Bauwerk

Albertina - Rampe
Hans Hollein - Wien (A) - 2003
Albertina - Rampe, Foto: Angelo Kaunat
Albertina - Rampe, Foto: Angelo Kaunat

Optischer Störenfried?

Mit dem neuen Albertina-Vordach schweb ein „Damoklesschwert über unserem Wien“, meinen die Kritiker.

11. Dezember 2003
Ein „markantes Signal der Neupositionierung“ sollte es sein: das von Hans Hollein entworfene, 50 Meter lange und 15 Meter breite Flugdach, das acht Meter über dem Eingang zur neuen Albertina schwebt.

Einweihung mit Verspätung

Als das Wiener Museum nach langer Renovierung im März wieder eröffnet wurde, war der „Soravia Wing“ - er wurde von den Bauunternehmern Hanno und Erwin Soravia finanziert - allerdings noch nicht fertig gestellt.

Ein Dreivierteljahr später ist es jetzt so weit: Am Donnerstag wird die neue Attraktion mit einer Veranstaltung für geladene Gäste feierlich eingeweiht.

Komplizierte Statik

Das Dach selbst ist wegen technischer Probleme nicht, wie geplant, aus Titan, sondern aus eloxiertem Aluminium. Schuld an der Verzögerung ist die komplizierte Statik der Konstruktion. Technische Details wie dieses berühren die Kritiker allerdings kaum.

In den letzten Wochen hatte es vor allem Diskussionen über den angeblich „optisch massiven Eingriff“ in die Ansicht auf die Albertina gegeben.

Erste Kritik von Leopold

Schon im September hatte Elisabeth Leopold, die Frau des Kunstsammlers und Museumsdirektors Rudolf Leopold, via „Kronen Zeitung“ das Vordach im Eingangsbereich, der so genannten Albrechtsrampe kritisiert.

Hollein sei "ein weltberühmter, hervorragender Designer, nur manchmal „designt“ er zu viel", schrieb Leopold unter dem Titel „Damoklesschwert über unserem Wien“.

Nur zehn Prozent dafür?

„Bei einer Passanten-Umfrage haben sich fast 90 Prozent negativ geäußert“, wollte die „Krone“ selbst herausgefunden haben (ohne allerdings zu erwähnen, wie viele Passanten befragt wurden). Viele Befragte hätten sich über das „schiache Blechdachl“ geärgert.

„So notwendig wie die Bürzelfeder“

Harte Worte fand auch Edwin Baumgartner in der „Wiener Zeitung“: „Die Titanrampe ist so notwendig wie die Bürzelfeder eines Erpels, die auch zu nichts gut ist.“

Zumindest die Tauben würden sich freuen, dass ihnen ein Stararchitekt eine neue „Bedürfnisanstalt“ errichtet habe - und die Passanten, die an Regentagen drei trockene Schritte mehr zurücklegen könnten.

„Stilisierter Hitlergruß“?

„Man braucht ja nicht gleich einer Freundin von mir zuzustimmen. Sie ist ganz begeistert von dem ungewollten ideologischen Kontrast, den das Flugdach zu Hrdlickas Antifaschismus-Mahnmal bildet“, schreibt der Kolumnist weiter.

„Immerhin, meint sie bösartig, könnten Uneingeweihte die sanft nach oben weisende Schräge als stilisierten Hitlergruß interpretieren.“

Schröder: Fast kein Kommentar

Albertina-Chef Klaus Albrecht Schröder und Architekt Hollein zeigten sich angesichts der Kritik unbeeindruckt.

Zur „Kampagne“ der „Krone“, die auch viele Leserbriefe gegen das Vordach abdruckte, meinte Schröder: „Dazu gebe ich keinen Kommentar. Es hat mich bloß gewundert, dass keiner der Proponenten mich angerufen hat, um mich zum räumlichen Konzept zu befragen oder wie mir eigentlich die weiße Fassade eines Museums gefalle oder dergleichen“.

Ihm sei daran gelegen, das Palais für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. „Daher diese große Renovierung samt Verlegung des Eingangs. Kunst muss gesehen werden.“

Einstimmiger Wettbewerbssieger

Hollein betonte, dass sein Entwurf im Wettbewerb zur Neugestaltung des Albertina-Eingangs vor zwei Jahren einstimmig empfohlen worden sei. Auch das Bundesdenkmalamt (BDA) habe die Einreichpläne genehmigt.

Keine Frage des Denkmalschutzes

Eva-Maria Höhle, Generalkonservatorin des BDA, meinte, das Dach sei nicht Gegenstand des Gutachtens zum neuen Albertina-Eingang gewesen, da es keinen Eingriff in die Bausubstanz darstelle. „Denkmalschutz ist Substanzschutz“, so Höhle.

Sie selbst habe zwar ihre Bedenken gegen den Effekt des Vordaches geäußert, weil dieses den optischen Gesamtaufbau der Albertina durchschneide. Im österreichischen Denkmalschutzgesetz würden aber keine größeren Zusammenhänge berücksichtigt.

Christbaum für Traditionalisten

Wer angesichts des „Soravia Wings“ am Traditionsbewusstsein der Albertina zweifelt, für den gibt es zumindest Abhilfe im Inneren des Hauses: In den Habsburgischen Prunkräumen steht seit einigen Tagen eine traditionelle, mit Äpfeln und Windringerln geschmückte Weihnachtstanne.

Sie soll an den ersten Christbaum Wiens erinnern, der 1822 in der Albertina aufgestellt wurde.

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