Bauwerk

Haus Lukasser
Michael Lukasser - Axams (A) - 2003
Haus Lukasser, Foto: Günter Richard Wett
Haus Lukasser, Foto: Günter Richard Wett

Höhle und Höhensonne im Wald

Über zehn Meter tief grub Architekt Michael Lukasser die blickschützende Sichtbetonscheibe in den extremen Steilhang, dahinter treppt sich terrassenreich mit Pool am Dach die schindelgedeckte Lebensbehausung für seine Familie bergab. An diesem Wandrückgrat mit Treppe entfaltet sich innen viel differenzierte Atmosphäre mit introvertiertem, oberlichthellem Hinten und raumhoch glasgerahmtem, naturnahem Vorne am südlichen Walddickicht.

26. November 2005 - Isabella Marboe
Geld hatte Architekt Michael Lukasser fürs eigene Familiendomizil nicht viel, aber dafür den Vorteil, sein eigener Bauherr zu sein. 15 Kilometer westlich von Innsbruck fand er in Axams ein enorm steiles, von undurchdringlichem Waldund Strauchdickicht bewachsenes Grundstück, das bisher keine Käufer gefunden hatte und daher günstig war. Es liegt an einem stark verbauten Hang, wo das Hausbauerwesen im Tiroler Lokalkolorit holzbalkonverbrämt unter ausladend schneefesten Dächern und einigen Toskana-Exoten alpine Blüten treibt. Davon ist hinterm flugbedachten sichtbetonummauerten Carport, der die Straßenseite im Norden in schlüssiger Effizienz abschließt, nichts mehr zu merken.

Über 10 Meter tief gräbt sich die Wandscheibe zum Keller in den Hang, wird zum Rückgrat, vor dem sich an der einläufigen, zentralen Innentreppe auf zwei Ebenen eine Wohnkomposition aus Wandscheiben, warmem, fußbodenbeheiztem Holzparkett, Glas, Licht und Schatten entrollt. Oben von lebendig sonnenstrahlumtanzten Baumkronen umgeben, setzt unten die südbelichtete, von einer gedeckten Terrasse flankierte Schlafebene im Föhren-Birken-Eschen- Lärchen-Kirsch-Haselnuss-Steilgartendickicht auf. Außen ist der hangkonform terrassierte, abgetreppte Betonbaukörper mit Lärchenholzschindeln verkleidet: Kostenschonend und wartungsfrei korrespondieren sie wunderbar mit der Umgebung. Das Osteck des Carports markiert eine puristische Abstellbox, durch den Wandschlitz an der Treppe dahinter, die sich nach einem Schwenk tapfer die 60- Prozent-Neigung hinabstürzt, schillert es ahnungsvoll: Wandgeschützt mündet die Dachterrasse in einem schmalen, langen Pool mit Ost- West-Südsonne und Blick übers ganze Mittelgebirge. Eine Außentreppe führt zur einzigen Öffnung in der Ostflanke: die glasgeschlitzte Tür ins obere Wohnen, ein differenziertes Gefüge aus wandnahem Rückzug und luftsonnig umschmeicheltem Blattwerk um die Brennpunkte Kamin und Stiege, wo ein hoher, tiefer Schacht, der von ganz oben durch die Decke bricht, atmosphärisches Oberlicht verbreitet. Subtil inszeniert es die offene Küche an der Stiege vor der rau belassenen Sichtbetonfläche und belichtet indirekt über zwei Fenster das dahinter höhlenartig in den Hang gegrabene Arbeitszimmer der Bauherrin, vor dem sich ein weiß gemauerter, sitzbankflanierter Kaminquader in den Raum schiebt.

Er leitet vom gemeinsamen Essen vor der stumpf lackierten MDFPlatten- Küche im Osten zum kultivierten Sitzen, Musizieren und Schauen im westlichen Raumteil über, der von der einzigen Wandscheibe im Südfrontglas zusätzlich betont und gefasst wird. Sie verstärkt den Effekt der angrenzenden Über-Eck-Transparenz im Westen, wo hinter der lauschigen eigenen Gartenterrasse die Farb- und Blütenpracht am Botaniker-Nachbargrund berauscht. Aus dem Osteck ragt eine kleine, introvertierte Raumbox auf die, flugdachbeschattete, Südterrasse, wo man wie in einem Baumhaus zum Greifen nah in Eschenblättern sitzt.

Vor ihren Stämmen setzt unten mit einer langen, schmalen, von oben beschatteten Lärchenholzterrasse die Schlafebene auf. Vier lichte, raumhoch befensterte Zimmer mit Glas- oder Schiebetüren an den Wandscheiben, die den Flur vorm Hausrückgrat bilden. Hier reihen sich ans Elternbad mit oberlichtheller Dusche, Sauna und rundkantig-poppig eigendesigntem roten Bademöbel im Westen eine reduzierte Eichenstauwand, Toilette und am Ostende hinter der Holztreppe ein frischgrünes Kinderbad aneinander. Ihre demokratisch gleich großen Zimmer liegen zwischen Gästen und Eltern, von der abgehängten Terrasse können sie ins gebirgig urwüchsige Waldgartenreich stürmen, das hangabwärts lockt.

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard

Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroomoffice[at]nextroom.at

Akteure

Architektur

Bauherrschaft
Elisabeth Lukasser

Tragwerksplanung

Fotografie