Chor jener, die nur immer das Schlechte sehen und von diesem solcherart überwältigt werden, daß sie jede Hoffnung auf Besserung fahren lassen. Natürlich überwiegt in der Masse des Gebauten seit undenklichen Zeiten das Belanglose, eklektisch Zusammengegrapschte, gestalterisch Unbeholfene oder gewinnsüchtig Hingeklotzte. Warum sollen ausgerechnet beim Bauen, wo soviel Kapital auf dem Spiel steht, andere Regeln menschlichen Verhaltens vorherrschen?

Es gibt jedoch eine kleine radikale Minderheit, die, weil sie qualifiziert ist, sich nicht einfach majorisieren läßt, die Architektur will und dies auch im Verein mit Fachleuten anstrebt. Das sind Bauherren und ihre Architekten und/oder Architektinnen, die sich Kultiviertheit leisten und dies in Architektur ausdrücken.

Wer die 92 Einreichungen für den diesjährigen „Bauherrenpreis“ durchgeht, wird vielleicht überrascht sein von der Breite und Qualität des Angebots. Das österreichische Bauschaffen erweist sich an den im vergangenen Jahr fertiggestellten Bauwerken als engagiert und auf hohem Niveau angesiedelt.

Die Endauswahl gab den Juroren, Marta Schreieck, Bart Lootsma und Dietmar Steiner, einiges zu beißen. Was vor zehn Jahren noch locker in die Preisränge hätte aufschließen können, hebt nun im Verein mit anderen den Durchschnitt der eingereichten, aber nicht ausgezeichneten Bauwerke.

Es ist nämlich nicht wahr, daß es mit der Architektur bergab geht. Das Gegenteil ist der Fall: Es gibt mehr qualifizierte Architekten pro Kopf der Bevölkerung als je zuvor. Und wenn eine wachsende Zahl Bauherrschaften, wie dies zur Zeit feststellbar ist, sich für das Zustandekommen von Architektur einsetzt, wird die Zahl qualifizierter Bauwerke pro Jahr weiter wachsen.

Wie bei jeder kulturellen Entwicklung in die Breite kann nicht jedes Werk ein avantgardistisches Manifest sein, das widerspräche der Natur dieser Charakterisierung. Aber es kann an dem Ort, wo es steht, gut dastehen und einstehen, wofür es dasteht. Damit ist so ein Bauwerk natürlich auch immer eine Kritik an jenen Bauten, deren Gestalter sich in ihrem Tun verhaspelt haben. Das ist in anderen künstlerischen und Hochleistungsdisziplinen nicht viel anders. Das müssen beide Seiten aushalten.

Ein Blick auf die acht mit einem Preis ausgezeichneten Bauherrschaften zeigt drei Gruppen: private Persönlichkeiten (drei Bauten), öffentliche Hände (drei Bauten) und Körperschaften öffentlichen Rechts (zwei Bauten). Das Wahrnehmen von architekturkultureller Verantwortung ist auf der zivilgesellschaftlichen Seite nicht schwach vertreten, was zu hoffen Anlaß gibt. Dasselbe gilt für jene der Gemeinwesen, obwohl sie dort noch verbreiteter zu Hause sein müßte, weil die kulturelle Verantwortung eine institutionelle ist. Jede Auswahl ist zudem Ausdruck der spezifischen Jury-Atmosphäre und -Diskussion, wofür die Mitglieder des Gremiums die Verantwortung übernehmen. Und das Ausscheiden fiel in diesem Jahr gewiß nicht leicht.

Nicht die Größe des Bauwerks ist für seine Qualität maßgebend. Das beweisen das Feuerwehr- und Kulturhaus in Hittisau im Bregenzer Wald, die Schlosserhalle in Trumau im südlichen Niederösterreich und der Kinder- und Jugendhort in Taxam bei Salzburg. Bürgermeister Konrad Schwarz hatte es nicht immer leicht, seinen Bregenzerwäldern den klaren Entwurf der noch nicht 40jährigen Architekten Andreas Cukrowicz und Anton Nachbaur-Sturm nahezubringen, denen der erfahrene Baukünstler Siegfried Wäger zur Seite stand. Die Verknüpfung von Zweckbau als Rüst- und kultureller Nutzung als Veranstaltungshaus einte jedoch die Bürger. Heute bestreiten sie ein engagiertes Kulturprogramm in der räumlich ansprechenden Struktur, die im Hauptgeschoß mit viel Holz und differenzierter Licht- und Blickführung Stimmung schafft. Im Sockelgeschoß gelang es, für das Feuerwehrmagazin eine zwar technische, aber dennoch angenehme Atmosphäre zu erzielen.

Hinreißend ist die von Ursula und Ernst Holzmann gewagte Kombination von Schlosserei und Bar am Dorfrand von Trumau, deren rostende Fassadenbleche mit den bündig sitzenden Glasflächen kontrastieren. „Pool Architektur“ - das sind Christoph Lammerhuber, Axel Linemayr, Florian Wallnöfer und Evelyn Wurster (alle unter 40) - haben an die Werkhalle eine schräge Bar komponiert, die nach außen wirkt und deren vielversprechendes Inneres - natürlich mit viel Stahl - tagsüber als Sozialraum dient und abends zu einem gut frequentierten regionalen Treffpunkt zu werden verspricht. Der Blick durch hohe Glasscheiben in die Werkstatt ist im Bierpreis inbegriffen.

