Bauwerk

Sohm Holzbau - Büro und Halle
Hermann Kaufmann - Alberschwende (A) - 2009

Sohm Holzbautechnik Büro und Lagerhalle

Staatspreis Architektur 2010

16. Dezember 2010 - newroom
Der zeitgenössische Holzbau ist ein High-Tech- Produkt. Er hat sich aus der Tradition der klassischen Zimmerei entwickelt und teilt mit ihr die Präzision in der Verarbeitung und die Liebe zum Material. Die Firma Sohm in Alberschwende stellt unter anderem Decken- und Wandelemente aus Massivholz her, die ohne Leim- oder Stahlverbindungen auskommen: Diagonal eingepresste Dübel sorgen für den kraftschlüssigen Verbund. Diese Idee klingt einfach, erfordert aber eine präzise Verarbeitung und ein profundes Wissen über das Schwind- und Quellverhalten des Holzes unter den jeweiligen Einbaubedingungen. Schon bisher verfügte die Firma Sohm über eine in der besten Tradition des Ingenieurholzbaus errichtete und mehrfach erweiterte Halle. Als sich auf einem neu zugekauften Grundstück eine Ausbaumöglichkeit bot, war klar, dass es nicht nur um eine Mehrzweckhalle mit angegliedertem Büro- und Präsentationstrakt gehen sollte, sondern auch um ein Signal, um das Image der Firma nach außen zu tragen. Das Grundstück liegt direkt an der Straße und bietet dafür die besten Voraussetzungen. Hermann Kaufmann gelang das Kunststück, ein Signal zu erfinden, das intensiv, aber nicht aufdringlich ist. Die Halle lebt nicht von der skulpturalen Geste, sondern fast vom Gegenteil, nämlich der Auflösung des Baukörpers in seine konstruktiven Bestandteile. Die Fassade zur Straße hin ist aus schmalen, beinahe lamellenartigen Tragelementen gebildet. Der Raumabschluss wird durch Plexiglasstreifen dazwischen hergestellt. Im Inneren tragen drei mächtige Holzsäulen einen diagonal im Raum geführten Hauptträger, der die Lasten der Deckenelemente aufnimmt. Auch zwischen diesen Elementen bleiben Schlitze offen, durch die die Halle in ihrer Tiefe Licht bekommt. Besser hätte die Firma ihre Produkte nicht präsentieren können: Das Gebäude tritt in den Hintergrund und verzichtet auf eine klar umrissene Figur, um die Elemente, aus denen es zusammengesetzt ist, umso deutlicher sichtbar zu machen. Direkt an den Hallenraum angeschlossen und teilweise auch über ihn belichtet, liegt der Bürotrakt, der im Erdgeschoß einen großen Verkaufs- und Präsentationsraum enthält und im Obergeschoß die Arbeitsplätze für die Planung und Verwaltung.

Verbunden sind die beiden Ebenen durch eine offene, gewendelte Treppe, die von oben Licht erhält. Die Atmosphäre in diesen Räumen ist vom Holz geprägt, aber auch von einer Großzügigkeit und Übersichtlichkeit, die das Unternehmen als eines ausweist, dem die Kommunikation unter den Mitarbeiter/innen zentrales Anliegen ist. In diesen Räumen nimmt man Kollegen und Kolleginnen aus den anderen Abteilungen wahr, und die Holzoberflächen schaffen ein gesundes Klima, in dem man sich gerne aufhält. Mechanische Be- und Entlüftung und minimaler Energieverbrauch sind bei einer Firma selbstverständlich, die ihre Produkte nicht zuletzt damit bewirbt, dass ihre Produktionstechnik weniger Energie verbraucht als Stahl- oder Leimverbindungen. Im Kontext der Architektur ist dem Unternehmen dafür zu danken, dass es dem Planer auch bei einer scheinbar pragmatischen Aufgabe großen Gestaltungsspielraum gelassen hat: In seiner starken Präsenz ohne starke Form ist dieses Projekt richtungsweisend.

Jurybegründung

Der Zubau der Firma Sohm überzeugt durch die Summe seiner Qualitäten: starke Präsenz, ökologisch durchdacht, entspannt in der Atmosphäre. Angesichts der „banalen“ Aufgabe eine architektonische Meisterleistung. Man würde sich von manchem so genannten „Kulturbau“ in österreichischen Gemeinden ein ähnlich hohes Niveau wünschen. (Text: Staatspreis Architektur 2010 / Christian Kühn)

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