Bauwerk

PV Bahnsteigdächer Matzleinsdorferplatz
Georg W. Reinberg - Wien (A) - 2022
PV Bahnsteigdächer Matzleinsdorferplatz, Foto: Rupert Steiner
PV Bahnsteigdächer Matzleinsdorferplatz, Foto: Rupert Steiner
PV Bahnsteigdächer Matzleinsdorferplatz, Foto: Rupert Steiner
PV Bahnsteigdächer Matzleinsdorferplatz, Foto: Rupert Steiner
19. September 2022 - newroom
Entsprechend den österreichischen Klimazielen und Strategien steigt der Flächenbedarf für Photovoltaik (PV) stark an und verlangt nach der Untersuchung aller Möglichkeiten für ihren Einsatz – insbesondere an Orten, an denen der durch gebäudeintegrierte PV gewonnene Strom auch gleich direkt verbraucht werden kann.
Fast ideal erscheinen Bahnsteigdächer, bei denen die PV auch die Funktionen von Regen- und Sonnenschutz übernimmt. Allerdings ergeben sich an den Standorten mitunter größere Herausforderungen durch Fahrtwind, den Abrieb von Oberleitungen und Bremsen und auch aus den besonderen Sicherheitsanforderungen wie etwa den Schutz gegen Stromschlag u.v.m.

Innerhalb des Kompetenzerweiterungsprojekts „smart(D)ER“, 2016-2020 (gefördert durch die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft, FFG) wurden Vorarbeiten gestartet und darauf aufbauend unterschiedliche Varianten untersucht: aufgeständert, integriert als Dachhaut, als Dach selbst und in unterschiedlichen Sub-Varianten.
Unter Einbeziehung von PV-Produzenten, ÖBB Immobilienmanagement und AIT Austrian Institute of Technology GmbH (DI. Mayr) sowie Nutzung von verschiedenen Forschungsergebnissen wurden die gefundenen Lösungen für unterschiedliche Bahnsteigsituationen untersucht und schließlich zwei Musterbeispiele an den Haltestellen Matzleinsdorfer Platz und Sierndorf realisiert.
Zudem arbeitete das Architekturbüro Reinberg gemeinsam mit ÖBB Immo ein Regelwerk für Mittelbahnsteige und Randbahnsteige aus.

Der Regionalhalt Matzleinsdorfer Platz dient als Teststand für den weiteren Einsatz von PV-Bahnsteigdächern. Hier keine eine sehr hohe Zahl von Menschen vom Einsatz dieser Technologie Kenntnis nehmen, da die Solarzellen sowohl vom Bahnsteig aus als auch aus rollenden Zügen heraus wie auch sogar von der Straße her gut wahrnehmbar sind.
Es wurden zwei unterschiedliche Dachvarianten ausgeführt: Über dem schmaleren Bahnsteig bilden die PV-Paneele zwei auskragende Flügeldächer. Über dem breiteren Bahnsteig wurde in Kooperation mit Feuchtenhofer Architekten, denen die Gesamtplanung des Bahnhofs oblag, innerhalb konventioneller Dächer mittig ein durchgehendes PV-Oberlichtband eingefügt, sodass möglichst viel Tageslicht in der Bahnsteigmitte ankommt. Die Belegung der Glaspaneele mit PV-Zellen und deren Abstände wurde von den Architekten in Abstimmung mit dem Produzenten und dem Auftraggeber definiert. Im Bereich des Treppenaufgangs nimmt die Zellendichte ab, der Helligkeitsunterschied gerät zum Leitsystem.

Da die Dächer nur wenig geneigt sind, war es wichtig, dass die PV-Elemente aus jeweils nur einem Paneel bestehen und frei von horizontalen Teilungen sind. Die Paneele haben insgesamt eine Leistung von 58,7KWp (45.000-50.000 kWh/a).

Die PV-Dächer sind Bestandteil des Energiekonzepts der ÖBB und in das Energie-Management-System eingebunden, genauer: an die 50Hz-Niederspannungsverteilanlage direkt unter der Bahnsteiganlage.
Der Solarstrom wird vor Ort verbraucht, besteht doch hoher Bedarf, der sich an diesem stark frequentierten Bahnhof aus dem Betriebe Stellwerkanlagen, Beleuchtung, Aufzügen und den Zügen selbst ergibt.

Für die zweiflügeligen PV-Dächer wurden bifaziale, monokristalline PV-Module verwendet. Sie bestehen aus 46 Paneelen von 3,18 x 1,16 m und zwei Paneelen von 2,66 x 1,16 m. Das kompliziertere Oberlicht setzt sich zusammen aus 95 Paneelen mit 2,4 x 1,06 und 19 Paneelen mit 2,4 x 0,07-1,062 m.
Als Wechselrichter kam ein System mit Leistungsoptimierern zum Einsatz. Sämtlichen Paneelen ist ein Optimizer zugeordnet.

Die dreifachen Glaselemente sind auf Klemmleisten aufgesetzt und demontabel. Auch die Stahlträger und die Blechschwerter, auf denen die Klemmleisten sitzen, lassen sich als verschraubte Konstruktionen einfach zerlegen und wiederverwerten.
Der spezielle Silikonverbund des Paneel-Herstellers erlaubt die mechanische Trennung der Einzelglasscheiben, die sich in den Materialkreislauf zurückführen lassen. Theoretisch lassen sich auch das Kupfer und das Silizium der Zellen trennen und verwerten.

Da die Glaspaneele zugleich die Tragkonstruktion, die wasserdichte Oberfläche und auch die Untersicht bilden, lässt sich mit ihnen gegenüber konventionellen Bahnsteigdächern sehr viel Material einsparen. Ihre Semitransparenz reduziert den Bedarf an künstlicher Beleuchtung am Bahnsteig. Es wurde ein blendungsarmes Glas verwendet.
Mit Ausnahme der PV-Zellen stammen alle Bestandteile der Paneele aus europäischer Produktion.
Die Errichtung war mit geringeren Kosten im Vergleich zu Standard-Bahnsteigdächern möglich. Für den Einsatz von PV spricht zudem die Möglichkeit, über Jahre hinweg Energie zu gewinnen – mit einem standardisierten System lässt sich ein enormes Flächenpotenzial auf wirtschaftliche Weise erschließen. (Autor: Achim Geissinger, nach einem Text der Architekten)

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