Bauwerk

haus Ö
SHARE architects - St. Pölten (A) - 2005
haus Ö, Foto: Franz Ebner
haus Ö, Foto: Franz Ebner

Das Korallenhaus in St. Pölten

Ihr erstes eigenes Haus wünschten sich die Bauherren ebenerdig, praktisch und modern. Von SHARE bekamen sie einen korallenroten Baukörper mit dynamischer Dachfaltung.

4. März 2006 - Isabella Marboe
Die Bauherren sind weltoffen und agil, er stammt aus der Türkei, sie aus dem Waldviertel. Fast täglich fährt er auf den Großgrünmarkt nach Inzersdorf, sie macht daheim Buchhaltung und Haushalt. Seit 32 Jahren verheiratet, lebten sie in einer St. Pöltener Eigentumswohnung im dritten Stock. Die zwei Kinder waren ausgezogen, das erste Enkerl da, ein Lift nicht in Sicht. Bis ins hohe Alter wollte man nicht Treppen steigen - Zeit für einen Wohnungswechsel.

Sie wussten genau, wo und wie sie die ruhigere Lebensphase zu zweit verbringen wollten: in Gehnähe zum Zentrum, in einem praktischen, ebenerdigen Haus mit Garage, Wirtschaftsraum und pflegeleichtem Garten. Es sollte modern, offen, ihren Bedürfnissen angemessen sein: mit Keller für Heizraum, Sauna und Lager, gediegen aus Ziegeln gebaut, kein Raum zu wenig, keiner zu viel. Er träumte von einem lichten, weiten Wohnraum mit vier Meter Höhe, sie von einer integrierten Küche und eigenen Arbeitsräumen.

Die SHARE-architects lernten sie auf einer Hochzeit kennen, der ebene Grund fand sich beim Spazierengehen in einer ruhigen Einfamilienhausgegend unweit von Landhaus und Traisen. Obwohl die zwei sattelgedeckten, von einer Garage verbundenen Häuser des Südnachbarn ausgerechnet auf der langen Sonnenseite der 16 Meter schmalen Parzelle sehr nah rücken, 16 Obstbäume und zwei Riesenfichten darauf wuchsen, gefiel der Grund dem Paar sofort: 62 Meter erstreckt er sich von der Straße westwärts und versprach jene offene Weite, nach der sie sich sehnten.

Ihre Wohnwünsche wurden von den SHARE-architects auf dem schmalen Grundstreifen in die richtige Form gebracht. Angenehm nieder hebt sich der korallenrote Baukörper von seiner ein- bis zweistöckigen Umgebung ab, lapidar zeigt er der Straße sein hellgraues Garagentor. Dahinter knickt die geschlossene Südfassade mit einer dynamischen Dachschräge tief abwärts, um dem Dreiecksfenster Platz zu machen, das den stillen Schlafflur belichtet und sich dann gartenwärts hoch zum Wohnraum aufschwingt. Souverän lässt sie den nahen Nachbarn links liegen. Sanft buchtet sich eine graue Wandfläche zur Eingangsnische in die korallenrote Hauslandschaft, die sich ums geschützte, Licht spendende Atrium zur höhendifferenzierten Raumfolge auf einer Ebene entrollt. Sie erreicht ihren fulminanten Höhepunkt im zweiseitig verglasten, lichtgefluteten Wohnzimmer. Rotbraunes Merbau-Parkett und der weiße Kaminblock an der Südwand verbreiten Wärme, leicht mattgläsern-weiß designte Johannes Will die Küche, die sich gelassen hinter einem freistehenden Regal zurückziehen kann.

Tageslicht im Keller

Im Westen sieht man in den Garten, dem nur ein Kirschbaum als Schatten spendender Blickfänger blieb, dahinter ragt der nahe Klangturm hoch. Leicht schwebt die Terrasse über dem Rasen mit den Blumenbeeten, damit durch ein Fensterband noch Licht in den Keller dringen kann, der Sauna und Nebenräume birgt.

Die vollverglaste Wohnraumostseite wendet sich dem lärchengedeckten Innenhof und den nachbarlichen Nadelbäumen zu. An seine gläsernen Flügel docken im Westen ein Arbeitsraum und im Süden das Entree an. Dreiecksglas, Dachfaltung und Atriumblick adeln es zum besonderen Raum für das gemeinsame Wohnen.

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