Bauwerk

Café Bar Hendrik
Franz Sam - Krems an der Donau (A) - 1995
Café Bar Hendrik, Foto: Franz Sam
Café Bar Hendrik, Foto: Althaler + Oblasser OEG
14. September 2003 - Az W
Unweit dem Hohen Markt mit der mittelalterlichen Gozzoburg gelegen, fand man mit der ehemaligen Kremser Münzstätte in der Margaretenstraße passende Räumlichkeiten, um einen, für den Ort neuartigen und anziehenden Barraum zu schaffen.
Die zuletzt in Verkaufsbereich und Werkstätte gegliederte Bausubstanz zeigte sich als völlig desolater Raumverband mit finsteren, teils mit Keramik und Schutt aufgefüllten Nebenräumen. Bestehend aus einem mittelalterlichen tonnengewölbten Langraum - der ehemaligen Münzstätte, die durch spätere Trennmauern unterteilt war - sowie einem, dem kleinen Lichthof benachbarten Nebenraum mit einer weitgespannten barocken Tonne, offenbarte sich der Bestand aber rasch als besonders interessant und geeignet.
Nachdem alle Einbauten entfernt und er junge Verputz vom Gewölbe geschlagen wurde, entdeckte man im Hauptraum den mittelalterlichen Abdruck der Gewölbeschalung, d.h. den originalen Verputz, der noch etwa zur Hälfte erhalten war. Die „Originalhaut“ wurde mit einer Mischung aus Haftmittel und Leinölfirnis gesichert, die andere Hälfte wurde verputzt.
Die Entdeckung des Originalzustandes und das damit verbundene wenn auch großflächige „fleckige“ Erscheinungsbild des Gewölbes sollte das gesamte Gestaltungskonzept maßgeblich beeinflussen. Um den Abdruck der Schalungsbretter sichtbar lassen zu können, machte Franz Sam aus der Not eine Tugend und zog zwischen altem und neuem Verputz - der Tonne entsprechend, ohne zwischen Wand und Decke zu unterscheiden - Trennungslinien aus Stahl. Diese „harten Kanten“, die Eingrenzungen aller historischen Flächen, gaben vor, welche Flächen neu bedeckt werden sollten.
Für diese „Bedeckungen“ sah Sam verschiedene „Layer“ vor, die , den unterschiedlichen Notwendigkeiten entsprechend, eingesetzt wurden. Neben herkömmlichem Verputz, Betonschalungsplatten und Blechplatten, die zum Plakatieren genutzt werden könne, bilden 1 cm dicke rot verputzte Farbflächen, die ganz gezielt als „Stimmungspflaster“ verwendet wurden, die den Innenraum bestimmende Verkleidung des Gewölbes.
Bereits beim Betreten des Lokals, das zur Straße hin durch eine große Glaswand abgetrennt ist, macht sich das raffinierte Wechselspiel von Transparenz und Geborgenheit des höhlenartigen 18 m langen Tonnengewölbes bemerkbar: unüberwindbar scheinende Gegensätze verschmelzen hier zu einer Einheit.
Der puristische Einsatz der Materialien, die allesamt möglichst in ihrem Naturzustand verwendet wurden, spiegelt sich nicht zuletzt in der Ausstattung des Lokals wieder. Ihren Mittelpunkt bildet ein längsorientierte, leicht geschweifte funktionale Barkörpereinheit mit gekrümmter Rückwand, die, wie auch alle anderen für „Hendrik“ entworfenen Möbel von Franz Sam, aus einem schlichten Metallgerüst besteht, das je nach Bedarf und Beanspruchung mit Stahl, Holz oder Betonschalungsplatten ergänzt werden kann. Schwarze lederbezogene Sitzbänke, die über dem Boden zu schweben scheinen, dienen neben rotbraun gebeizten schlichten Behördensesseln als Sitzgelegenheiten. Die sorgfältig durchdachte Beleuchtung des in einen Stehtischbereich, den zentralen Barbereich, einen Sitzbereich und eine erhöhte, als Bühne verwendbare Zone unterteilten Raums erfolgt ausschließlich indirekt und unterstützt die Atmosphäre.
Alle Nebenräume sind als eingenständige Zellen ausgebildet und von der Substanz abgelöst im zweiten gewölbten Teil des vorgefundenen Raumverbandes untergebracht.
Mit geringen Mitteln - finanziellen, wie auch gestalterischen - ist es Franz Sam gelungen, maximale Wirkung zu erzielen; „Hendrik“ ist nicht nur eine wesentliche Bereicherung des Bar- und Gaststättenangebotes der Wachau, sondern auch weiterer Schritt der Manifestation zeitgenössischer Architektur in Krems. (Text: Martina Kandeler-Fritsch)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

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