Bauwerk

Elementfertigungshalle Obermayr
F2 Architekten - Schwanenstadt (A) - 2005
Elementfertigungshalle Obermayr, Pressebild: Lukas Schaller

Jurytext Österreichischer Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit 2010

27. Mai 2010 - newroom
Diese Fertigungshalle, der jüngste Erweiterungsbau eines aufstrebenden Holzbauunternehmens, steht für die Entwicklung des neuen Holzbau. Als prototypischer Gewerbebau demonstriert er auf 4700 m² eine technische und kulturelle Kompetenz, die auch international keinen Vergleich zu scheuen hat.

Die Holzträger folgen in Höhe und Form dem Kräfteverlauf und dem Lichtgewinn und bilden eine „Dach- , Decken- und Fassadenlandschaft“ von eindrucksvoller formaler Kraft und Ausstrahlung. Höchster Anspruch an Tageslichtnutzung, stützenfreie Fertigungsflächen und optimierte Konstruktion münden in eine „vollkommene Form.

Die herkömmliche – ökonomisch sinnvolle - „Kiste“ wird über eine strukturelle Segmentierung zu einem Faltwerk gewandelt, welches den höchsten ästetischen Ansprüchen genügt. Das Vordach schwingt über einen geschützten Manipulationsraum aus. Struktur und Skulptur sind hier eins. Übrig bleibt ein „Kunstobjekt“ in der Landschaft, leicht und frei von allen Zwängen und doch in der ökonomischen und unternehmerischen Wirklichkeit gut verankert. Der Gegensatz und vermeindliche Widerspuch von Funktionalität und Form, von Ökonomie und Ökologie, Nutzen und Schönheit ist aufgelöst.

Frei von jedem oberflächlichen (CI-) Design steht dieser Bau, ohne Erklärungsbedarf, für die kulturelle Leistungsfähigkeit nachhaltigen Bauens.


Nachhaltigkeit:
Das faszinierende an diesem Gebäude ist die Tatsache, dass es für Fertigungshallen eigentlich keinen Standard für energieeffiziente Lösungen gibt. Der Weg, der hier beschritten wurde ist aber klar und konsequent: Intensive Untersuchungen wurden begleitend zur Architektenplanung durchgeführt und durch thermische Gebäudesimulationen ein Energiekonzept ausgeführt. In der Halle wird gearbeitet, daher sind die Komforttemperaturen niedriger als im Wohnbau. Die Halle bedeckt mit rund 4.000 m² den Boden. Die Temperatur in den Kellern unserer Wohngebäude ist im Prinzip die mittlere Temperatur des Jahres dieser Gegend. Die Halle hat zur Tageslichtbeleuchtung große Oberlichter. Die Hälfte davon ist nach Süden orientiert. Die Hallentemperatur außerhalb der Heizperiode und die passive Sonnenenergienutzung während der Heizperiode wird die mittlere Jahrestemperatur in der ungeheizten Halle erhöhen.

Dadurch wird auch die große Fläche unter der Halle wärmer. Die Jahresmitteltemperatur wird dann nicht mehr die ortsüblichen 12°C sondern deutlich höher sein. Für den Winter- und den Sommerfall wurden detaillierte thermische Gebäudesimulationsrechnungen durchgeführt, die dazu führten, dass auf Heizung und Kühlung in der Halle verzichtet wurde. Die Sommertauglichkeit wird mit nachts geöffneten Lüftungsflügeln und durch ausschließliche Orientierung der Fenster nach Süden und Norden erreicht.

Für die Produktion wurde die Tageslichtnutzung durch Lichtsimulation so optimiert dass der Kunstlichteinsatz minimiert ist, wobei mindestens 500 Lux auf der Arbeitsfläche garantiert sind.In der Halle werden Boden-, Wand-, Decken- und Dachelemente für Passivhäuser gefertigt. Konsequenterweise ist die Halle selbst auch nach diesem Prinzip geplant: hoch wärmegedämmt, luftdicht und mit einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ausgestattet. Bei den Materialien wurde auf öklogisch unbedenkliche Materialien geachtet. Die Wände sind mit Hobelspänen, das Dach ist aus brandschutztechnischen Gründen mit Steinwollflocken aus der Abfallproduktion gedämmt.

Damit der notwendige Transport von Materialien in und aus der Halle nicht zu überhöhtem Luftwechsel und Wärmeverlust führt, wurden spezielle Industrietore angefertigt, die nicht nur rasch öffnen können, sondern auch dauerhaft dicht schließen und dem Energiekonzept entsprechend sehr gut wärmegedämmt sein mussten. Aus organisatorisch/räumlichen Gründen konnten keine Schleusentore für die Anlieferung und den Abtransport errichtet werden. Für ähnliche Projekte wurde das von dem das Projekt begleitende Bauphysiker als unverzichtbar erklärt, weil die Öffnungszeiten der Tore doch länger waren, als bei der Planung angenommen.

Die ersten Messergebnisse stimmen mit den Prognosen relativ gut überein. Damit besteht eine berechtigte Annahme, dass die gesetzten Zielwerte auch ziemlich gut erreicht werden. Jährlich werden hunderte Industriehallen errichtet, allerdings im üblichen Standard mit einem Energieverbrauch, der um den Faktor 10 bis 20 höher liegt. Auch in diesem Bausektor liegt noch ein weites brach liegendes (Bau-)Ackerland. (Jurytext: Roland Gnaiger, Helmut Krapmeier)

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