Bauwerk

Wohn- und Bürohaus Neutorgasse
RATAPLAN, SOLID architecture - Wien (A) - 2010
Wohn- und Bürohaus Neutorgasse, Foto: Anna Stöcher
Wohn- und Bürohaus Neutorgasse, Foto: Anna Stöcher
3. Dezember 2010 - Az W
Das Gebäude befindet sich im „Textilviertel“ der Wiener Innenstadt. Im Unterschied zu mittelalterlichen Straßen und Plätzen der Innenstadt prägt hier das strenge gründerzeitliche Raster das Straßenbild. Die Architekten RATAPLAN haben mit ihrem Wettbewerbsbeitrag die strenge gründerzeitliche Struktur der Straße aufgebrochen, indem sie von der Baulinie abrückten und einen Vorplatz planten. 20% der Grundstücksfläche müssen als Freifläche ausgewiesen werden. Wo sich diese befinden, bleibt der Planung der Architekten überlassen. Im konkreten Fall wurde die Innenhoffläche zu Gunsten des Vorplatzes verkleinert. Diese „Abweichung von Vorschriften des Bebauungsplans“ ist laut §69 möglich.

Auf dem Bauplatz des Wohn- und Geschäftshauses standen ursprünglich drei Gründerzeithäuser, eines musste auf Grund der Substanz erhalten werden. Die Maßstäblichkeit der drei Grundstücke sollte nach Ansicht der Architekten auch nach deren Zusammenlegung erhalten bleiben, denn ein Gebäude, das sich, im Gründerzeitraster horizontal liegend, über die drei Grundstücke erstreckt, würde wie ein Fremdkörper den Rhythmus der Straße stören. Die Neuinterpretation der Dreiteilung besteht aus Neubau, Vorplatz und Altbau, wobei sich der Neubau mit einer gekrümmten Fassade hinter den Bestand schwingt und so den Vorplatz bildet.

Die gekrümmte Fassade bietet gleich mehrere Vorteile: Sie verschafft dem Gebäude eine Großzügigkeit, da sie Ausblicke in den Straßenraum ermöglicht, die eine geradlinige Fassade nicht bietet. Verschiebbare und faltbare Paneele schwingen sich wie ein Vorhang über die Fassade des Neubaus. Die Paneele können individuell bedient werden und zur Gänze auf- bzw. zugefaltet werden wodurch im Tagesverlauf ein Wechselspiel zwischen dem metallenen Sonnenschutz (Edelstahlfaltrahmen mit polyspektral beschichtetem Streckmetall) und der farbigen Hauptfassade (emailliertes Glas) entsteht.

Hinsichtlich der Funktionen Wohnen, Büro und Geschäft entschieden sich die Architekten für eine horizontale Schichtung im Gebäude. Es wäre auch denkbar gewesen, alle Wohnungen im Altbau und die Büro- und Geschäftsflächen im angrenzenden Neubau unterzubringen. Für die horizontale Schichtung spricht die bessere Belichtung der Wohnflächen in den oberen Etagen auf ca. 4.800 m². Jede der 34 Wohnungen verfügt auch über eine Freifläche – Loggia oder Terrasse.

In den drei darunter liegenden Stockwerken wurden die Büroflächen flexibel gehalten, um sowohl Großraumbüros als auch Zellenbüros zu ermöglichen. Die Übergänge von Bestand zu Neubau produzieren Niveausprünge, die durchaus positive Effekte haben, z.B. indem sie das Großraumbüro, welches sich über eine komplette Etage erstreckt, subtil gliedern.

BENE SCHAURAUM
Im Erdgeschoss zeichnen SOLID architecture für die Gestaltung des ca. 1.000 m² großen Schauraums des Büromöbelherstellers Bene verantwortlich. Eine zentral gelegene interne Stiege bildet das Kernstück der Planung und verbindet den Schauraum im Erdgeschoss mit der Galerie und den Büroräumen im ersten Obergeschoss, wo potenziellen Kunden Büromöbel im Gebrauch vorgeführt werden.

Die Wände des Stiegenhauses wurden – wie auch die gesamte Rückwand des Schauraums – mit stoffbespannten Paneelen verkleidet, wobei die Paneele in jenem Bereich, der auch für Veranstaltungen genutzt wird, mit einer zusätzlichen, den Schall dämpfenden Akustikeinlage hinterlegt wurden. Grundfarbton ist ein dunkles, warmes Braun, das mit hellgrauen und weißen Paneelen kombiniert wird. Der Empfang, die Bar und die Präsentationspodeste sind in Weiß gehalten.

Bei der Wahl der Materialien für Boden und Wände wurde darauf geachtet, dass diese Flächen als Hintergrund für Möbel mit vielen unterschiedlichen Oberflächen und Farben harmonieren. Für die Gestaltung des Schauraums kamen deshalb keine monochromen Oberflächen in Frage. Statt dessen wählte SOLID architecture Materialien, die sich aus mehreren Farben zusammensetzen und gleichzeitig eine hohe haptische Qualität aufweisen. So besitzt der großflächige, helle Terrazzo eine weiße, graue und braune Natursteinkörnung. Auch die dunkelbraune Stoffbespannung der Paneele folgt diesem Konzept. Sie besteht aus einem Gewebe aus braunen und schwarzen Fäden – Lösungen mit Liebe zum Detail. (Text : Martina Frühwirth / Text Bene Schauraum: Architekten, redaktionell überarbeitet)

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

Akteure

Architektur

Bauherrschaft
Sparkassen Immobilien AG

Tragwerksplanung

Fotografie