Bauwerk

Michelehof Wirtschaftsgebäude
Philip Lutz - Hard (A) - 2006

Michelehof

2. Dezember 2007 - Az W
Im Zentrum der Marktgemeinde Hard gibt es einige große Bauernhöfe, die, umgeben von Obstwiesen, das Bild der Gemeinde bis heute prägen. Eines dieser Gehöfte ist der Michelehof, seit Generationen im Besitz der Familie Büchele. Seit jeher Landwirte und Obstbauern, hat die Familie Büchele das Schnapsbrennen über die Jahre zur Perfektion gebracht und gehört seit 15 Jahren zu den erfolgreichen Destillateuren Vorarlbergs.

Bei den Räumlichkeiten, in denen die edlen Produkte entstanden sind, handelte es sich um zusammengedrängte Gebäude, Schuppen und Holzlager, welche die täglich gebrauchten Lagerflächen, Wege und Zufahrten nur zum Teil beherbergen konnten, und weit davon entfernt waren, so etwas wie Perfektion oder Gastfreundschaft zu vermitteln.

Wir wurden durch gemeinsame Architektenfreunde bekannt gemacht, die bereits Vorentwürfe für einen Neubau erbracht hatten, jedoch durch eigenen Nachwuchs die Konkretisierung des Projektes nicht vorantreiben konnten. Die Bauherrenfamilie, Elisabeth und Albert Büchele, stand inzwischen unter Zeitdruck und wollte das Projekt innerhalb von zwei Monaten einreichen. Als Architekt fand ich die Aufgabe sehr anregend, weil mir die Landwirtschaft seit meiner Kindheit nahe stand und ich Landwirte als Bauherren bisher selten hatte.

Das Grundstück war mit 15 m auf 150 m sehr schmal und gestreckt, das Raumprogramm von mehrfachem Anspruch. Neben der Brennerei an prominenter Stelle sollte der Neubau auch Räume für Hofladen und Verkostungen ermöglichen, ebenso ein großes Lager für Spirituosen und eine Halle für Landmaschinen des täglichen Bedarfes. Dazu Raumreserven für Werkstatt, Kühlräume usw. Bedingung war, dass die Kühlräume nie vollständig abgebaut werden durften. Mauern des Altbaues mussten stehen bleiben, um den Grenzabstand zum Nachbarn so gering wie bisher halten zu dürfen.

Wir waren uns spontan einig, dass dieses langgestreckte Gebäude ein Satteldach bekommen und weitgehend aus massivem Bauholz konstruiert werden sollte, ein Material, das in den Wäldern der Familie verfügbar war. Die Fassade des Neubaues aus Schwartenbrettern war an den bestehenden Schuppen bereits vorhanden, also gewissermaßen dem Ort entnommen. Albert Büchele formulierte dies ungefähr so: „Wir sind Bauern und ich will eine Konstruktion, die bewährt ist und die ich selber warten kann.“

Albert übernahm alle Verhandlungen mit Handwerkern ebenso wie die örtliche Bauaufsicht und ungezählte Arbeiten an dieser Baustelle selber. Er ging während zweier Winter in seinen Wald, um Bäume umzuschneiden, fuhr mit den Stämmen zum Sägewerk, zur Trockenkammer, usw. Nach dem Aufrichten des Dachstuhles durch die Zimmerei Sohm halfen nicht nur einige Nachbarn dabei mit, die Schalungen aufzunageln, sondern sogar weit entfernte Bekannte aus dem Dorf. Man wollte sich einfach nicht das Erlebnis entgehen lassen, gemeinsam die riesige Dachfläche herzustellen. Albert legte selber die Einbauleuchten in die Schalungen, schweißte die 4 m hohen Schiebetore vor Ort zusammen, fuhr mit dem Traktor Isoliergläser einkaufen.

Unsere Arbeitsteilung wurde immer klarer. Zeitplan (der sich über 18 Monate hinzog) und Kosten waren Sache des Bauherren, der jedoch seinerseits immer zeitgerecht diese oder jene Architektenentscheidung, Skizze oder Detailzeichnung anforderte, sobald diese notwendig war. Je mehr es in den Innenausbau ging, umso mehr erfolgte unsere Kommunikation vor Ort auf der Baustelle, mit Brett-Hinhalten-und-Abschneiden oder Auf-dem-Fussboden-Zeichnen. Interessant dabei ist: Albert Büchele war bis heute überhaupt noch nie in meinem Architekturbüro, ich glaube, er wollte das Projekt von Anfang an in seinem ureigensten Ambiente entwickeln, er hat diesen elterlichen Hof während der Bauzeit nicht nur neu definiert, sondern auch seine eigene Person, und zwar als Handwerker, Organisator, und Auftraggeber. (Text: Philip Lutz)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at