Salzburgs Baudirektor Walter Hebsacker scheute sich nicht, das anspruchsvolle Projekt eines hölzernen Aufbaus für den einer Schule angefügten Hort auf eine bestehende Schwimm- und Turnhalle von den ebenfalls noch nicht 40jährigen Architekten Maria Flöckner und Hermann Schnöll ausführen zu lassen. Einfühlsam gestaltete Räume und Raumzonen sowie ein Nullenergiekonzept für den Neubauteil bilden den Ertrag dieses Verfahrens, von dem vor allem die Kinder und Jugendlichen profitieren werden.

Daß die einzigartige Initiative von Agnes und Karl-Heinz Essl für den privat finanzierten Museumsbau in Klosterneuburg einen Bauherren-Preis verdienen würde, war wohl am leichtesten zu erraten. Die für Wien typischen anfänglichen Unkenrufe sind längst verstummt, die Architektur von Heinz Tesar wurde von berufener Seite gewürdigt, und der lebendig gestaltete Betrieb sichert dem gewichtigen kulturellen Ort vor den Toren Wiens eine florierende Zukunft.

Die Generali-Gruppe kann bereits auf eine Reihe engagierter Bauwerke verweisen, darunter die damals überraschende Skulpturenhalle im Inneren eines Baublocks in Karlsplatznähe. An dem ungleichen Turmpaar über dem Donaukanal konnte Hans Hollein wesentlich ungestörter arbeiten als an dem populistisch angefeindeten Haus am Stock-im-Eisen-Platz. Auch wird sein Bestreben nachvollziehbar, antagonistische Volumen und plastische Bewegungen vom Groß- ins Kleinmaßstäbliche gleichsam auspendeln zu lassen und auf diese Weise Gegensätze sichtbar zu machen und doch zu versuchen, sie zugleich aufzulösen.

Rationalität in der strukturierten Durcharbeitung, gepaart mit ökonomischer Konsequenz, zeichnet die Wohnanlage für die Neue Heimat Tirol am Lohbach in Innsbruck aus. Über mehrere verschiedenerorts gebaute Etappen haben Carlo Baumschlager und Dietmar Eberle mit ihrem bekannt effizienten Büro einen Typus präzisiert und weiterentwickelt, dessen Reife sich darin zeigt, daß er nicht schematisch reproduziert, sondern jedes Mal durch neuerliche Überlegungen verbessert wurde.

Eine besondere Rolle spielt der Umgang mit alter Bausubstanz, weil sich darin sowohl Sensibilität der Analyse als auch gestalterische Kraft erkennen lassen. Dem Grazer Kaufmann Albin Sorger wird es 1993, bei Planungsbeginn, noch nicht bewußt gewesen sein, worauf er sich mit dem denkmalgeschützten Bestand der ehemaligen Stadtmühle eingelassen hatte. Dem heute 41jährigen Burgenländer Hans Gangoly gelang es, mit seinem komplexen Entwurf und seiner Fähigkeit zum Gespräch sowohl das Denkmalamt zu begeistern als auch den Bauherrn von der Notwendigkeit zu überzeugen, der beeindruckenden, alten Tragstruktur aus Holz eine räumlich spannende, neue Funktionsstruktur mit verschieden großen Wohnungen zu überlagern. Das Resultat ist feinsinnig, vermeidet allerdings harte Gegensätze von aufgesetzter Radikalität. Nichtsdestotrotz ist es eindeutig ein Stück Architektur, das am Ende des Jahrhunderts ins nächste weist.

Mit der Bewahrung der in den fünfziger Jahren von den Architekten Ramersdorfer & Meusburger unbekümmert und locker hingebauten Alten Textilschule hat der Stadtplaner von Dornbirn, Markus Aberer, wichtige Pionierarbeit geleistet, ist doch das Verständnis für Bauwerke aus dieser Zeit noch keineswegs selbstverständlich, denn gerade in jüngster Zeit mehren sich die Verluste in unverzeihlicher Weise. Unterstützt von Bürgermeister Wolfgang Rümmele, Stadt Dornbirn, und vom Land Vorarlberg, gelang es, dieses Bauwerk nicht bloß zu erhalten, sondern in der Fachhochschule Vorarlberg auch eine passende und vitale, die Anlage aufwertende Nutzung zu finden.

Die bereits mehrfach bewährten Vorarlberger Fachleute Helmut Dietrich, Hermann Kaufmann, Christian Lenz und Wolfgang Ritsch erneuerten teils sanft und flexibel abgestuft, bewältigten aber auch schwierige bautechnische und bauphysikalische Probleme unter Wahrung des spezifischen architektonischen Ausdrucks der Bauzeit. Mit Präzision und Sparsamkeit bewiesen sie den architektonischen Wert des Bauwerks, indem sie ihm neuen Glanz verliehen, ohne den Widerschein der dynamischen, heute bereits verklärten fünfziger Jahre zu überstrahlen.

Die acht prämierten Beispiele bilden die Spitze eines Bergs von Beispielen, die seit vorigem Jahr in Österreich neu dazugekommen sind. Sie beweisen, daß es um die Architektur in Österreich so schlecht nicht stehen kann. Die geographische Verteilung über die Bundesländer sollte aber nicht zuletzt der alten Metropole Wien zu denken geben.

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