Bauwerk

Wohnhaus am Hundsturm
ARTEC Architekten - Wien (A) - 2004

Raffinesse im Plattenbau

Mit dem eleganten Wohnbau am Hundsturm setzten die ARTEC-Architekten neue Maßstäbe im Mischek-Plattenbau. Städtebaulich ein Blickfänger, gibt das hohe, schlanke Haus mit vor-und rückspringenden Loggien, transparentem Stiegenhaus, großzügigen Lofts, perspektivereichen Maisonetten und dem ARTEC-Büro dem Grätzel neue Impulse.

13. November 2004 - Isabella Marboe
Im Keil der urbanen Starkverkehrsschneisen Margaretengürtel und Rechte Wienzeile steht im Rücken eines gründerzeitlichen Schönbrunnerstraßenblocks der neue Mischek-Bau am Hundsturm fünf. Die bis ins Detail umsichtige Planung der ARTEC-Architekten trotzte der Plattenbauweise ein raffiniertes, urbanes Haus mit transparenter Stiege, plastischer Fassade, Freiräumen, hellen, offenen Lofts und Maisonetten mit Wienpanorama ab.

Am Hundsturm wird die dicht verbaute Stadt mit Spielplatz und Park zur versteckten Grünoase, die Hauslage ist exponiert. Vorm Eingang münden drei Straßen ein, die an der Post noch einen Platz bilden. Eingeklemmt zwischen dem niederen Barockbau im Osten, dessen Hinterhaus in den Hof ragt, und einem siebenstöckigen Mischek-Nachkriegs- Pionier läuft die den Bezirk querende Einsiedlerstraße aufs Wohnhaus zu und macht es so zur städtebaulichen Markante.

Ein Pendant zum Hundsturm bildet die hohe, gläserne, mittige Stiege, die das achtstöckige Haus in zwei schlanke Baukörper teilt. Die raffinierte vorgesetzte Fassade wirkt als Filter zur Straße. Bis zu 80 Zentimeter springen hier sonnenschützende, blick- und freiraumweitende Loggien über Bauflucht vor-und zurück. Raster der Plattenbauweise nimmt den Duktus des Westnachbarn auf, die Plastizität leitet elegant zum Barock über.

Flachstahlbrüstungen geben dem Filter Feinstruktur, den Terrassen bis zu 2,30 Meter Tiefe, seine Stahlbetonrahmen lassen ein Spalierobstgerüst assoziieren. An blickschützenden Trennwänden schafft ein verzinktes Blechpaneel bedarfsweise Stauraum. In Schrägstellung rahmt es den Freiraum wie eine Bühnenperspektive, die reflektierende Fläche lenkt mehr Südwestlicht hinein. Alle Regenrinnen sind unter Gittern außen geführt, was die Balkone noch vergrößert. Das verglaste Stiegenhaus wirkt nach außen als repräsentative Schnittstelle, innen ist es eine attraktive Kommunikationszone für alle.

Der frischgrüne Anstrich nimmt den Parkblick mit herein, grauer Terrazzo bildet einen ruhigen, erdnahen Boden. Von oben durchgehend belichtet, wird der Stiegenturm mit blickdurchlässigem Flachstahlgeländer zur Lichtsäule. Großzügig weitet er sich vorm Innenhof, vom Lift im Dachgeschoss genießt man einen Postkartenblick auf die Hundsturmspitze. Die 28 Wohnungen bestechen mit Typenvielfalt, Raumqualität und Außenbezug. Jede hat Direktzugang zu verschieden tiefen und hohen Loggien, unterschiedlichen Lichteinfall und Ausblick, die großen Fenster reizen das Maximum der Bauweise aus. Im Erdgeschoss sind Maisonetten mit zwei Zugängen und Eigengarten. Die ebenen Lofts bestehen prinzipiell aus einem mittigen, gegengleich versetzten Sanitärkern, vor dem sich lichtdurchfluteter Einraum mit Loggia über die ganze Längsseite weitet. Auf Wunsch lassen sich Zwischenwände einziehen oder Einheiten zusammenlegen. Exquisit lebt es sich in den Dachmaisonetten, wo einem von Nord- und Südterrassen auf zwei Ebenen ganz Wien zu Füßen liegt.

Im Sockel des Ost-Bauteils ist das neue ARTEC-Büro. Die edle Alu-Glasfassade mit Sichtbetontreppe verströmt zarte Noblesse, das transparente Schaufenster macht die Arbeit im offenen, reduziert gestalteten Fertigteileinraum spürbar und wertet das Quartier auf. Das alte Hinterhaus ist mitgenutzt, seine komplett mit walzblanken Aluminiumtafeln verkleidete Kubatur wirkt wie ein abstrakter Think Tank, ihre reflektierende Oberfläche mehrt das Licht im Nordhof. Von Mauern, Gärten, Kaminen und Dächern der Nachbarn umgeben, entwickelt er sein eigenes, exquisites Flair. Zierapfel-, Essig-und Maulbeerbaum, Bank und Ribisel am Spielplatz animieren zum Sitzen, Schauen und Plaudern.

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