Bauwerk

Wohnbau Kollmayergasse
BEHF Architects - Wien (A) - 2004
Wohnbau Kollmayergasse, Foto: Rupert Steiner
Wohnbau Kollmayergasse, Foto: Rupert Steiner
Wohnbau Kollmayergasse, Foto: Rupert Steiner

Ziegel in der Stadtbrandung

Gekonnt zelebrieren die BEHF-Architekten am neuen geförderten GPA-Wohnhaus die Schönheit des Sichtziegelmauerwerks. Vom manganbraunen Schmalformat elegant strukturiert, wird die Baukörperplastik in der Kollmayergasse zum Markstein im diffusen Gürtel-Hinterland. Die Wertschätzung, die sie ausstrahlt, setzt sich innen in schönen, hellen Wohnungen fort.

12. März 2005 - Isabella Marboe
Als örtliches Baumaterial hat der Ziegel vom Wienerberg 180 Jahre Tradition, sein Produzent ist heute Weltmarktführer. Er ist der Stein, aus dem die wegweisenden kommunalen Wohnbauten des Roten Wien sind. Bis heute wird viel mit Ziegeln gebaut, meist verbirgt sich der wärmespeichernde Baustoff mit dem grundsoliden Image unter isolierenden Putzschichten. Naturbelassen tritt er nur an Trutzburgen wie Arsenal, Rossauer Kaserne, frühen Industrieanlagen, Fabriken und den Stadtbahnbögen in Erscheinung.

Lustvoll zelebriert ein neuer, geförderter GPA-Wohnbau die zeitlose Schönheit des Sichtziegelmauerwerks. Das von den BEHFArchitekten skulptural gestaltete Haus setzt einen Markstein ins diffuse Gürtel-Hinterland. Tief eingeschnittene Fenster, horizontale Balkonzeilen zwischen Loggien und zinnenartige Dachgaupen geben der Fassade raffiniert asymmetrische Plastizität, das edle Ziegelformat feinmaßstäbliche Struktur. Die prägnante, bewohnbare Baukörperplastik vermittelt Wertschätzung und nimmt Bezug zur unscheinbaren Gasse auf.

Wo der Gaudenzdorfer Gürtel sich zum Wiental schlängelt, verdichtet sich Stadt zum urbanen Spannungsfeld erster Güte. Das Gürtel-Superblock-Konzentrat setzt sich in den Gemeindebauten des Arbeiterbezirks Meidling fort, an den Verkehrsadern florieren Autohandel, Industrie und Gewerbe. Von diesen Merkmalen behaftet, kratzt die Kollmayergasse im Norden die Kurve zur Schönbrunner Straße, wo ein am Sockel thronender, fast 50 Meter hoher Backsteinschlot dem Himmel über der Gasse eine schlanke Perspektive schafft. Der schmucke Sozialwohnbau mit der zweischaligen Sichtziegelfassade wird ihm zum Pendant, setzt zwischen zweistöckigem Biedermeierhaus und Autohändlerparkplatz ein starkes Signal.

Straßen sind hier vor allem Verkehrsträger, wie lang die niederen Häuser und Gewerbe bleiben, bestimmen Zeit und Marktlage. Wo alles im Fluss ist, braucht es Halt. Die Baukörperplastik wird zur ruhigen Konstanten, die mit dem Schlot und der Gasse im Osten in einen Dialog tritt. Manganbraun gebrannt, gesintert, sorgsam verfugt, mit diszipliniert durchgehenden Dehnfugen vermittelt der schmalformatige Schweizer Qualitätsziegel Dauer, seine Dämmwerte bringen Niedrigenergiestandard im geförderten Wohnbau.

Als starke vertikale Elemente wirken die zwei vorspringenden Loggien, die sich überm ersten Stock verjüngen. Einerseits kaminartig gemauert, andererseits von großen Fenstern ostlichtgeflutet, rahmen sie kontrastvoll die tiefen, beschatteten Balkone. Wie Zinnen wachsen die Nord-Süd beidseitlich belichteten Gaupen gerade aus dem zurückgesetzten 4. Stock. Ihr Zwischenraum schafft der Wohnküche im Dachgeschoss eine schmale und eine quadratische Terrasse mit Ziegelboden, Ost-und Südsonne, Schlotperspektive und Blick in Werkstatthinterhöfe. Alle der 14 großteils durchgesteckten Einheiten haben Hofbalkone, reizvoll verstärken dunkler Ziegel und weiße, helle Wohnungen mit Stabparkett den Gegensatz von harter Außen- und privater Innenwelt.

Statisch ausgeklügeltes Rückgrat ist der mittige Sichtbetonstiegenhauskern, wo grauer Travertin, lackierte Metallgitter und hoch gesetzte Fenster unprätentiös Ruhe verströmen. Straßen-und Hoftür sind aus Glas, man durchblickt die ganze Haustiefe. Nahtlos setzt sich der Ziegel im Gangschlauchraum dahinter an Boden und Wänden fort, als Gehweg führt er an der flankierenden Nordgangwand Nordgangwand weiter ins Freie. So wird der Eigengarten im Erdgeschoss vom Gemeinschaftshof im Süden geteilt, den Liz Zimmermann gestaltete. Eine lange Sitzbank säumt den Rasen, verspielt schließen über verschiedenfarbigen Bodendeckern tanzende, schräge Rankgitter den Hof im Westen ab.

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