Bauwerk

Haus Gunhold
Dietger Wissounig Architekten - Klagenfurt (A) - 2008
Haus Gunhold, Foto: Paul Ott
Haus Gunhold, Foto: Paul Ott

Lebensraum mit Auwaldblick

Ein unprätentiöses Familiendomizil, in dem die Natur als Teil des Wohnerlebnisses präsent ist, gewann vor kurzem den Holzbaupreis Kärnten 2009. Der naheliegende Wald war mit gestaltgebend.

7. November 2009 - Sabine Lintschinger
An der südöstlichen Gemeindegrenze von Klagenfurt wurde Familie G. auf der Suche nach einem Grundstück mit unverbaubarem Blick fündig. In der Nähe des Bauplatzes mündet die Glanfurt, der einzige Abfluss des Wörthersees, in die Glan. Das Ufer ist von einer Aulandschaft, die als Ausblick schwer zu überbieten ist, gesäumt. Es lag für die Bauherren wie für den Planer nichts näher, als den Baustoff Holz zu verwenden. „Der Auwald hat gestaltgebende Qualität“, erklärt Architekt Dietger Wissounig. Im Mittelpunkt seiner Überlegungen stand der Alltag der schwerstbehinderten zehnjährigen Toch-ter, und gleichzeitig die Lebensqualität der vierköpfigen Familie. Rollstuhltauglichkeit im und rund um das Haus war eines der Kriterien: Vom Carport, der mit dem Haupthaus verbunden ist, gelangt man über einen Steg zum verschlossen wirkenden Zugangsbereich an der Nordseite des Gebäudes. Im Empfangsbereich wurde Platz für einen Hausgarten, der durch eine Öffnung in der Decke mit Tageslicht und Regenwasser versorgt wird, geschaffen. Ein zweiter Eingang an der Nordseite führt in eine Einliegerwohnung, die derzeit als Gästeunterkunft und für Therapiezwecke genutzt wird und bei Bedarf vermietet werden könnte.

„Aus meiner beruflichen Tätigkeit weiß ich, dass oft nur eine einzige Treppe die gesamte Familie einer in der Mobilität eingeschränkten Person zur Verzweiflung bringt,“ erzählt der Bauherr. Die Übergänge auf die Terrassen, die Umfahrbarkeit des Hauses mit Rollstuhl sowie Details in Bad und WC zählen zu den Maßnahmen der Barrierefreiheit im Haus, die genauso unaufdringlich wie selbstverständlich in das Raumgefüge integriert wurden. Da sich das Mädchen viel auf dem Boden aufhält, war auch eine Fußbodenheizung logische Konsequenz in der Planung des Architekten, der bereits mit dem Bau von Pflege- und Altenheimen auf sich aufmerksam machte.

Im Zentrum des Gebäudes befindet sich ein großzügig angelegter Essbereich, der vom Architekten als „Sammel- und Verteilungsraum“ angedacht wurde. Gerade wenn Gäste im Haus sind, lassen sich von hier aus die reibungsfreien Bewegungsströme der Bewohner gut beobachten. Nach dem Prinzip des offenen Wohnens wandert der Blick durch das fließende Raumkontinuum, das Funktionen wie Kochen, Essen, Wohnen zuordnet und durch Sichtbeziehungen an den richtigen Stellen Offenheit und Überblick über das Geschehen verschafft. Durch die Einschnitte im baulichen Ensemble, die als Außenraum genutzt werden, fällt das Tageslicht regelrecht verschwenderisch in die Räume. Sogar der begehbare Schrank wird mittels Oberlichte mit natürlichem Licht versorgt.

Einer der gemeinsamen Lieblingsplätze ist die südseitige Terrasse, die als Erweiterung des Wohn- und Essraumes dient und selbst bei Regenwetter genutzt werden kann. Ein eigenes Sauna- häuschen und ein Schwimmteich davor steigern den Wohlfühlfaktor des behaglichen Zuhauses. Auf Sichtschutz vor der raumhohen Verglasung wurde konsequent verzichtet, da die Bewohner weder den Blick in die Landschaft noch auf den nächtlichen Sternenhimmel missen möchten.

In nur sieben Monaten Bauzeit wurde das preisgekrönte Domizil, das via Solaranlage und Erdwärme versorgt wird, errichtet. Ein Jahr nach dem Einziehen hat das Lärchenholz an der Westseite an Patina gewonnen und beginnt witterungsbedingt zu ergrauen. „In den überdachten Einschnitten wird das Holz seinen rötlichen Farbton behalten“, freut sich der Bauherr über das Nebeneinander unterschiedlicher Entwicklung.

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