Bauwerk

Ecker Abu Zahra Haus
HERTL.ARCHITEKTEN - Luftenberg an der Donau (A) - 2006
Ecker Abu Zahra Haus, Foto: Paul Ott
Ecker Abu Zahra Haus, Foto: Paul Ott

Das Leben ist ein Honigschlecken

Ein Haus mit anschließender Imkerei? Das ist ein wahrlich seltener Bauherrenwunsch. Doch Architekt Gernot Hertl war auch vor einem solchen nicht gefeit. Konsequent schüttete er in den Innenräumen Honig an die Wand und kleidete das Haus in eine Kupferhaut.

2. Juni 2007 - Isabella Marboe
Es war Liebe auf den ersten Blick. „Wir wussten sofort, das ist es!“, sagt die Baufrau, „wir wollten in offenen, weiten Räumen mit viel Glas leben. Das Einzigartige an der Lage ist, dass uns hier keiner auf den Teller schaut.“ Da störte auch nicht, dass die einstige Gärtnerei am Ortsrand landwirtschaftlich genutzt sein wollte. Man beschloss, die herrliche Wiese, die sich an den Waldrand schmiegt, für die Bienen blühen zu lassen und die hohe Schule der Imkerei zu erlernen.

„Die Bauherren suchten einen Architekten für ein präzises Haus“, sagt Gernot Hertl, „das setzt einen mächtig unter Druck.“ Als Hertl kontaktiert wurde, waren Imkereiküche, Schmutzschleuse und Lagerraum schon längst beschlossene Sache. Außerdem wünschte man sich zwei Büros, Kinder- und Gästezimmer mit Bad, eine Bibliothek zum Schmökern und einen großzügigen Wohnraum mit Kamin und stattlich großem Esstisch - schließlich ist die Baufrau ambitionierte (Schau)-Köchin, um deren Herd und Tafel sich gelegentlich bis zu 25 Gäste scharen.

Barocke Blickachse

Das Grundstück ist ein regelrechter Wiesenteppich am Rande des Waldes. Nur die schmale Westseite grenzt an den Ort. „Ich wollte die Stimmung präzise auf den Punkt bringen“, so Hertl. Die beinahe barock anmutende Blickachse sollte das Haus nach ansteigender Schönheit mit großen Glasflächen zum Wald öffnen, erklärt der Architekt. Um zu ermöglichen, hier in seine eigene Welt einzutauchen, sei von Anbeginn klar gewesen, wo das Haus stehen müsse.

Man thront auf einem Geländeplateau über Wald, Wiese und Schwimmteich. Wie eine verschlossene Auster steht das Haus über einem quadratischen Grundriss von fünfzehn Meter Länge. Rundum ist es von einer Kupferhaut umwickelt, in die polygonale Öffnungen geschnitten sind, die in einer raffinierten Choreografie Weg und Raumstimmung inszenieren. Sukzessive weitet sich der Blick durchs Fenster, bis die Landschaft im 3D-Cinemaskop-Format endlich das honiggelb fließende Innenleben des Wohnzimmers durchdringt.

„Dieses Haus lebt, das Kupfer verändert sich ständig“, sagt die Baufrau. Hinter der wettergegerbten Nordfront, die mittlerweile von rotbraun bis blaugrün schillert, liegen die Wirtschaftsräume der Imkerei, gegenüber sind kellertemperierte Lager in den Hang gegraben. Oben bahnt sich bereits das Fensterband der Kinderzimmer seinen Weg durchs Kupferblech, unten lugt das Schrägglas der Imkereiküche ums Eck. Fast 400 Kilogramm biozertifizierten Honigs werden hier - im Antlitz der Morgensonne - jährlich geschleudert.

Honig an den Wänden

Mit bauplastischer Verve bewältigt Hertl die Stärken und Tücken des Grundstücks. Oben schenkt ein Innenatrium den Eltern viel Licht und eine Terrasse, ein Glaseck erhellt das honiggelbe Gästezimmer mit honiggelbem Bad, die Bibliothek dahinter ist in honiggelbe Farbe getaucht. Nur durch einen Glaszwickel am Boden fällt der Blick aufs Gras.

Und damit bildet sie einen starken Kontrast zum natur- und lichtgefluteten Wohnraum: Am schrägen reinen Glashorizont mit direktem Blick auf die Waldkulisse wird gekocht und gegessen. Eine honiggelbe Treppenskulptur mit integriertem Kamin führt auf die luftige Galerie in die Schlafebene. „Für uns ist das schon ganz normal. Aber jeder, der das Haus zum ersten Mal betritt, ist überwältigt.“

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