Bauwerk

Einfamilienhaus Marte
Marte.Marte Architekten - Dafins (A) - 1999
Einfamilienhaus Marte, Foto: Ignacio Martinez
Einfamilienhaus Marte, Foto: Ignacio Martinez

Von der Kunst mit Würfeln, die Architektur zu entwickeln

Zwei junge Vorarlberger Architekten planten ihr eigenes Haus

9. Oktober 1999 - Gert Walden
Bernhard und Stefan Marte zählen zur jüngeren Generation der Vorarlberger Architekten, die von den günstigen Voraussetzungen, wie sie die Baukünstler geschaffen haben, profitieren können. Klug wie sie sind, wollen sie dennoch ihre Richtung in der Architektur finden. Beim eigenen Haus in Dafins für Stefan Marte kommt noch hinzu, dass hier eine Architektur gefordert war, die künftige Entwicklungen zumindest skizzieren sollte. Das Haus am Ortsrand spiegelt daher auch die komplexen Überlegungen der beiden Jungplaner wider.

Während im Ländle ein Architekturkonzept dominiert, das die Traditionen der Moderne - gerade bei den linearen Grundrissen - mit regionalen Produktionsbedingungen - etwa im Holzbau - verbindet, setzen die Brüder Marte auf die Geometrie: sprich den Kubus, dessen dreidimensionale Qualitäten erforscht werden. Nicht die Kunst der Kiste ist das Ziel, sondern eine Räumlichkeit, wie sie aus der Überlagerung von solitären Kuben im Zusammenhang mit der topografischen Situation erreicht wird. Aus dieser konzeptuellen Vorgabe entwickeln die beiden Architekten ein spannendes Spiel: wenn man die metallene Eingangstür hinter sich lässt, eröffnet sich ein Raumgefüge, das die Trennung zwischen den Geschossen aufhebt und Höhen und Tiefen des Hauses spürbar macht.

Unwillkürlich denkt man an Adolf Loos, wenn die Choreographie der Treppen, die Anordnung der Zimmer und die präzise Festlegung der Fensteröffnungen einem Plan folgen, der im Rahmen des quadratischen Grundrisses das Beste aus den funktionalen Anforderungen herausholt. Am Beispiel Schlafzimmer: dort ist das Fensterband tief angesetzt, um den Blick in liegender Position auf die Landschaft zu konzentrieren. Folgt der Besucher dann den Treppen wieder, erreicht er eine Plattform, die mit zwei Kuben bestückt ist. Einer nimmt die Küche mit Essplatz auf, ein anderer ist der eigentliche besonders hohe Wohnraum. Dazwischen und davor liegt die Terrasse, deren Brüstung nicht vollständig durchläuft. Sinn dieses Non-Finito: Das raumhohe Glasfenster in der Küche bezeichnet die tatsächliche Geschossebene an der Fassade und suggeriert eine Zwischenebene, die es zwar nicht gibt, aber im Hausinneren bei den Treppenpodesten immer wieder vorkommt. Zwischen beiden Kuben und der Terrasse eröffnen sich dann noch diagonale Blickachsen, welche sehr geschickt die ausschließlichkeit der Orientierung zur Landschaft hin unterbrechen. Die Architektur führt also ihr Eigenleben, deren harte Ortogonalität vorgetragen und hinterfragt wird.

Bei aller alemannischer Rationalität also, haben die beiden Architekten ein Haus entworfen, das in seiner komplexen Einfachheit doch sehr sensibel mit der österreichischen Bautradition umgeht. Denn Bauen mit Beton bedeutet nicht „schweizerisch“ zu bauen.

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