Bauwerk

Betriebsgebäude HKW Mitte
Bétrix & Consolascio, Eric Maier - Salzburg (A) - 2000
Betriebsgebäude HKW Mitte, Foto: Margherita Spiluttini

Jurytext Architekturpreis Land Salzburg 2002

13. September 2011 - Initiative Architektur
Ein Baukörper - 40 x 85 m in der Fläche und vier Geschoße hoch - so könnte die knappste Beschreibung des neuen Betriebsgebäudes der Architekten Betrix & Consolascio lauten. Ein Werkstätten- und Bürokomplex.
Ein Projekt, das sich einfügt in eine Reihe von Planungen der vergangenen Jahre, ein Auftrag, den einschlägige Spezialisten forsch und routiniert hätten abwickeln können mittels Modulen, Versatzstücken, mit den bewährten Patentrezepten aus der Retorte. Doch dieses Gebäude ist ganz anders.
Eine Auskragung im Erdgeschoß, eine kleine Terrasse auf der oberen Ebene, Öffnungen auf dem 1. Ober-geschoß, das darüber liegende Geschoß dagegen auf drei Seiten beinahe geschlossen - dies alles belebt, gestaltet, profiliert das grundsätzlich kubische Bauvolumen.
Die grundlegenden Funktionen sind schlicht und klassisch gehalten: über einen zurückhaltenden Eingangsbereich betritt man das Gebäude, eine Liftanlage und eine einläufige Treppe erschließen die oberen Ebenen. Ungewöhnlich dagegen die Atmosphäre: das Gebäude wirkt wie aus einem Guss, räumlich konstruiert und durchdacht, nicht einfach zu beschreiben, weil es in seiner Klarheit so überzeugend und selbstverständlich anmutet und in seinen baulichen Nuancen eine - fast möchte man sagen - perfekte Harmonie erreicht.
Das Gebäude zeichnet eine absolute Professionalität im Umgang mit Materialien und Farbstimmungen aus. Der Beton im Inneren ist fein abgestimmt mit den farbig behandelten Holzverkleidungen, den Einbaumöbeln oder den Akustikdämmplatten an der Decke, die man sich eben leisten kann, wenn alles andere stimmt. Der Besucher wandelt wie ein Flaneur durch den Bau, kaum merklich begleitet und geführt durch das Material und die freundlich- individuelle Prägung der einzelnen Ebenen.
Herausragend komponiert sind die Lichtverhältnisse. Einerseits sind die Arbeitsplätze optimal und gleichmäßig versorgt, andererseits ist die Lichtführung durch das Gebäude fein akzentuiert und zurückhaltend inszeniert. Das Licht strukturiert entscheidend das Haus und sichert in einem vorbildlichen Maße die Individualität der Aufenthaltsbereiche. Das konstruktive Gerüst unterstreicht noch einmal diese unterschiedlichen Bereiche: Nicht die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten, sondern die räumlich wirksamste ist hier realisiert worden. So präsentiert ein serielles Industriegebäude eine vorbildliche Arbeits- und Alltagswelt.
Gelungen ist damit eine Balance zwischen dem Seriellen und dem Individuellen, zwischen dem Öffentlichen und Privaten, dem Perfekten und der Improvisation. Es ist ein vorbildliches Gebäude im Zentrum der Stadt und ein herausragendes Beispiel dafür, wie die einfache Aufgabe, nämlich Arbeitsräume zu schaffen, klar und funktionell, ästhetisch und gleichzeitig persönlich und liebenswürdig erzählend, ohne je die Distanz zu verlieren, ins Bauliche übersetzt werden kann. (Jurytext Architekturpreis Land Salzburg 2002, Hannelore Deubzer)

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Für den Beitrag verantwortlich: Initiative Architektur

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