Zeitschrift

steeldoc 03+04/12
Stahl und Holz - Die neue Leichtigkeit
steeldoc 03+04/12
zur Zeitschrift: Steeldoc
Herausgeber:in: Stahlbau Zentrum Schweiz

Holz und Stahl im heiteren Dialog

Rheinfall Besucherzentrum, Schloss Laufen

Die Fassade des neuen Besucherzentrums Schloss Laufen erinnert ein wenig an eine Ritterrüstung. Doch die stählerne Hülle ist lichtdurchlässig und filigran perforiert. Ihre bewitterte Oberfläche trotzt den Naturgewalten und lässt sich mit ihnen auf einen Dialog ein. Im Innern trägt traditionsgemäss ein Holzfachwerk. So begegnen sich die beiden Materialien auf neue Weise.

31. Dezember 2012 - Virgina Rabitsch
Die Schlossanlage auf dem Felssporn des Rheinknies als historische Zeugin, die Kirche mit Pfarrhaus als geistige Stätte und das Besucherzentrum als Profanbau für die touristische Nutzung bilden zusammen die baulichen Elemente des Weilers Laufen am Rheinfall. Das dem Schloss vorgelagerte Besucherzentrum verrät in keiner Weise mehr das ehemalige Personalhaus, das sich hinter dem einfachen, langgestreckten Baukörper verbirgt. Zusätzlich zur südlichen Erweiterung erhielt das bestehende Gebäude eine allseitig umlaufende äussere Hülle aus wetterfestem, archaisch anmutendem Stahl, die dem Bau ein einheitliches Aussehen verleiht. Die Vordächer illustrieren in ihrer Form noch die ursprüngliche Idee von aufklappbaren Fassadenfronten.

Den touristischen Bedürfnissen angepasst

Die Raumanordnung folgt der Regel eines typischen Besuchsablaufs. An vorderster Stelle bei der Ankunft, im Neubauteil, befinden sich die gedeckten Kassen und Infoschalter sowie der Geldautomat. Unmittelbar danach und räumlich mit den Kassen eine Einheit bildend folgt der grosszügige und von drei Seiten mit Licht durchflutete Souvenirshop. Im darüber liegenden Obergeschoss bilden wandhohe Fachwerkträger einen geschlossenen Dachraum, in dem sich ein geräumiger Mehrzwecksaal befindet, der sich dank eigenem Zugang autark betreiben lässt. Im hinteren Teil des Erdgeschosses, im eigentlichen Altbau, ist das Selbstbedienungsrestaurant untergebracht. Im Südwesten, dem Gebäude vorgelagert, entstand eine grosszügige Terrasse, die eigentlicher Gastraum ist und freie Sicht auf die Schlossanlage gewährt. Mit der Konzentration der Lager- und Technikflächen im erweiterten Gebäudesockel, der gleichzeitig die Terrasse bildet, konnte die Dienstebene von der Publikumsebene entkoppelt werden.

Stahl für Schutz und Patina

«Die funktional sehr unterschiedlichen Anforderungen an die Zugänge und Öffnungen im Erdgeschoss, die verschiedenen Ein- und Ausblicke im Obergeschoss sowie die Intensitätsunterschiede der Nutzung in der unmittelbaren Umgebung können am besten ästhetisch befriedigend eingelöst werden, wenn die Fassade auf ein einziges Material reduziert wird», so die Begründung der Architekten für die gewählte Aussenhülle. Dieses Material musste für die Ein- und Aussichten lichtdurchlässig und gegen intensiven Gebrauch robust sein. Zudem sollte es eine naturnahe Patina entwickeln. Diese Anforderungen konnten mit wetterfestem Stahlblech in vorzüglicher Weise erfüllt werden. Die spielerisch unregelmässige Perforierung der Aussenhaut vergleichen die Architekten mit Stickereitüchern.

Das Muster, das aus einem komplexen Entwurfsprozess hervorging, wurde mit Lasertechnik in die Bleche geschnitten, jedes Blech ist ein Unikat.

Neue Rollenverteilung

Werden Stahl und Holz kombiniert, übernimmt der Stahl in den meisten Fällen die tragende Funktion und Holz eine verkleidende oder ausfachende. Im Fall des Besucherzentrums jedoch besteht das Tragwerk aus einer Kombination von Massiv- und Holzständerbau, während der wetterfeste Stahl die äussere, vorgehängte Hülle bildet.

Das heisst, die Architekten haben hier die übliche Rollenverteilung unter den Materialien umgekehrt, mit faszinierendem Resultat.

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Für den Beitrag verantwortlich: Steeldoc

Ansprechpartner:in für diese Seite: Evelyn C. Frischinfo[at]szs.ch

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